CRN: Virtualisieren Kunden Ihrer Erfahrung nach Netzwerkfunktionen vor allem um Kosten zu sparen oder sind eher andere Gründe ausschlaggebend für diese Entscheidung?
Jokiaho: Mit NFV haben Communication Service Provider die Möglichkeit, eine skalierbare Cloud-Infrastruktur mit Standard-Hardware aufzubauen und Netzwerkfunktionen als virtuelle Maschinen zu implementieren. Durch die Entkopplung von Hardware und Software können sie Geld sparen, indem sie kosteneffiziente High-Volume- statt proprietäre Server einsetzen. Die Virtualisierung dieser Funktionen auf der Grundlage von Cloud-Technologien wie OpenStack ermöglicht es Telekommunikationsunternehmen, neue Services schneller auf den Markt zu bringen, ihre Agilität zu erhöhen und das Innovationsrisiko zu verringern. Es hilft ihnen außerdem dabei, Services nach Bedarf – automatisch – ressourcenübergreifend zu skalieren und besser auf Schwankungen in der Netzwerkauslastung zu reagieren.
Der Kostendruck ist in der Tat ein wichtiger Faktor; die Fähigkeit zur schnelleren Innovation unterstützt Betreiber darüber hinaus dabei, Kunden zu binden und neue Einnahmequellen zu erschließen.
CRN: Hat NFV das Potenzial, das Netzwerk komplett zu verändern?
Jokiaho: Ja, das ist in vielerlei Hinsicht richtig. Eines der größten Potenziale ist Virtualisierung von Netzwerkfunktionen und im weiteren Sinne die Softwareisierung und Cloudifizierung von Netzwerken, mit denen Netzbetreiber maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz nutzen können, um das Netzwerkmanagement zu automatisieren. Services lassen sich so dynamisch und ohne manuellen Eingriff skalieren – ein entscheidender Schritt für die Art, wie Netzwerke betrieben werden. Dies wird im Zusammenspiel mit den 5G-Fähigkeiten funktionieren, sodass es bei der nächsten Netzwerkgeneration nicht nur um Funkzellen und eine höhere Geschwindigkeit geht, sondern auch um den Aufbau eines ganzen Frameworks für verteilte Cloud-basierte Architekturen.
Von dieser tiefgreifenden Veränderung hängt die Zukunft der Netzbetreiber ab. Die Telekommunikationsbranche ist der Kern der digitalen Gesellschaft und sie hat somit das Potenzial, eine wichtige Rolle in der digitalen Wertschöpfungskette zu spielen. Doch die gleiche Technologie, die über so viel Potenzial für sozialen und industriellen Fortschritt verfügt, führt auch zu einer enormen Markt-Disruption. Telekommunikationsunternehmen agieren heute in einer dynamischen, unsicheren Welt mit einer ständig sich ändernden Wettbewerbslandschaft.
NFV wird nicht nur das Netzwerk ändern. Ein solch tiefgreifender Wandel auf technologischer Ebene hat erhebliche Auswirkungen auf die Art, wie Telekommunikationsunternehmen geführt werden. Sie müssen auch die internen Prozesse und die Kultur überdenken: beispielsweise durch Konzepte wie DevOps, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Netzwerk- und IT-Bereichen des Unternehmens, bei der Beschaffung in einer Software-basierten Welt, interne Schulung und Weiterbildung und dem Aufbau einer dynamischen, offenere Kultur, die Veränderungen fördert und Innovationen ermöglicht. Unternehmen, die diese Notwendigkeit erkennen und ihre Organisation im Einklang mit der Technologie weiterentwickeln, werden am besten in der Lage sein, ihre Wertschöpfung mit NFV zu steigern.