Der Kartellstreit zwischen Microsoft und der EU ist auch mit der aktuellen Rekordbuße nicht beendet

EU gegen Microsoft: Worum geht es, und was ist der Stand der Dinge?

29. Februar 2008, 9:51 Uhr |

Der jüngste EU-Bußgeldbescheid über 899 Millionen Euro gegen Microsoft ist nur eine weitere Schlacht zwischen der Kartell-Kommission und dem Software-Giganten. Doch selbst wenn Microsoft das bezahlen sollte, ist damit der Dauerstreit noch nicht abgeschlossen. Selbst Experten durchschauen immer weniger, um was es bei dem Streit geht, und was gegenwärtig der Stand der Angelegenheit ist. Im Folgenden haben wir versucht, die Mosaiksteine zusammenzusetzen.

Die jüngste
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/themen/it-services/article.html?thes=&art=/articles/2008010/31429420_ha_CZ.html">Anordnung
einer Strafzahlung über 899 Millionen Euro gegen Microsoft geht zurück auf das Jahr 1998. Nach
Beschwerden von Oracle, Sun, Nokia, und IBM begann die EU-Kommission mit Ermittlungen gegen
Microsoft. Der Vorwurf lautete, dass Microsoft seine Quasi-Monopolstellung missbraucht hätte, um
einen fairen Wettbewerb zu verhindern. "Wenn wir mehr Informationen darüber hätten, wie Windows
funktioniert, könnten wir auch besser damit konkurrieren", hieß es in der Beschwerde der
Konkurrenten. Damit verbunden waren die beiden konkreten Vorwürfe, dass Microsoft in unzulässiger
Weise den Media-Player mit dem Betriebssystem bündelt und dass es den Windows-Server nicht für das
Zusammenwirken mit anderen Programmen öffnet.

Microsoft argumentierte dagegen, dass es seine Programme schützen müsse. "Die Tatsache, dass wir
größer und erfolgreicher sind als Andere, bedeutet nicht, dass wir unsere Betriebsgeheimnisse und
Erfindungen mit der Konkurrenz austauschen müssen", hieß es aus Redmond.

Doch die EU sah das anders und verhängte wegen Monopolmissbrauchs im März 2004 ein Strafgeld in
Höhe von 497 Millionen Euro. Außerdem wurden Microsoft verschiedene Auflagen erteilt. Hierzu
gehörte die Auslieferung eines Desktop-Windows ohne Media-Player sowie eine detaillierte
Dokumentation über die Schnittstellen des Windows Servers. Microsoft bestritt jedoch einen
Kartellverstoß und klagte vor dem Europäischen Gerichtshof.

Parallel dazu forderte die EU-Kommission weiterhin die Freigabe der Dokumentation und setze ein
Verzugsgeld von zunächst zwei, später drei Millionen Euro pro Tag fest. Zwar hatte Microsoft
inzwischen seine Serverdokumentation zur Nutzung durch andere Anbieter geöffnet – allerdings nur
gegen Zahlung von sehr hohen Lizenzgebühren. Die EU kritisierte diese Lizenzpolitik und monierte
vor allem, dass Microsoft die Lizenzgebühren als Prozentsatz vom Umsatz des Lizenznehmers
festgesetzt hatte, was teilweise zu extrem hohen Gebühren führte. Im September 2007 verlor
Microsoft den Prozess gegen die ursprüngliche Kartellentscheidung und erst danach setzte Microsoft
die Lizenzgebühren für die Serverdokumentation auf einen Betrag von 10.000 Euro fest.

Damit gab sich die Kommission zufrieden und die Uhr für die Tagesstrafe wurde gestoppt. Zum
damaligen Zeitpunkt betrug die kumulative Strafe 1,5 Milliarden Euro, und das jetzt verhängte
Bußgeld beträgt 60 Prozent von diesen 1,5 Milliarden. Warum die Kommission einen Anteil von 60
Prozent gewählt hat ist nicht bekannt. Kommissarin Neelie Kroes meint, das "60 Prozent ein
angemessener Anteil seien".

Microsoft hält dieses Bußgeld für unberechtigt, weil man alle Auflagen aus dem Kartellspruch aus
dem Jahr 2004 unmittelbar erfüllt habe. Hierzu verweist das Unternehmen auf ein Statement der EU
vom Oktober 2007, in dem die Kommission bestätigt, dass alle Auflagen erfüllt sind. Doch während
Microsoft dieses Statement so interpretiert, dass "seit 2004 alle Auflagen erfüllt sind", bezieht
sich das besagte Schreiben nur auf den Zeitraum "ab Oktober 2007". Und deshalb hat die EU jetzt
Microsoft für das Nichterfüllen der Auflagen für die Zeit von 2004 bis 2007 abgestraft.

Aber auch wenn Microsoft jetzt einen Scheck über 899 Millionen Euro nach Brüssel schickt, ist
der Streit zwischen den beiden Kampfhähnen noch lange nicht erledigt. Im vergangenen Monat meldete
die Kommission, dass man zwei neue Ermittlungen eingeleitet habe. Das eine Verfahren richtet sich
gegen das Bundling des Internet Explorers mit Windows. Hier wurde die Kommission auf Druck des
norwegischen Browserherstellers Opera aktiv.

Im zweiten Verfahren geht es um die Interoperabilität mit Windows und Office. Hier reagiert
Brüssel auf Antrag von IBM, Nokia, Oracle, Real-Networks und Redhat, die für ihre gemeinsamen
Anstrengungen gegen Microsoft eigens das "European Committee for Interoperable Systems" gegründet
haben.

Um sich besser gegen diese Vorwürfe zu rüsten, hat Microsoft vorige Woche
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/article.html?thes=8006&art=/articles/2008009/31423414_ha_CZ.html">eine Öffnung
seiner Systeme und die Freigabe von zusätzlichen Programmschnittstellen (APIs) sowie weiterer
Dokumentation angekündigt.

Harald Weiss/CZ/pk


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