Gartner warnt die Open-Source-Entwickler vor einem zu leichtgläubigen Umgang mit Microsofts jüngster Offenheitserklärung. Microsoft hatte vergangene Woche versprochen, über 30.000 Seiten an Windows-Dokumentation und Client-Server-Protokollen
zu veröffentlichen. Außerdem versprach Microsoft-Chef Steve Ballmer, "dass man keinen Openource-Entwickler verklagen wird, der mit der Microsoft-Dokumentation und den Protokollen arbeitet, sofern seine Lösungen nicht-kommerziell vertrieben werden".
Generell begrüßen die Analysten von Gartner die Öffnungsinitiative von Microsoft, doch sie sind der Ansicht, dass noch erheblicher Klärungsbedarf darüber besteht, wie die neu veröffentlichten Dokumente genutzt werden können. Bis dahin empfehlen sie vor allem den Opensource-Entwicklern äußerst vorsichtig im Umgang mit den Dokumenten zu sein.
"Benutze keine Microsoft-Dokumente, solange du keine strikte Trennung der Entwicklungsprozesse und -Projekte hast. Gegebenenfalls auftretende Nutzungsfragen müssen später eindeutig zugeordnet werden können", lautet der dringende Rat der Gartner-Analysten an die Entwickler. So sei das Versprechen von Steve Ballmer keinesfalls ein Blankoscheck zum wahlfreien Mixen von Microsoft-Technologien mit eigenen oder Drittprodukten.
Der kritische Punkt in der Microsoft-Zusage für einen Klageverzicht sei laut Gartner die Auflage eines "nicht-kommerziellen" Vertriebs. "Es besteht die Gefahr, dass eine für den nicht-kommerziellen Vertrieb entwickelte Opensource-Lösung ohne Wissen und zutun des Entwicklers in einem normalen kommerziellen Kanal endet", sagt Gartner-Analyst George Weiss.
Um als Entwickler in so einem Fall nicht belangt werden zu können sei es erforderlich, die gesamte Projektdokumentation peinlich genau zu führen und dafür zu sorgen, dass sie beweissicher archiviert wird. "Jede Email, jede Zusage, jede Absichtserklärung kann später vor Gericht bei einer Klage von Microsoft äußerst wichtig sein", bestätigt Gartner-Analyst Nikos Drakos.
Harald Weiss/CZ/pk