Kommentar zur modernen Lagerhaltung

Gefahr durch Just-in-Time-Kultur

29. November 2021, 12:30 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Alternativen

Alternativen zum in vielen Branchen dominierenden Zuliefergeschäft mit Fernost lassen sich, so Reinwald weiter. nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Wie die Chipindustrie zeigt, habe es Folgen, wenn man in kompletten Teilbereichen der Industriekomponenten das Knowhow fast vollständig aus den Händen gibt. Alternative Zulieferer brauchen Zeit, um Produktionskapazitäten aufzubauen. Selbst wenn es global Alternativen gibt, müssen diese erst einmal qualifiziert werden. Eine vertrauensvolle Geschäftsverbindung wächst über die Zeit. Also machen wir uns keine Illusion, so Reinwald: Das aktuelle Debakel im Bereich der Lieferketten wird uns auch noch in den nächsten Monaten, wenn nicht Jahren, begleiten.

Und so führe nichts daran vorbei: Nachhaltige Planung zur Aufrechterhaltung der Produktionen wird laut Reinwald künftig mit dem Aufbau von Lagerkapazitäten verknüpft sein. Just-in-Time-Bestellungen bei Überseelieferketten sind in der aktuellen, fragilen weltwirtschaftlichen Gesamtsituation mittelfristig erstmal keine Alternative mehr. Man sehe dies bei Reichelt bereits in den Bestellmengen der Unternehmenskunden. Diese haben sich in den letzten Monaten gerade im Bereich der Komponenten signifikant nach oben bewegt.

Auf lange Sicht konfrontiere uns die jetzige Situation und die daraus entstehenden Probleme auch mit einer Grundsatzfrage: Was sind wir bereit, für Elektronik zu zahlen? Denn eines sei sicher: Investitionen in Lager und steigende Energiepreise werden sich früher oder später auf die Preisgestaltung auswirken. Ob es dauerhaft dabei bleiben kann, dass Elektronik immer billiger und gleichzeitig immer besser wird, sollte kritisch hinterfragt werden. Vielleicht müssen wir uns daran gewöhnen, dass Elektronikprodukte nicht mehr unbegrenzt und von heute auf morgen verfügbar sind – mit maximaler Preistransparenz dank Preisvergleichen im Internet und versandkostenfrei geliefert.

In anderen Produktsegmenten, die technisch nicht von derart kurzen, komplexen Produktlebenszyklen geprägt sind, wie etwa. in der Möbelindustrie, akzeptieren wir lange Lieferzeiten. Dort sei es „normal“ sechs bis zwölf Wochen auf ein Sofa oder einen einfachen Schrank zu warten. Auch für die Preisentwicklung sehe man in anderen Branchen andere Modelle, zum Beispiel wenn man noch einmal auf die Automobilindustrie blickt: Die Autos wurden in den letzten Jahrzehnten immer besser, aber auch immer teurer. Was uns moderne Elektronik wirklich wert ist, wird sich jedenfalls bald zeigen, resümiert Reinwald.


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