In den Industrieländern geht die Zahl der Festanschlüsse drastisch zurück. Drahtgebundene Hausanschlüsse sind laut Jupiter Research nur noch sinnvoll, wenn sie mit UMTS und demnächst mit Wimax konkurrieren können. Dies aber bedeutet das Ende des bestehenden Telefonkabels auch auf der letzten Meile: "Die vor 15 Jahren mit DSL geschaffene trickreiche Ausnutzung der Kupferkabel hat ihren Leistungshöhepunkt erreicht und ist wirtschaftlich nicht weiter ausbaubar", sagt Joe Laszlo, Analyst bei Jupiter Research. Seiner Ansicht nach ist ein neuer Leistungsschub nur noch mit einer komplett neuen Verkabelung der Endanwenderanschlüsse möglich - und das heißt Glasfaser bis ins Wohnzimmer. Und das ist auch die bittere Erkenntnis der meisten TK-Gesellschaften weltweit.
Für die neue Netzform gibt es verschiedene Abkürzungen: FTTH (Fiber to the Home), FTTP (Fiber to the Premises) und FTTB (Fiber to the Building) – oder kurz FTTx (Fiber to the whatever). Hintergrund für die Begriffsvielfalt ist, dass das Glasfaserkabel aus Kostengründen zunächst nur bis in den Keller oder bis ans Grundstück verlegt wird und die Reststrecke bis ins Wohnzimmer nur dann ausgetauscht wird, falls die vorhandene Kupferverbindung die erforderliche Bandbreite nicht hergibt.
Denn das, was über diese Netze in die Haushalte eingespeist wird, ist selbst in den ersten Ausbaustufen schon eine beachtliche Leistung, die bis an 100 MBit/s heranreicht.
So hoch wie die Leistung sind auch die Kosten. Für das derzeit im Aufbau befindliche Netz zum Anschluss von zwölf Städte rechnet die Deutsche Telekom mit 500 Millionen Euro und für die nächste Stufe mit 50 Städten werden laut DT sogar drei Milliarden Euro fällig. Zwölf Millionen Haushalte wären dann versorgt. Das Netz der DT soll in der ersten Stufe 50 MBit/s schnell sein.
In Europa begann die Entwicklung in den Niederlanden: In Vlinderflats bei Eindhoven startete einst das erste europäische FTTH-Projekt. Heute hat der Großraum Eindhoven ein Glasfasernetz mit 15.000 Anschlüssen. Angeboten wird IPTV, Internet und VoIP.
Solche Projekte gibt es heute weltweit. In Paris werden die Glasfaserkabel durch die Abwässerkanäle verlegt, doch trotz dieser erheblichen Einsparung rechnet der französische Provider Iliad mit Kosten von sieben Milliarden Dollar für den landesweiten Aufbau einer solchen Infrastruktur. Konkurrenzanbieter Cité Fibre bietet im 15. Pariser Arrondissement ein Glasfasernetz mit 100 MBit/s. Darin enthalten sind 30 MBit/s für Internet sowie IPTV und VoIP.
Der dänische Provider Dong Energy baut ebenfalls ein Netz von 100 MBit/s auf. Bis 2010 soll es flächendeckend verfügbar sein. Die Kosten sind geschwindigkeits- und mengenabhängig und beginnen bei 50 Euro pro Monat für zwei MBit/s.
Koreas führender Anbieter KT betreibt ein FTTH-Netz auf Versuchsbasis. Angeschlossen sind 20.000 Haushalte, denen KT IPTV, 50-MBit/s-Internet sowie VoIP ermöglicht. In den nächsten drei Jahren sollen jährlich 250 Millionen Euro in den Netzausbau investiert werden.
In Japan begannen die ersten Installationen 1999, blieben aber bis zur Einführung erweiterter Services im Jahr 2001 bedeutungslos. Laut dem japanischen Technologieministerium MITI gab es im März 2006 rund 4,6 Millionen Anschlüsse. Derzeit gehen die DSL-Anschlüsse zugunsten von Glasfaserverbindungen dramatisch zurück.
Hong Kongs TK-Provider PCCW betreibt mit 650.000 Abonnenten das weltweit zweitgrößte FTTH-Netz. Verizon, die führende Telefongesellschaft der USA, verfügt bereits über das größte FTTH-Netz der Welt und baut dieses mit Macht weiter aus. Gegenwärtig bietet es den FiOS-genannten Dienst in rund 100 Regionen in 16 US-Staaten an. Die Zahl der versorgten Haushalte beträgt sechs Millionen, und es gibt bereits 750.000 Abonnenten. Zum FiOS-Angebot gehören derzeit 600 HD-TV-Programme, Video-on-Demand, Internet mit bis zu 50 MBit/s und natürlich ein VoIP-Telefondienst. Bis 2010 sollen weitere 18 Milliarden Dollar in den Netzausbau fließen, was sich zu Gesamtkosten von 23 Milliarden Dollar addiert. Gegenwärtig kostet jeder Anschluss dem Unternehmen 933 Dollar, rund 200 Dollar mehr als ursprünglich kalkuliert. "Es ist das größte Projekt dieser Gesellschaft seit dem Aufbau des Kupfernetzes", sagt Verizon-Chef Ivan Seidenberg. Profitabel soll es frühestens 2009 sein, so die bislang veröffentlichten Zahlen.
Verizons FiOS zeigt auch den Weg zur künftigen Rolle der TK-Gesellschaften, die das schnelle Netz nutzen wollen, um darüber profitablen Content zu liefern. "Die TK-Provider müssen sich vom Infrastrukturanbieter zum Content Provider wandeln", sagt Gartner-Analyst Martin Gutberlet. Doch das wird seiner Ansicht nach nicht ohne Blessuren abgehen. "Die TK-Anbieter haben keine Ahnung von diesem Geschäft, und das Einstellen von ein paar Topmanagern reicht bei weitem nicht aus", so seine Warnung an die TK-Gesellschaften.
Harald Weiss/pk