Internationale Perspektive, Standards und Ausblick
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Internationale Perspektive und Standards
connect professional: Welche Unterschiede sehen Sie in der Regulierung und im Schutz kritischer Unterseekabel zwischen Deutschland, Skandinavien und anderen europäischen Ländern?
Gylesjö: Aus Investorensicht ist der regulatorische Prozess in einigen europäischen Ländern nicht sehr transparent und wirkt oft unvorhersehbar. Neue Anforderungen können noch spät in der Genehmigungsphase eingeführt werden, und es fehlt häufig an klaren Fristen oder Leitlinien, wie lange die einzelnen Verfahrensschritte dauern dürfen. Diese Unsicherheit kann die Kosten erheblich erhöhen und in manchen Fällen sogar die Grundlage der ursprünglichen Investitionsentscheidung verändern. Letztlich führt dies zu einem erheblichen Risiko – etwas, das Investoren naturgemäß möglichst vermeiden möchten.
connect professional: Gibt es auf europäischer Ebene Bestrebungen zu einheitlichen Schutzstandards oder Kooperationsplattformen?
Gylesjö: Auf EU-Ebene gibt es Bestrebungen, im Rahmen der Cybersecurity-Strategie mehr Einheitlichkeit zu schaffen. Bisher sind die Verfahren jedoch stark national geprägt und kaum harmonisiert. Genau hier braucht es Fortschritte: schnellere, vorhersehbare und abgestimmte Genehmigungsprozesse sowie mehr Kooperation zwischen den Staaten und auf regionaler Ebene. Denn nur so lassen sich grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte wie Seekabel effizient, sicher und planbar umsetzen.
Blick nach vorn
connect professional: Welche weiteren Investitionen plant GlobalConnect in den kommenden Jahren im Bereich Subsea-Netze oder Backbones?
Gerhardt: GlobalConnect plant in den kommenden Jahren gezielte Investitionen in weitere Unterseekabelprojekte, um die digitale Infrastruktur Europas weiter auszubauen und abzusichern.
Unsere Hoffnung für die Zukunft der Seekabel: dass ihre Verlegung einfacher und kostengünstiger wird (Genehmigungen und wirtschaftlicher Wettbewerb) und dass wir als Region die Anzahl der Kabel innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre mindestens verdoppeln oder verdreifachen können.
Ein zentrales Vorhaben ist das Projekt „Polar Connect“ – ein interkontinentales Glasfaserprojekt, das Europa mit Asien verbinden soll. Als Projektpartner unterstützt GlobalConnect dieses ambitionierte Vorhaben, bei dem ein neues, hochleistungsfähiges Unterseekabel durch den arktischen Raum verlegt werden soll. Ziel ist es, eine strategisch unabhängige Datenverbindung zwischen den Kontinenten zu schaffen – mit besonders kurzen Latenzzeiten, hoher Kapazität und geringem geopolitischem Risiko. Damit wird ein völlig neuer Datenkorridor erschlossen, der sowohl Europa als auch Asien langfristig digital stärkt.
Darüber hinaus hat GlobalConnect kürzlich angekündigt, ein neues Unterseekabel zwischen Schweden und Finnland zu bauen. Dieses wird die digitale Konnektivität im baltischen Raum absichern und verbessern. Gerade in Anbetracht geopolitischer Spannungen ist diese Verbindung von großer strategischer Bedeutung – sie stärkt die Resilienz und Redundanz des Netzes in der Ostseeregion und sorgt für zusätzliche Stabilität in der internationalen Datenübertragung.
Mit beiden Projekten unterstreicht GlobalConnect seinen Anspruch, eine führende Rolle beim Ausbau sicherer, leistungsstarker und unabhängiger digitaler Infrastrukturen in Europa zu übernehmen.
connect professional: Was wünschen Sie sich von der Politik, um die Sicherheit kritischer Infrastrukturen in Europa nachhaltig zu stärken?
Gerhardt: Wir wünschen uns von der Politik eine noch engere, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, um die Sicherheit kritischer digitaler Infrastrukturen – insbesondere von Unterseekabeln – langfristig zu stärken. Diese Kabel sind das Rückgrat der europäischen Konnektivität und spielen eine zentrale Rolle für wirtschaftliche Stabilität, internationale Kommunikation und auch für die Verteidigungsfähigkeit Europas.
Angesichts zunehmender hybrider Bedrohungen – wie die jüngsten Vorfälle in der Nord- und Ostsee zeigen – braucht es klare politische Rahmenbedingungen, abgestimmte Schutzmaßnahmen sowie gezielte Investitionen in Überwachungs- und Sicherheitstechnologien. Der EU-Aktionsplan zur Kabelsicherheit bietet eine gute Grundlage, die nun konsequent weiterentwickelt und umgesetzt werden sollte – idealerweise unter enger Einbindung von Industriepartnern.
Wir begrüßen die Bereitschaft der Europäischen Kommission, gemeinsam mit der NATO, dem Vereinigten Königreich und der Branche in den Dialog zu treten. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass künftig harmonisierte, risikobasierte Standards und Best Practices entwickelt werden, die einerseits ein hohes Sicherheitsniveau gewährleisten und andererseits operativ und wirtschaftlich umsetzbar sind.
Darüber hinaus sollten Finanzierungsinstrumente wie die „Connecting Europe Facility“ (CEF) und der Europäische Verteidigungsfonds gezielt genutzt und ausgebaut werden, um Innovationen zu fördern und die digitale Resilienz Europas zu stärken. Parallel dazu wünschen wir uns eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, um Schutzmaßnahmen schneller und effizienter umsetzen zu können.
Kurz gesagt: Nur durch enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen, internationalen Partnern und der Privatwirtschaft können wir Europas digitale Infrastruktur nachhaltig absichern und zukunftsfähig gestalten.