Die amerikanische Kommunikationsbehörde FCC hat entschieden, bei der bevorstehenden Versteigerung des 700-MHz-Bandes erstmals neue Verwendungsauflagen zu machen. So muss der Gewinner der Auktion ein Drittel des gesamten Frequenzbereichs einem neuen "Open Access" bereitstellen, bei dem sich die Anwender über selbst erworbene Geräte und freie Provider einbuchen können. Damit folgt die FCC weitestgehend einem Antrag von Google, das zusammen mit den großen US-TK-Gesellschaften zu den Bietern dieser Auktion gehört.
Das 700-MHz-Band wird im Januar 2008 versteigert, weil in den USA am 1. Januar 2009 das terristische Analogfernsehen eingestellt wird und damit diese Frequenzen frei werden. Dieses Frequenzband ist sehr begehrt, denn es ist landesweit verfügbar, bietet eine Übertragung auf weite Distanzen und kann problemlos durch Wände hindurch dringen. Amerikas Mobilfunk-Provider Sprint, Verizon Wireless, AT&T und T-Mobile wollen das Spektrum für ergänzende Breitbanddienste für ihre Handys nutzen, wogegen Google eine mehr internetbasierte WLAN-Nutzung vorhat.
Um dies zu erreichen, hat Google in Washington monatelang Lobby-Arbeit geleistet, damit die FCC dem Gewinner der Auktion bestimme Auflagen erteilt. Während die FCC sich dem Open Access anschließen konnte, verweigert sie die Auflage, dass der Gewinner das Netz zu Großmarktpreisen kleineren Providern anbieten muss.
Hier folgte die FCC den Bedenken der beiden größten US-Mobilfunkanbieter AT&T und Verizon Wireless. "Es sieht so aus, dass Googles Forderungen einzig darauf abzielen, dass am Ende nur deren Geschäftsmodell implementiert werden kann – egal wer das viele Geld für die Frequenzen ausgeben hat," sagte Verizon-Sprecher Thomas Tauke.
Doch gerade die Öffnung für kleinere Anbieter ist Google besonders wichtig. Laut Chris Sacca, Leiter für Special Initiatives, geht es dem Webunternehmen vor allem um mehr Konkurrenz auf dem Mobilfunk- und WLAN-Markt. Seiner Ansicht nach beherrscht derzeit ein Oligopol aus vier Anbietern den amerikanischen TK-Markt; dieses Oligopol hält die Preise hoch und den Service niedrig. "Wir werden ein eigenes Netz aufbauen und dann Partnerschaften mit anderen Technologie- und Serviceunternehmen eingehen, denn bei Auktionspreisen von um die fünf Milliarden Dollar haben die meisten Unternehmen nicht den Hauch einer Chance, ein Stück vom Kuchen abzubekommen," sagt Sacca.
Google sieht sich dabei in einer Art missionarischer Aufgabe: "Fakt ist, dass die TK-Kunden bisher unzufrieden sind. Nur die Öffnung des Netzes für alle Geräte, Software sowie preisgünstige Serviceangebote von kleinere Firmen kann hier nachhaltige Veränderung bringen," so Saccas Überzeugung. Und an die Adresse der großen TK-Gesellschaften gerichtet fügt er hinzu: "Google steht für den Ausbau des Internetzugangs für jedermann; wir wollen die Hemmnisse, die dieses Ziel seit Jahren blockieren, endlich beseitigen."
Doch nicht nur die vier Großen kritisieren die Google-Pläne, auch seitens des größten Netzgerätelieferanten Cisco kommt Kritik: "Hier besteht überhaupt kein weiterer Regulierungsbedarf seitens der FCC, denn bislang haben die Marktkräfte bestens funktioniert, und das wird auch weiterhin so sein," so Cisco-Sprecherin Mary Brown.
Unabhängig vom Streit um das zukünftige Geschäftsmodell in diesem Frequenzbereich, gibt es noch eine Reihe technischer Unklarheiten. So hat Google bislang noch nicht gesagt, wie es die Frequenzen nutzen will, denn für das 700-MHz-Band gibt es weder geeignete Geräte noch eine Infrastruktur. Das gegenwärtige WLAN arbeitet im ungeregelten 2,4- beziehungsweise im 5-GHz-Bereich, und das bedeutet, dass alle bestehenden WLAN-Endgeräte hier nicht funktionieren. Ähnlich verhält es sich mit den Sendern, denn die vorhandenen TV-Sendemasten sind für die Abstrahlung von bandbreitenintensiven Digitalsignalen ungeeignet. Auch die große Reichweite, die bislang in diesem Netz genutzt wird, ist nur theoretisch vorhanden, denn sie wird nur mittels leistungsstarker hoher Sendemasten erreicht – diese aber erlauben nur eine Ein-Wege-Kommunikation.
Alle diese Nachteile sprechen eher für eine Nutzung der neuen Frequenzen durch die bisherigen TK-Giganten, da diese kostengünstiger in der Lage sind, ihre vorhandene Infrastruktur um die entsprechenden Antennenenrichtungen aufzurüsten und ihre Handys mit den zusätzlichen Sende- und Empfangsmöglichkeiten auszustatten. Ein kompletter Neuaufbau eines 700-MHz-WLANs – so wie Saccas es ankündigt – würde nicht nur einen zweistelligen Milliardenbetrag verschlingen, sondern darüber hinaus auch viele Jahre in Anspruch nehmen.
Harald Weiss/wg