HP kontert: Cisco verscherzt es sich mit seinen Partnern
Mit seiner Unified Datacenter Strategy hat Cisco den Nerv der Server-Größen getroffen. Denn schließlich bläst der Netzprimus mit seiner Virtualisierungsoffensive samt eigenen Blade-Servern zur Attacke auf HP und IBM - mit denen er bislang als strategischer Partner im Rechenzentrum sehr gut Hand in Hand gearbeitet hat.
So wurde etwa HP von Cisco erst 2007 als Solution Partner des Jahres in Deutschland
ausgezeichnet. Nun ist der IT-Konzern verschnupft und wird stattdessen seine eigene Netztochter
Procurve bei den Kunden in Position bringen – zumal HP nach eigener Auffassung mit seiner Technik
schon das kann, was Cisco gerade erst vollmundig ankündigt.
"Als Allianzpartner haben wir Cisco bei Kunden Tür und Tort geöffnet, und nun will Cisco ganz
offiziell in Accounts gegen uns arbeiten", zeigt sich Carsten Unnerstall, Business Manager
BladeSystem bei HP, zwar "nicht verärgert, aber verwundert".
Entsprechend gibt sich HP Mühe, Cisco Datacenter-Offensive madig zu machen. Mit dem Bladesystem
habe HP bereits 2006 die Server- und Netzwerk-Infrastruktur zusammengeführt. Und seit 2008 habe HP
mit Insight Dynamic VSE eine Lösung für das gemeinsame Management physischer und virtueller
Ressourcen inklusive Server-Kapazitäten vorzuweisen. "Wir bieten schon seit Jahren das an, was
Cisco gerade als angebliche Neuheit auf den Markt bringt", so Unnerstall.
Unnerstall verweist insbesondere auf die Ethernet-Module Virtual Connect Flex 10. Diese
Blade-Interconnect-Technik sorgt als I/O-Virtualisierungstechnik dafür, dass die Blade-Serverwelt
vom physischen Datacenter-Netz entkoppelt wird. "So kann ich an den Servern Veränderungen vornehmen
und etwa virtuelle Maschinen umziehen, ohne ins Netz eingreifen zu müssen", erläutert
Unnerstall.
Mit der neuen Flex10-Komponente lässt sich dabei sogar ein physischer Server-Port auf mehrere
virtuelle Verbindungen aufteilen und diesen dynamisch Bandbreite zuweisen. Über diese
Port-Konsolidierung seien letztlich auch weniger Anschlüsse an Core-Switches nötig, geht Unnerstall
seinerseits in Cisco angestammten Switch-Jagdrevier wildern.
"Und genau an seine eigene heilige Kuh traut sich Cisco auch nicht heran", bemängelt der
HP-Manager, dass die Strategie zwar in die richtige Richtung weise, aber eben zu kurz greife: "Bei
Cisco soll es zwar auch eine I/O-Virtualisierung geben, aber darüber will Cisco möglichst viel
Netzverkehr belegen." Cisco wolle sich das eigene Kerngeschäft dann eben doch nicht eben
kaputtmachen.
Zudem benötige Ciscos Datacenter-3.0-Vision zur Umsetzung das gemeinsam mit VMware entwickelte
neue Protokoll VNtag, das aber wiederum nur die neuen Datacenter-Switches der Nexus-Familie
verstehen. "Um VNtag zu implementieren, muss ein Anwender also seine gesamte Netzinfrastruktur
umbauen", so Unnerstall. "Es wundert mich doch etwas, dass das Ganze noch nicht mal mit Cisco
etablierten Catalyst-Switches funktioniert."
Dies sei dann womöglich doch etwas "ungeschickt" für Cisco, argumentiert Unnerstall. "Denn wenn
ich sowieso mein gesamtes bestehendes Netzequipment austauschen muss, kann ich auch gleich andere
Hersteller ins Auge fassen." Und nachdem Cisco nun in einigen Bereichen gegen HP schießt, will der
IT-Konzern verstärkt mit seiner Netzwerk-Tochter Procurve bei Kunden auftreten.
Procurve wurde Ende letzten Jahres in die Technology Solutions Group integriert. Zwar werde HP
Technology Services natürlich auch in Zukunft weiterhin Lösungen anderer Netzwerkanbieter
unterstützen, sofern dies durch die Spezifikationen des Kunden gefordert wird, heißt es in
Böblingen. "In der Regel wird HP aber Lösungen aus dem eigenen Portfolio in unseren Kundenprojekten
bevorzugt anbieten, da wir davon überzeugt sind, dass eine Entscheidung für HP Procurve für unsere
Kunden beste Zuverlässigkeit, höchste Effizienz und führende Leistungsmerkmalen bietet."
Procurve spiele eine "Schlüsselrolle" in HPs Strategie, gemeinsam mit Partnern Lösungen und
Konzepte im Bereich Networking, Unified Communications, Collaboration, Mobility und
Netzwerksicherheit anzubieten. Im Rahmen des Open Network Ecosystem baue man nun auch
Partnerschaften mit Anbietern wie Microsoft, Riverbed, F5 Networks und anderen stark aus.
Natürlich werde man in der Praxis bei Kunden auch nach wie vor mit Cisco zusammen arbeiten,
schließt Unnerstall. "Aber dann wird es Rules of Engagement geben, die dafür sorgen, dass Ciscos
Rolle beim Kunden auf das Netz beschränkt bleibt."
Armin Barnitzke/wg