ITIL (IT Infrastructure Library) als Methode zur Organisation und Verwaltung für IT-Abteilungen dient vielen Herstellern von Service-Desk-Lösungen als Richtschnur. Die nachträgliche Überarbeitung eines klassischen Ticket-Systems in ein ITIL-konformes Produkt ist aber aufwändig. Der Anbieter IET hat deshalb 1999 seine ITSM-Lösung (IT-Service-Management) gleichlautenden Namens unter Berücksichtigung von ITIL komplett neu entworfen.
Die Service-Desk-Lösung IET ITSM deckt die bei den Anbietern beliebte Kombination von Incident-,
Problem-, Change-, Release-, Configuration- und Service-Level-Management ab. Die
IT-Managementsoftware bildet sowohl Szenarien ab, bei denen es um Aufgaben innerhalb des eigenen
Unternehmens geht, als auch solche für die externe Kundschaft.
Wie alle professionellen Lösungen zum Management von IT-Abteilungen arbeitet auch IET ITSM in
der typischen Dreiteilung Datenbankserver, Applikationsserver und zugreifende Client-Systeme.
Seitens der Datenbank setzt IET auf Microsoft SQL oder Oracle. In kleineren Umgebungen ist der
gleichzeitige Betrieb von Applikation und Datenbank auf einer Maschine denkbar, in der Praxis
nutzen größere Unternehmen einen bereits vorhandenen Datenbankserver. Eine genaue Empfehlung für
die Leistungsstärke des Applikationsservers lässt sich laut Angaben des in München ansässigen
Anbieters pauschal nur schwer treffen. Ein Standardserver aktueller Baureihe mit zwei Prozessoren
und 4 GByte RAM sei für ein Unternehmen mit bis 50 IT-Mitarbeitern jedoch ausreichend. Die
benötigte Maschinengröße ermitteln Berater von IET in der Projektierung. Wächst das Unternehmen aus
der kalkulierten Größe heraus, so besteht neben der üblichen Aufrüstung des Applikationsservers mit
Arbeitsspeicher oder CPU-Austausch eine weitere Möglichkeit, das System zu beschleunigen: ITSM
lässt sich laut IET von Haus aus auf mehrere Applikationsserver verteilten, ohne dass diese
Maschinen auf Betriebssystemebene als Cluster zu betreiben sind. Während bis vor einiger Zeit noch
eine Solaris-Variante von ITSM verfügbar war, so entwickelt der Anbieter die Lösung serverseitig
heute nur noch für Microsoft Windows. Die Webservices basieren entsprechend auf dem Internet
Information Server (IIS).
Bei IET ITSM handelt es sich um keine Lösung, die die IT-Abteilung eines Unternehmens in
Eigenregie einführen würde. Für unsere Betrachtung in der LANline erhielten wir eine
vorkonfigurierte virtuelle Maschine auf DVD und eine dreistündige Einführung in die Funkti-onalität
und den Aufbau der Software. Nach dieser kurzen Einführung fällt die Arbeit mit dem Programm leicht
– da die komplette Oberfläche auf Wunsch in deutscher Sprache präsentiert wird, noch ein wenig
einfacher.
Wie für die direkten Konkurrenzprodukte, so ist auch für IET ITSM zunächst der Aufbau der CMDB
(Configuration Management Database) ein wichtiger Schritt. Ohne dieses Repository mit den
wichtigsten Informationen zur Konfiguration von Systemen ist eine prozessgestützte Bearbeitung der
IT nicht möglich. Selbst wenn ein Unternehmen mit ITIL und Service-Management praktisch bei Null
beginnt, sind doch im Vorfeld bereits Datenquellen mit diesen Informationen gefüllt. Dabei kann es
sich um die selbstgestrickte Excel- oder Access-Dateien mit Hardwaredaten handeln, um
Benutzerinformationen aus dem Active Directory oder anderen LDAP-basierenden Verzeichnisdiensten
oder aus den Datenbanken verschiedener Hard- und Softwarescanner, wie sie die
Systemmanagementlösungen bieten. Faktisch liegen die Informationen zwar vor – doch sind sie meist
weit verteilt und somit schwer zu fassen.
Verfügt ein Unternehmen über keinerlei Hard- und Softwareinformationen über die eigene
Ausstattung, so bietet sich der Einsatz der IET CMDB Discovery an. Die agentenlose Software
verschafft dem Administrator über SNMP, WMI und Remote Registry ein Bild über die
IT-Ausstattung.
Ein Unternehmen muss bereits vorhandene Datenquellen beim Aufbau einer CMDB nicht ersetzen, da die CMDB nicht als "riesiges Datenlager" missbraucht werden sollte. Detaillierte Informationen, beispielsweise zur Hardware eines Computers, sind in der Inventardatenbank sehr gut untergebracht. In der CMDB sind eher die wichtigsten Eckdaten gefragt - beispielsweise Betriebssystem, Rechnergeschwindigkeit, Arbeitsspeicherausbau, verbleibende Festplattenkapazität, Garantielaufzeit oder an welchem Switch der Rechner netzwerkseitig angeschlossen ist - also die Informationen, die zur Abwicklung von IT-Support- und Planungsaufgaben zwingend erforderlich sind. In IET ITSM lassen sich externe Programme ohne Probleme einbinden, somit ist der Sprung in eine detaillierte Inventardatenbank oder eine Fernwartungssoftware möglich.
Rund um die CMDB hat der Anbieter noch etwas weiter gedacht: Das Programm IET CMDB Intelligence erkennt Änderungen an der Konfiguration durch einen Soll-/Ist-Abgleich. Ist beispielsweise der Arbeitsspeicher eines Computers doppelt so groß wie zuvor, ohne dass sich der dazu passende Eintrag über das Change Management findet, so ist dies ein Phänomen, dem die IT-Abteilung nachgehen sollte - wahrscheinlicher ist aber eher, dass sich der Speicherausbau eines Computers wie von Geisterhand verkleinert. Auch Systeme, die seit Monaten über das Netzwerk nicht mehr erreichbar waren, lassen sich mit der Discovery-Lösung entdecken.
IET ITSM bietet dem Bearbeiter verschiedene Oberflächen an. Laut Hersteller kommt in erster Linie der typische Win-dows-Client zum Einsatz, da dieser eine schnellere Bearbeitung erlaubt als die Weboberfläche. Funktionell und vom Design sind Windows- und Web-Client sehr ähnlich gehalten. Ein Support-Mitarbeiter, der direkt vor Ort Informationen abrufen oder eintragen möchte, muss also nicht umdenken. In Projekten wurden auch Win-dows-Mobile- oder Blackberry-Geräte für die Datenzugriff konfiguriert. IETs Java-Applikation erlaubt die Bearbeitung im Offlinebetrieb und eine Onlinesynchronisation per GPRS oder WLAN.
Das Programmfenster ist klassisch strukturiert - auf der linken Seite eine Baumstruktur mit den unterschiedlichen Aufgabengebieten wie Service Desk, Change-Management oder Kundenmanagement, in der rechten Fensterhälfte der eigentliche Funktionsteil. Der Aufbau aller Dialogfelder ist gleich. Überschreitet die Anzahl anzuzeigender Elemente die Bildgröße, so kommen Register zum Einsatz. Jedes Aufgabengebiet ist in der gleichen Art und Weise eingeteilt; an der obersten Stelle stehen "Formulare" - das Hauptarbeitsmittel für Mitarbeiter. Mit welcher Ansicht ein Mitarbeiter nach dem Programmaufruf konfrontiert wird, ist pro Benutzer anpassbar. Um einen schnellen Überblick über die Geschehnisse im Service Desk zu erlangen, empfiehlt sich die Nutzung des "Cockpits". Diese Auflistung zeigt alle Ereignisse, die für den aktuellen Anwender von Relevanz sind, mit Priorität und Uhrzeitangaben an. Welche Teilbereiche der Software ein Anwender überhaupt zu sehen bekommt, lässt sich über das Rollenmanagement steuern.
Um eine Störungsmeldung entgegen zu nehmen, stehen zwei Masken zur Verfügung. Bei der "
Incident-Schnellaufnahme" ist die Anzahl der auszufüllenden Felder auf ein Minimum reduziert. Mit
dieser Maske wird in der Praxis der First Level Support arbeiten. Geht der Anruf per Telefon ein,
so ist zunächst der Anrufer zu identifizieren. Bei einer Integration der Telefonanlage kann dies
auch automatisch geschehen. Kunden- und Kontaktfelder sind lediglich mit den ersten Buchstaben zu
füllen, durch das Betätigen der Eingabetaste wird entsprechend aufgefüllt. Mithilfe von Vorlagen
lassen sich die Support-Anfrageklassiker wie "Vergessenes Passwort" oder "Drucker funktioniert
nicht mehr" automatisch mit dem passenden Text versehen. Die Zuständigkeiten für die Abgabegruppe,
also die für die Abwicklung zuständige Abteilung, sowie, falls bekannt, der Name des Mitarbeiters
lassen sich in den Vorlagen ebenfalls einpflegen. Unabhängig davon, ob die Schnellannahme oder das
komplette Incident-Fenster zum Einsatz kommt, ist stets ein kleines Ampelsymbol zu sehen, das den
Hinweis auf einen Servicevertrag anzeigt. Anzutreffen sind bei der Lösung alle für den Service Desk
benötigten Elemente wie der zum Fall oder Kunden gehörende E-Mail-Schriftverkehr, die Historie
bereits bearbeiteter Fällen, eine Notizfunktion – hier als Tagebuch bezeichnet – und die auf Wunsch
automatisch mitlaufenden Uhr zur Protokollierung der Servicegeschwindigkeit.
Dialogfelder innerhalb der Applikation kann der Administrator mithilfe des IET Developers
Studios anpassen. Diese Änderungen beziehen sich nicht allein auf die Darstellung: Auch das
dahinterliegende Datenmodell und komplette Workflows kann der Anwender damit anpassen.
Eine besonders gelungene Funktion in ITSM ist die Visualisierung der technischen und logischen
Verbindungen von CIs (Configuration Items) untereinander. Ruft beispielsweise ein Kunde oder
Mitarbeiter im Support an und beklagt, dass ein Ausdruck nicht möglich ist und nur eine für ihn
kryptische Fehlermeldung erscheint, so kann der Service-Desk-Mitarbeiter sich die Verbindungen
zwischen PC und Drucker visuell anzeigen lassen. Leuchtet die Verbindung zwischen PC und Drucker
rot auf, so erkennt der Service-Desk-Mitarbeiter auf einen Blick, dass hier bereits eine Störung
bearbeitet wird und kann den aktuellen Fall als untergeordneten Vorfall deklarieren. Ist das
Problem mit dem Drucker behoben, so wird automatisch der untergeordnete Vorfall geschlossen.
Erwartungsgemäß für eine Service-Managementlösung dieser Größenordnung liefert ITSM eine
webbasierende Self-Service-Oberfläche, die sich beliebig nach Kundenvorstellungen anpassen lässt.
Neben der Sicht auf bereits erfasste Incidents hat der Benutzer auch die Möglichkeit, neue
Störfälle zu melden oder ein Blick auf die ihm zugewiesenen Systeme zu werfen. Das Vorhalten einer
Knowledge Base mit Lösungen für typische Benutzerfragen gehört ebenfalls zum Standardrepertoire für
Service-Desk-Lösungen.
Neben der manuellen Eingabe von Incidents durch Mitarbeiter ist ITSM in der Lage, auch Dateien
oder externe Datenquellen zu überwachen. Stellt beispielsweise eine Netzwerk-Managementsoftware
einen Ausfall einer Komponente fest, so kann das System entsprechend reagieren und einen Incident
erzeugen. Die Erfahrungen, die IET mit Prozessen im IT-Umfeld hat, zeigt sich bei der gedanklichen
Fortführung in Richtung Service-Level-Management. Handelt es sich beispielsweise bei der
ausgefallenen Komponente um ein USV-System, welches durch eine Backup-USV zusätzlich gesichert ist,
so ist der Ausfall des primären Systems zwar in jedem Fall zu bearbeiten; da jedoch ein
Sekundärsystem vorhanden ist, muss die Priorität bei der Bearbeitung nicht sehr hoch gewählt
werden. Der Service – in diesem Beispiel die Sicherung einer Netzwerkkomponente durch ein
USV-System – ist gesichert und wird als solcher auch protokolliert.
Bei der Masse an Informati-onen, die sich in einer CMDB befinden, ist eine leistungsstarke
Suchfunktion wichtig. Hinter der Textsuche in ITSM verbirgt sich die Hummingbird-Engine von
Fulcrum. Auch für die Reports haben die Entwickler bei IET auf einen Branchenprimus gesetzt: Hier
kommt Crystal Reports zum Einsatz.
Sind erst einmal die Mühen bei der Einrichtung einer CMDB mit allen relevanten Informationen
bewältigt und die IT-Support-Prozesse definiert, beginnen sich Programme wie ITSM bezahlt zu
machen. Werden konsequent alle eingehenden Support-Anfragen oder Systemänderungen über die Software
eingetragen, so ist es zum Beispiel ein Leichtes herauszufinden, wieviel eine Support-Anfrage
eigentlich kostet. Das automatische Routing von Serviceanfragen erleichtert das Weiterleiten von
Incidents an die zuständigen Kollegen. Da ITSM im Zuge eines Projekts eingeführt wird, ist eine
pauschale Preisangabe nicht möglich. Die Lizenzierung richtet sich nach der Zahl gleichzeitig
zugreifender IT-Mitarbeiter (Concurrent Users).
Info: IET Solutions Tel.: 089/7485890 Web: www.iet-solutions.com