Mit dem "WXC Integrated Services Module 200" integriert Juniper diverse Funktionen für den beschleunigten Fernzugriff auf Applikationen und Daten in seine Access-Router der J-Series. Dies erklärte der Netzwerkspezialist eher beiläufig im LANline-Interview am Rande seines europäischen Pressegipfels in Lissabon, der sich ansonsten stark auf die Vorzüge von Junipers einheitlichem Betriebssystem Junos gegenüber der Plattformvielfalt des großen Über-Konkurrenten Cisco konzentrierte. Dass Juniper dieses Modul nicht stärker in den Mittelpunkt rückte, könnte entweder ein Zeichen dafür sein, dass man dem Produkt keine allzu große strategische Bedeutung im WOC-Markt (WAN Optimization Controllers) beimisst, oder aber, dass man sich schmerzlich bewusst ist, hier lange hinter Cisco hinterhergehinkt zu sein: Der Branchenprimus hatte bereits Ende 2006 eine ähnliche WOC-Funktionalität als Blade für seine ISRs (Integrated Services Routers) präsentiert.
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Das Servicemodul packt die Funktionalität der Juniper-WOCs namens WXC auf einen Router-Einschub, der zwei Slots in einem J-Series-Router der Modelle J2350, J4350 oder J6350 belegt. Zur Funktionalität zählen die WOC-typischen Standardfunktionen: Kompression und Bit-Pattern-Caching (bei Juniper Molecular Sequence Reduction oder MSR genannt), TCP-Beschleunigung sowie protokollspezifische Beschleunigungsmethoden für HTTP, MAPI und CIFS. Das Traffic-Management erfolgt mittels QoS-Kontrolle über den J-Series-Router. Vom Gros der WOCs hebt sich das Modul durch UDP-Beschleunigung ab, zudem bietet es die Option einer zentral gesteuerten Content-Verteilung (also mittels Caching auf Objektebene). Einblick in die Optimierungsergebnisse erhält der Administrator über die CLI oder das identisch aufgebaute Web-Tool Webview; die WX-CMS-Software sorgt für die Verteilung gewünschter Inhalte an die Filialen, um bei Erstzugriffen auf aktualisierte Dateien wie zum Beispiel Preislisten die Download-Geschwindigkeit zu erhöhen.
Das ISM 200 unterstützt Durchsatzraten von 512 kBit/s bis 4 MBit/s und bietet bis zu zehn gleichzeitige Tunnels mit Aktivierung sämtlicher Features. Eine Festplatte von 120 GByte speichert die Bitmuster für die Datenreduktion und die vorab verteilten Objekte. Damit entspricht das Modul im Wesentlichen der Appliance WXC 250, bietet aber eine größere Platte und doppelten Maximaldurchsatz. Die J-Series verfügt zudem über die Access-Router-Funktionalität inklusive Flow-based Firewall, NAT und eine Ethernet-Switch-Karte.
Im zweiten Quartal will Juniper darüber hinaus die neue Gerätegeneration seiner Lowend- und Midrange-WOCs unter dem namen WXC 2600 und WXC 3400 vorstellen. Sie sollen auf neuer Hardware basieren, die Juniper schon für die Intrusion-Detection-Systeme einsetzt, und umweltfreundliche 80+-Netzteile nutzen.
WOCs sind in aller Regel Appliances, die ein Unternehmen im Datacenter sowie in den Filialen installiert, um den Fernzugriff auf zentral vorgehaltene Applikationen, Dienste und Daten zu beschleunigen. WOCs vereinen auf einem Gerät zahlreiche generische und applikationsspezifische Optimierungsmechanismen und haben damit punktuelle Einzellösungen verdrängt. Die Kombination von Router und WOC treibt diese Konsolidierung noch einen Schritt weiter. Gartner-Analyst Joe Skorupa hatte 2006 eine noch höhergradige Integration gefordert: auch alle filialseitigen Server (DHCP, DNS, File, Print) sollten in einer einzigen Plattform untergebracht sein, die Skorupa Branch Office Box (BOB) nennt. So weit gehen aber die meisten WOC-Hersteller nicht - vor allem, weil sie mit Ausnahme von Cisco und Juniper nicht zu den Herstellern von Access-Routern zählen. Auch Juniper verzichtet auf die Ansammlung von Serverfunktionen im WOC-Router, legt aber Wert auf die Feststellung, dass der J-Series-Router mit WOC-Modul und einer Ultra-Thin-Client-Infrastruktur dem Ziel einer administratorlosen Außenstelle sehr nahe komme.
LANline/Dr. Wilhelm Greiner