Citrix und Vmware auf Konfrontationskurs

King Kong vs. Godzilla

3. März 2008, 18:33 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

In SBC-Kreisen (Server-based Computing) macht das Zauberwort "Virtualisierung" die Runde: nicht die des Servers oder Speichers, sondern des Desktops. Die großen Anbieter zielen auf den gesamten Virtualisierungs-Stack: vom Desktop oder dem Betriebssystem über die Applikationen bis zur Präsentationsebene. Durch Akquisitionen laufen Citrix und Vmware, zudem nun auch Quest auf eine direkte Konkurrenz zu. Microsoft steht (noch) in den Kulissen.

Namhafte Anbieter, allen voran Citrix und Vmware, bringen sich für den Wettbewerb um die
zentrale Bereitstellung von Desktops in Position. "Desktop" heißt hier nicht "PC", denn der Desktop
der Zukunft ist lediglich eine Simulation: Er gaukelt dem Anwender lokales Arbeiten vor – wo
tatsächlich CPUs werkeln, muss den Benutzer nicht interessieren – die notwendigen Parameter
bezüglich Bandbreite und Latenz einmal stillschweigend vorausgesetzt. Als Mittel der Wahl gelten
die Desktop-, Applikations- und Präsentationsvirtualisierung.

Das Vorgaukeln lokalen Arbeitens war lange Citrix‘ Domäne: Der Erfinder der Terminalservices
erweitert mit dem Citrix Presentation Server (CPS, vormals Meta-frame, vormals Winframe) die
Windows-Welt längst um den kollektiven Fernzugriff auf Applikationen und trennt so die Ausführung
der Anwendung von deren Darstellung (Presentation Virtualization). Letztes Jahr machte dann die
EMC-Tochter Vmware Citrix mit einem eigenen Konzept Konkurrenz: VDI (Virtual Desktop
Infrastructure) sieht den Fernzugriff via Connection Broker (aktuell Virtual Desktop Manager 2) und
RDP auf zentral gehostete Desktops vor. Statt des von Citrix praktizierten Application Sharings
soll nun jeder Anwender in seiner eigenen virtuelle Umgebung arbeiten – ressourcenintensiver, aber
flexibler. So wundert es nicht, dass Citrix pünktlich zu Vmwares Teilbörsengang mit der Übernahme
von Xensource konterte. Damit besitzt Citrix nun ebenfalls eine ausgereifte Server- und
Desktop-Virtualisierung, inzwischen Citrix Xenserver und Xendesktop genannt. Im November verkündete
dann die IT-Management-Company Quest die Übernahme von Provision Networks, die ebenfalls eine
Desktop-Virtualisierungsplattform anbieten, sowie zweier weiterer Virtualisierungsspezialisten.

Als dritter Ansatz neben SBC und VDI hat die Virtualisierung und das Streaming
(Echtzeitübermittlung) von Applikationen 2007 wieder verstärkt Rückenwind bekommen. Über
entsprechende Technik verfügen Microsoft (via Softgrid-Akquisition), die Thin-Client-Anbieter Wyse
und HP (über den Neoware-Zukauf) sowie Citrix: Der Citrix Provisioning Server 4.5 (aus der
Ardence-Übernahme) soll Anwendungen direkt auf Clients oder aber – zur schnelleren dynamischem
Bereitstellung – als TS-Applikationen auf den Terminalserver streamen. Hier wiederum hat Vmware im
Januar zum Gegenschlag ausgeholt und Thinstall geschluckt. Mit Thinstalls Lösung laufen
Applikationen – ähnlich Softgrid oder Alitirs‘ SVS – in einer jeweils eigenen Umgebung (Sandbox)
und vermeiden damit DLL-Konflikte. Die Pointe an Thinstalls Ansatz: Er arbeitet agentenlos und
senkt so den Verwaltungsaufwand. Damit bewegt sich Vmware weg von der reinen
Betriebssystemvirtualisierung – angesichts eskalierender Hypervisor-Angebote künftig wohl bald ein
generisches Produkt, das sich nur über Managementfunktionen differenzieren kann – und hinauf zu den
Anwendungen. VDI bietet hier zusammen mit der Thinstall Virtualization Suite 3.3 differenzierte
Delivery-Möglichkeiten und somit eine interessante Alternative zum Citrix-Portfolio.

Bei VDI und SBC mit den Windows Terminalservices (ohne Citrix) kommt das Protokoll RDP zum
Einsatz. Als dessen Schwäche gilt, dass es sich nicht für die Übertragung von Multimediainhalten
eignet. Citrix bietet hier mit ICA Speedscreen Optimierungsmechanismen, Wyse mit
TCX-Multimediasoftware eine RDP-Beschleunigung. Weitere Ansätze sind zum Beispiel Net2display,
Spice oder die Beschleunigungsarchitektur von Teradici. Im Rahmen einer umfassenden Ankündigung hat
nun auch Microsoft den Fokus auf die Desktop-Virtualisierung gerichtet. Ein spannender Aspekt der
Mitteilung war die Übernahme des Start-ups Calista, der an der RDP-Beschleunigung für 3D- und
Multimediaanwendungen arbeitete. Damit hat nun Redmond ebenfalls entsprechende Technik für SBC und
VDI in der Hinterhand. Microsoft betont zudem, der geplante hauseigene Hypervisor Hyper-V werde mit
Citrix Xenserver interoperabel sein. Hier scheint sich eine Koalition gegen Vmware anzubahnen.


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