Green-IT-Gipfel von BMU, UBA und Bitkom

Klimaschutz als riesiger Markt

6. Juni 2008, 14:11 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Die "Jahreskonferenz Klimaschutz und Ressourceneffizienz", veranstaltet vom Bundesumweltministerium, dem Umweltbundesamt und dem ITK-Branchenverband Bitkom, stand ganz im Zeichen der Schnittmenge zwischen Ökologie und Ökonomie. Mal sachlich argumentierend, mal geradezu beschwörend widmeten sich diverse Vorträge den Marktchancen von "grüner" IT.

"Green IT" ist derzeit ein Renner, verquickt sie doch auf für die beteiligten Hersteller höchst
angenehme Weise Political Correctness ("Wir sparen CO2 und retten das Klima!") mit Wirtschafts- und
Vermarktungsargumenten ("Wir sichern den Wirtschaftsstandort Deutschland!" – "Wir senken den
IT-Stromverbrauch!"). Und so rückte Mitte Februar auch die "Jahreskonferenz Klimaschutz und
Ressourceneffizienz" im Bundespresseamt diesen Doppelnutzen umweltfreundlicher IT in den
Mittelpunkt.

Vor rund 200 Gästen aus Politik, IT-Branche, Wissenschaft und von der Presse setzte
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als Eröffnungsredner einen ersten Akzent dieser Art: Es gelte, "
sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile" des umweltgerechten IT-Einsatzes
herauszuarbeiten. Die TK- und IT-Branche sei "wie kaum eine andere geeignet", ökologische Lösungen
ökonomisch zu nutzen und umgekehrt. Gefragt seien Antworten auf die zwei zent-ralen Fragen, wie
effizienter mit Rohstoffen und Energie umgegangen werden kann, und wie der Wechsel zu
nachwachsenden Rohstoffen zu bewerkstelligen ist.

Gabriel zitierte Analystenschätzungen, laut denen die IT-Branche für ebenso viel CO2- Ausstoß
verantwortlich ist wie der Luftverkehr. Der Sektor ITK verursache acht Prozent des deutschen
Stromverbrauchs, allein zwei Prozent gingen zu Lasten des Internets und dessen Always-on-Nutzung.
Mit Seitenblick auf die Schließung des Bochumer Nokia-Werks forderte er die ITK-Branche auf, "
Megawattstunden arbeitslos zu machen und nicht nur Menschen".

Die Bundesregierung arbeitet mit der ITK-Branche an gemeinsamen Gegenmaßnahmen. Als Beispiel
nannte er den Fachdialog "Grüner surfen" mit dem Ziel einer Sensibilisierung der Internetnutzer.
Gabriel kritisierte aber gegenüber dem Bitkom-Präsidiumsmitglied und IBM-Chef Martin Jetter
deutlich, dass diverse Computerhersteller bei der Erstellung eines Kriterienkatalogs für die
Beschaffung von Desktops nach neunmonatigen Verhandlungen "abgesprungen" sind. Offenbar wolle die
Branche die Einigung bis zu einem medienwirksameren Termin auf der CeBIT verzögern. Jetter zeigte
sich als Folgeredner in der Tat zuversichtlich, dass man auf der CeBIT eine Einigung finden werde.
Er warnte: "Die schiere Umweltfreundlichkeit bewegt nicht die Budgets der großen Unternehmen."
Angesichts zahlreicher Einsatzmöglichkeiten der IT für umweltfreundlichere Prozesse postulierte er
dennoch: "Green IT ist die Chance für den Klimaschutz."

Am offensivsten plädierte Dennis Pamlin von der Naturschutzorganisation WWF dafür, die
ökologisch-ökonomische Zwitterrolle der IT als Hebel zu nutzen. Die anwesenden Branchenvertreter
begrüßte er mit der These: "Sie haben die moralische Verpflichtung, viel Geld zu verdienen."
Pamlins zentrale Message: Man solle das Thema CO2-Ausstoß nicht mehr als Risiko diskutieren,
sondern als Feld üppiger Geschäftsmöglichkeiten. Es gelte, den Blick von der IT als Umweltsünder
abzuwenden und sich auf das rund zehnmal größere Potenzial IT-gestützter Umweltverbesserungen zu
konzentrieren. Den Markt für das Ermöglichen einer CO2-ausstoßarmen Wirtschaft ("low-carbon economy"
) veranschlagte er mit 40 Billionen Dollar. Anzumerken ist hier allerdings, dass der Blick auf die
ressourcenschonende Nutzung der IT und der auf das Klimaschutzpotenzial neuer
(Informations-)Techniken sich nicht gegenseitig ausschließen: Beides zu erreichen muss das Ziel
sein.

Ins technische Detail gingen dann vier Foren zu den Themen "Energieeffiziente Rechenzentren", "
Thin Clients und Server-based Computing", "Unternehmensstrategien und produktpolitische Instrumente"
sowie "Neue Chancen für grüne Produkte und Dienstleistungen in der ITK". Bei den Teilnehmern
erregte der Unternehmensstrategie-Workshop das größte Interesse. Der Thin-Client-Workshop (mit
LANline-Eröffnungsvortrag) arbeitete heraus, dass TCs zwar Desktop-PCs in puncto Energieverbrauch
deutlich schlagen, aber in Notebooks ernsthafte Konkurrenz haben. Somit rührt das Marktpotenzial
der TCs nur nachrangig aus ihrem Green-IT-Beitrag, sondern vielmehr aus den altbekannten Vorteilen
Verwaltbarkeit, Sicherheit und TCO.


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