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Neue Anwendungen für bewährte Technik

KVM over IP im Konferenzraum

Der KVM-Umschalter (Keyboard, Video, Mouse) hat bei seinem Siegeszug durch die Rechenzentren und Serverschränke erstaunliche Wandlungen vollzogen. Mittlerweile setzt sich die Technik auch außerhalb der Rechenzentren durch - beispielsweise für Digital-Signage-Anwendungen oder zur Videoübertragung in der Multimedia- und Filmbranche. Eine neuartige Anwendung und Erweiterung von KVM over IP stellt die Telefonkonferenztechnik dar.

Autor:Dr. Christian Pätz/dp Dr. Christian Pätz ist Director Product Marketing bei Raritan. • 1.3.2009 • ca. 4:30 Min

Zunächst als reiner Tastatur/Video-Umschalter propagiert, unterstützte die KVM-Technik im Laufe
der Jahre erst die serielle Maus, dann die PS/2-Maus und später diverse USB-Eingabegeräte. Eine
wesentliche technische Veränderung war die Digitalisierung des KVM-Umschalters. Die
KVM-over-IP-Technik bereitet die drei Nutzerschnittstellen Tastatur, Maus und Videobild
elektronisch so auf, dass der KVM-Switch die Signale über ein IP-Netzwerk in Echtzeit versenden
kann und ein entfernt arbeitender Bediener auf die Rechnerkonsole so zugreifen kann, als säße er
davor. Über die Hälfte aller KVM-Switches unterstützt heute diese Technik, insbesondere die
hochpreisigen Modellen für größere Installationen. KVM over IP hat somit seinen festen Platz im
Rechnerraum. Mittlerweile findet man diese Technik aber auch zur Ansteuerung von elektronischen
Werbeflächen aller Art (Digital Signage) oder für die Übertragung von Bewegtbildern im
Multimediabereich und bei Filmproduktionen. Neu ist KVM over IP für Telekonferenzen.

Konferenztechniken

Telefonkonferenzen sind aus dem heutigen Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken. Laut Wainhouse
Reserch wurden über 54 Milliarden Telefonkonferenzminuten allein im Jahr 2008 abgehalten. Doch die
Telefonie allein ist für Geschäftsgespräche meist unzureichend. Im Gegensatz zum persönlichen
Gespräch fehlen die Körpersprache und der direkte Austausch von Dokumenten, Zeichnungen und
Flipcharts. Videokonferenzen übermitteln zumindest die Körpersprache. Und Web-Konferenzsysteme
könnten hier tatsächlich Abhilfe schaffen, weil sie eine kombinierte Übertragung von Telefonie und
Videobildern sowie ein Dokumenten-Sharing erlauben. Doch diese Lösungen werden wie reine
Videokonferenzsysteme als kompliziert in der Bedienung wahrgenommen. Zudem sind die verschiedenen
Anbieter genau wie bei den Videokonferenzsystemen nicht miteinander kompatibel. So muss für die
Teilnahme an einer Web-Konferenz immer eine spezielle Software sowohl bei dem Besitzer des
Dokuments als auch bei den Betrachtern des Dokuments vorhanden sein. Die Steuersoftware erhöht die
Komplexität der Softwareinstallation bei allen Beteiligten und führt oft zu instabilen Systemen.
Zwar bieten die Hersteller solcher Lösungen oft auch eine Zugriffsmöglichkeit über einen
Web-Browser an, aber zumindest auf dem PC mit den gemeinsam zu nutzenden Dokumenten muss noch eine
entsprechende Steuersoftware installiert werden.

Einfacher mit KVM over IP

Vor einer ganz ähnlichen Problematik standen Administratoren, die Remote-Control-Lösungen wie PC
Anywhere einsetzten. Diese führte damals letztlich zur Entwicklung und Verbreitung von
KVM-over-IP-Hardwarelösungen für den Fernzugriff. Die prinzipiellen Vorteile einer
hardwarebasierten Fernsteuerung von PCs – egal ob beim Server im Rechenzentrum oder bei PCs eines
Meeting-Organisators im Meetingraum – sind:

einfache Bedienung,

keine Notwendigkeit zusätzlicher Softwareinstallationen,

reduzierte Komplexität, da die Fernsteuerfunktion von der reinen Anwendung
entkoppelt ist und bei jedem Systemzustand des Rechners korrekt arbeitet,

stabiles Verhalten der Gesamtlösung und damit die Möglichkeit des Anwenders,
sich auf die Anwendung anstatt auf die Übertragung der Daten zu konzentrieren und

uneingeschränkte Flexibilität, da alle Plattformen unterstützt werden und ein
kleines Gerät allen Anforderungen an Mobilität genügt.

Die Anwendung der KVM-over-IP-Technik zur Übertragung von Bildschirmdaten und Dokumenten in
Telefonkonferenzen war daher nur eine Frage der Zeit.

Beispiel Meetwise

Das Startup-Unternehmen Meetwise beispielsweise bietet mit dem Meetwise Reporter ein
KVM-over-IP-Gerät an, das die Effizienz von Telefonkonferenzen erheblich verbessern soll. Das Gerät
basiert auf einem KVM-over-IP-Modul, das für den Einsatz in Rechenzentren entwickelt wurde und das
Raritan für die Meeting-Anforderungen erweitert hat. So können Bildschirminhalte aller Art
anwenderfreundlich in Echtzeit an entfernte Konferenzteilnehmer übertragen werden. Das Gerät steht
im Konferenzraum, und entfernte Teilnehmer greifen mit einem beliebigen Web-Browser auf das
Bildsignal zu. Mit dem Gerät von der Größe eines Systemtelefons lassen sich kürzere
Abstimmungsverfahren und optimierte Arbeitsabläufe im Konferenzraum erreichen. Vor der Konferenz
muss der präsentierende Teilnehmer lediglich seinen Rechner per VGA-Kabel an das KVM-over-IP-Gerät
anschließen. Das Gerät bedarf dann keiner weiteren Bedienung mehr. Entfernte Teilnehmer sehen in
Echtzeit in ihrem Web-Browser, was die Personen im Konferenzraum gerade auf der Leinwand sehen und
können sogar die Bedienung des Präsentationsrechners übernehmen. Der Präsentator hat keinerlei
zusätzlichen Aufwand, er kann jeden beliebigen Rechner verwenden und sich auf seine Präsentation
konzentrieren.

Anpassungen

Für diese Anwendung musste das KVM-over-IP-Modul allerdings optimiert werden. So wünschen manche
Anbieter von Online-Konferenzen eine Möglichkeit, bearbeitete Dokumente oder eine gesamte
Präsentation als Video aufzuzeichnen. Diese Videoaufzeichnung ist insbesondere bei Schulungen oder
für Demonstrationszwecke sinnvoll. Das Meetwise-Gerät bietet diese Funktion und kann sogar ein
Dokument, das es nur als Bilddatenstrom weitergeleitet hat, als PDF-Dokument ausgeben. Das übliche
Austauschen von Dokumenten nach einer Konferenz ist damit automatisiert und im Zusammenhang mit
einer Archivfunktion auch formalisiert möglich.

Während die Nutzerverwaltung mit Authentifizierung und Autorisierung im Rechenzentrumsbereich
komplex ist und auch sein darf, muss sie bei Online-Konferenzen einfach zu bedienen sein.

KVM over IP im Rechenzentrum wird immer noch mehrheitlich im Firmennetz eingesetzt.
Telekonferenzen sind aber gerade dann sinnvoll, wenn externe Teilnehmer oder Mitarbeiter im
Home-Office zugeschaltet sind. Damit muss das Bildsignal auf sichere Weise aus dem privaten
Unternehmensnetz herausgeführt und gegebenenfalls sogar mit zwei privaten Netzen über NAT verbunden
werden können.

Im Rechenzentrum arbeiten selten mehr als zwei Personen gleichzeitig an einem Rechner. Doch bei
Telekonferenzen verfolgen eine Vielzahl von Teilnehmern die Präsentation eines Redners – bei
Schulungen können es durchaus 100 Personen und mehr sein. Da KVM-over-IP-Geräte im Rechenzentrum
meist nur über eine begrenzte Rechenleistung verfügen, überfordert ein derartiges Szenario solche
Geräte.

Diese Probleme lassen sich für Web-Konferenzen mit einem Web-Service lösen, bei dem sich das
KVM-over-IP-Modul anmeldet und sich alle Teilnehmer mit ihren Zugangsdaten registrieren. Der
Web-Dienst ermöglicht dann je nach gewählter Konfiguration verschiedene Sicherheitsverfahren: So
erlaubt das Meetwise-Konzept eine Einbindung in die Nutzerverwaltung des Unternehmens genauso wie
die Nutzung von generierten Einmalpasswörtern. Für besonders sicherheitssensible Kunden könnte
dieser Web-Dienst auch im Firmen-VPN installiert werden.

Der Web-Dienst führt aber nicht nur die Autorisierung durch, sondern arbeitet auch als
Proxy-Dienst, der die Verbindung zweier Teilnehmer hinter NAT-Firewalls sowie die Multiplikation
von Datenströmen bei Schulungen oder anderen Konferenzen mit vielen Teilnehmern ermöglicht.

Identisch zum Einsatz in Rechenzentren ist die Sicherheitsarchitektur, die auf den üblichen
Verschlüsselungsverfahren (AES) und einem Schlüsseltausch zur sicheren Authentifizierung zwischen
KVM-over-IP-Modul und Proxy-Server beruht.

Der Meetwise Reporter ist technisch gesehen nichts anderes als ein optimierter
KVM-over-IP-Extender. Der zusätzliche Web-Dienst und der Daten-Proxy verwandeln das Gerät aber in
ein einfach und intuitiv bedienbares Werkzeug, um in Telekonferenzen unkompliziert
Bildschirminhalte zwischen Teilnehmern auszutauschen.

Info: Raritan Tel.: 0201/747980 Web: www.raritan.de

Meetwise Tel.: 0371/83441240 Web: www.meetwise.de