Bauform von Lichtwellenleitern in Leerröhrchen

LWL-Verkabelung mit Wechseloption

7. März 2006, 23:00 Uhr | Ernst Klees/jos Ernst Klees ist Geschäftsführer bei Kerpen CTI in Altdorf.

Wer bislang glaubte, mit Lichtwellenleitern ein zukunftssicheres Übertragungsmedium mit nahezu unerschöpflicher Bandbreite installiert zu haben, muss sich heute oft eines besseren belehren lassen: Neue Applikationen mit hohen Bitraten verlangen besonders im Multimode-Bereich Fasern mit verbesserten optischen Eigenschaften. LWL-Verkabelungen aus früheren Jahren können so zur Kostenfalle werden.

Bei vielen gilt die Glasfaser seit langem als das Übertragungsmedium der Zukunft. Lange Zeit
wurde ihr eine schier unendliche Übertragungsbandbreite attestiert. Ihr kompakter, Platz sparender
Aufbau ermöglicht es, im Vergleich mit kupferbasierenden Lösungen ein Vielfaches an
Übertragungskanälen auf gleichem Raum unterzubringen. Zudem sind Lichtwellenleiter unempfindlich
gegen elektromagnetische Beeinflussung und unterschiedliche Potenziale an den Endstellen der
Verkabelungsstrecke. Oft ist jedoch auch die Eigenschaft der galvanischen Entkopplung zur
Potenzialtrennung ein wichtiger Aspekt für den Einsatz der Glasfaser.

Nicht allein im WAN

Sind große Stecken zu überwinden, hat sie aufgrund ihrer geringen Dämpfungseigenschaften entscheidende Vorteile gegenüber Kupfer und ermöglicht daher einen extrem wirtschaftlichen Einsatz im Weitverkehrsbereich. Aber auch im Kurzstreckenbereich - zum Beispiel in der Inhouse-Verkabelung - spielt der Lichtwellenleiter eine zunehmend größere Rolle. Nicht zuletzt, weil sich die Preise für LWL-Komponenten immer mehr vergleichbaren Kupferlösungen annähern.

Besonders bei dem im Kurzstreckenbereich eingesetzten Multimode-Lichtwellenleiter bekamen die Anwender allerdings in den letzten Jahren zu spüren, dass es sich hier doch noch um eine relativ junge, aber durchaus innovative Technik handelt. Dies macht sich in einer nahezu undurchschaubaren Vielfalt neuer Faservarianten mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften bemerkbar.

Anwender, die bereits vor Jahren die Entscheidung für einen Multimode-Lichtwellenleiter als zukunftssichere Lösung getroffen hatten, müssen heute an der seinerzeit vermeintlich "unendlichen" Bandbreite massive Abstriche vornehmen. Neue, so genannte "optimierte" Fasern weisen oftmals sehr unterschiedliche optische Eigenschaften in den Parametern Brechzahl, Bandbreitenlängenprodukt und nummerische Apertur in den unterschiedlichen Wellenlängen auf. Ein Mischen dieser Fasern in einem Projekt führt dann unweigerlich zu inakzeptablen Übertragungsverlusten. Abhilfe schafft dann nur ein relativ aufwändiges und kostspieliges Auswechseln der Lichtwellenleiterkabel.

Mit Multimode-Fasern der höchsten optischen Kategorie OM3 nach der aktuellen Ausgabe der deutschen/europäischen Verkabelungsnorm DIN EN 50173-1 lassen sich zwar alle zurzeit bekannten optischen Anwendungen bis hin zu 10 Gigabit Ethernet übertragen, aufgrund der Differenzen in der Modenausbreitung (DMD) innerhalb der Multimode-Faser ist jedoch die Länge der nutzbaren Verkabelungsstrecke gravierend eingeschränkt.

Einsatz von Multimode-Fasern in der Diskussion

Für die Übertragung von 10 Gigabit Ethernet (10GBase-SR/SW) über Multimode-Fasern der Kategorie
OM3 ist nach DIN EN 50173-1 eine Strecke von 300 Metern gewährleistet. Auf dem Markt erhältliche
Fasern, deren optische Eigenschaften besser sind als die Mindestanforderungen der Norm, ermöglichen
Reichweiten bis etwa 550 Meter. Für zukünftige Anwendungen mit noch höheren Übertragungsraten, also
zum Beispiel 40 oder gar 100 Gigabit Ethernet, bedeutet dies jedoch entweder noch kürzere, für die
Praxis unbrauchbare Übertragungsstreckenlängen oder einen Umstieg auf Einmodenfasern. Vorhandene
Netze mit Multimode-Fasern müssten dann aufwändig erneuert werden. Die Hersteller entsprechender
Komponenten reagieren, und so bietet etwa Kerpen CTI aus Stolberg ein variables, ausbau- und
austauschfähiges LWL-Verkabelungssystem an. Kernstück sind Kabel mit Leerröhrchen, die sich
abhängig vom Bedarf mit vier- oder zwölffaserigen Fiber-Units im Einblasverfahren bestücken lassen.
Dabei stehen verschiedene Fasertypen sowohl im Singlemode- als auch im Multimode-Bereich zur
Auswahl – mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften.

Bis zu 24 Leerröhrchen

Die Kabel sind mit einem bis 24 LWL-Leerröhrchen mit jeweils drei Millimeter Durchmesser
erhältlich. Verschiedene Kabelkonstruktionen für den direkten Einzug in vorhandene Leerrohrsysteme,
aber auch die Verlegung in Trassen und Tragsystemen, sind ebenso verfügbar wie halogenfreie
Ausführungen. Die Leerröhrchen zweier Kabel lassen sich mit Kupplungen durch einfaches
Zusammenstecken schnell und ohne für die Fasern spürbare Übergänge verbinden.

Damit ist es möglich, nicht nur die Kabel zu verlängern, sondern auch Aufteilungen, Abzweigungen
und Kabelreduzierungen zu realisieren. Neben der Standardkupplung stehen auch wasserdichte und
gasdichte Ausführungen zur Verfügung. Damit sind auch Einführungen in Gebäude sowie Übergänge in
explosionsgefährdete Bereiche möglich.

Sind solche Kabel erst einmal verlegt, ist die Hauptarbeit nach Einschätzung der Verfechter
dieser Technik für Jahre hinaus getan. Auch dann, wenn weitere Fasern benötig oder die vorhandenen
gegen solche mit anderen optischen Eigenschaften getauscht werden müssen. Es sei nicht
erforderlich, Trassen oder schwer zugängliche und teure Brandschottungen zu öffnen und wieder zu
verschließen. Ohne aufwändige Installationsarbeiten ist es sogar möglich, auf geänderte Bedürfnisse
einzelner Mitarbeiter zu reagieren.

Die Lichtwellenleiter werden als Acryl ummantelte Fiber-Units mit vier oder zwölf Fasern
geliefert. Auf Platz sparende Leichtbautrommeln gewickelt, lassen sie sich so auf der Baustelle
problemlos transportieren. Damit verringert sich auch die anfallende und zu entsorgende Verpackung
wesentlich. Die Fiber-Units werden mit einem Kompressor in das jeweilige Leerröhrchen eingeblasen.
Eine Einblasregeleinheit steuert den ausströmenden Luftdruck des Kompressors so, dass die
Fiber-Unit wie auf einem Luftpolster stressfrei in das Röhrchen einfließt. Dabei sind mit
vierfasrigen Fiber-Units Einblaslängen über 1000 Meter, mit zwölffasrigen Fiber-Units immer noch
Längen über 750 Meter realisierbar. Durch Midpoint- oder Kaskadeeinblasen ist auch ein Mehrfaches
dieser Längen erreichbar.

Für Fiber-to-the-Desk-Verkabelungen (FTTD) im Inhouse-Bereich gibt es einseitig
vorkonfektionierte Fiber-Units. Vom Arbeitsplatz in Richtung Etagenverteiler eingeblasen, lassen
sich diese dann in einem Spleißverteiler zusammenfügen. Damit konzentriert sich der zeitaufwändige
Teil der Installation auf einen zentralen Ort. Die Beeinträchtigung der Mitarbeiter in den
Büroräumen ist so auf ein Minimum reduziert.

Vorkonfektionierte Fiber-Units bieten zudem den Vorteil einer hohen und konstanten Qualität der
Steckeroberflächen. Anders als bei einer zeitraubenden und aufwändigen Feldkonfektion vor Ort
werden die Steckerendflächen beim Hersteller unter Laborbedingungen gefertigt und einer strengen
Qualitätsprüfung unterzogen.

Zukunftssicherheit durch Austauschbarkeit

Die Kabelröhrchen nehmen bei Bedarf unterschiedliche Fasertypen auf. Für Zukunftssicherheit soll
im Gegensatz zu gewöhnlichen LWL-Kabeln die Einblastechnik sorgen: So lassen sich beispielsweise
durch einen stufenweisen Ausbau eines Netzes mit jeweils nur der momentan benötigten Anzahl von
Fiber-Units kostengünstige, aber jederzeit erweiterbare Verkabelungen realisieren. Zusätzliche
Fiber-Units können zu einem späteren Zeitpunkt in die bereits mitverlegten Reserveröhrchen nach
Bedarf eingeblasen werden. Dabei ist es möglich, jedes Röhrchen individuell zu bestücken. Sollten
die eingeblasenen Fiber-Units zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr den technischen Anforderungen
genügen, lassen sie sich jederzeit wieder aus dem Röhrchen ziehen und durch neue Fiber-Units mit
anderen optischen Eigenschaften ersetzen.

Dies soll langfristig Kosten sparen, da zur Erneuerung keine aufwändigen Kabelverlegearbeiten
durchzuführen sind. Ebenso brauchen beim Auswechseln der Fasern keine Brandschottungen geöffnet zu
werden. Somit kann der Betreiber auf künftige technische Weiterentwicklungen im Faserbereich – etwa
auf einen späterer Umstieg von Multimode- auf Singlemode-Fasern – ohne aufwändige
Installationsarbeiten reagieren und eine lange Lebensdauer der Kabelanlage sicherstellen.

Kosteneinsparung durch Wiederverwertung

Die Faser-Units werden vom Hersteller nach eigenen Angaben zu 100 Prozent mit einem OTDR auf
Dämpfung und Faserbrüche geprüft und auf Leichtbautrommeln einblasfertig geliefert. Bei zumindest
einseitig vorkonfektionierten Fiber-Units kann so eine aufwändige OTDR-Messung mit Nachlauffaser
nach dem Einblasen entfallen, da das ferne Ende der Fiber-Unit bereits unter Laborbedingungen beim
Hersteller gemessen wurde.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+