Microsoft XML Paper Specification (XPS)

Neue Druckarchitektur von Windows Vista

11. April 2007, 22:00 Uhr | Thorsten Kilian/pf Thorsten Kilian ist Produkt Manager bei SEH Computertechnik.

Mit XPS bietet Windows Vista eine neue Druckarchitektur, die vor allem auf längere Sicht vielfältige Auswirkungen auf das Druckgeschehen haben wird - von den Anwendungen am Bildschirm über Spooling-Mechanismen und Netzwerk bis hin zu künftigen Druckermodellen mit integrierter XPS-Unterstützung. Vielfach wird Microsoft XPS als Konkurrenz zum Adobe-PDF-Format charakterisiert. Dies ist allerdings etwas zu kurz gegriffen.

Unter dem Codenamen "Metro" entwickelte Microsoft eine neue Druckarchitektur, die nun als XPS
(XML Paper Specification) in Windows Vista integriert ist. Nach Microsofts eigener Aussage ist XPS
auf langfristige Marktentwicklung und Kundenbedürfnisse hin konzipiert – besonders für den
Farblaser- und Fotodruck, die steigenden Ansprüche an Farbtreue und -genauigkeit sowie die
zunehmend komplexere Grafik- und Farbgestaltung von Druckdokumenten. Für den Anwender soll XPS
bewirken, dass Dokumente jederzeit ihre genaue Formatierung behalten, und zwar unabhängig von der
jeweiligen Anwendung und vom Druckermodell. Auf diese Weise bekommt er seine Druckdateien am
Bildschirm WYSIWIG ("what you see is what you get") präsentiert. Unter Windows Vista fungiert XPS
als Standardformat für die Druckausgabe und soll künftig von Druckern direkt unterstützt
werden.

Was Funktion und Einsatzmöglichkeiten betrifft, lässt sich XPS mit Adobe PDF bei Apple MacOS X
vergleichen. Da XPS auf der Seitenbeschreibungssprache XML (Extensible Markup Language) aufbaut,
nutzt es hier jedoch im Gegensatz zu Adobe PDF einen offenen Standard. Die Druckarchitektur XPS
basiert auf einem neuen XPS-Dateiformat und einem neuen XPS-Druckweg. Somit ist XPS dreierlei:

ein elektronisches Dokumentformat,

ein Spooling-Format sowie

eine Seitenbeschreibungssprache (Page Description Language – PDL), die auf XML
basiert. Damit die Dateigrößen im Rahmen bleiben, verwendet XPS die "Open Packaging Conventions":
Dabei werden XPS-Dateien als Zip-Archiv gespeichert, das am Ende sogar kleiner ist als eine
entsprechende Binärdatei.

XPS-Formatierung und -Druckweg

Mittels dieser Komponenten kann XPS ein reines Textdateiformat (zum Beispiel RTF), ein
Grafikformat wie WMF (Windows Metafile), sowie eine Seitenbeschreibungssprache (zum Beispiel PCL
oder Postscript) ersetzen. Als Folge verändert sich über den gesamten XPS-Druckweg von der
Auslösung des Druckauftrags im XPS-Format in einer Anwendung bis zur abschließenden Verarbeitung im
XPS-fähigen Druckertreiber das XPS-Format nicht mehr. Auf diese Weise können Anwender ihre
Druckdateien WYSIWIG betrachten. Insgesamt soll XPS laut Microsoft die Prozesse zur Erstellung,
Verteilung und visuellen Präsentation, zum Drucken und Archivieren von digitalen Dokumenten
erleichtern. Dies könnte sich eventuell positiv auf die Druckkosten eines Unternehmens auswirken,
wenn es sich um teure Farb- oder Fotodrucke handelt: Wenn Anwender nicht mehr über einen
Kontrollausdruck sicherstellen müssen, dass die Bildschirmansicht eines Druckdokuments auch dem
tatsächlichen Ausdruck entspricht, könnte die WYSIWIG-Ansicht von Druckdateien auf Monitoren und
Displays zu weniger Farbausdrucken führen.

Mit XPS stellt Microsoft einen völlig neuen Druckweg bereit, der sich von dem herkömmlichen über
Enhanced Metafile (EMF) erheblich unterscheidet (zum Beispiel Rendering-Verfahren). Für Drucker und
Multifunktionsgeräte wird es neue "XPSDrv"-Treiber geben. Darüber können Anwender aus Windows Vista
heraus direkt auf Druckern ausgeben, die XPS unterstützen. Der reine XPS-Druckweg wird in der Regel
von Anwendungen ausgelöst, die auf der neuen Vista-Präsentations-API (Programmierschnittstelle) "
Windows Presentation Foundation" (WPF) basieren. Für ältere Win32-Anwendungen, die über den
herkömmlichen EMF-basierenden Weg drucken, ändert sich nichts.

Microsoft bezeichnet letzteren Druckweg etwas irreführend als "GDI-Druckweg". Daher sei an
dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich nicht um die Thematik der so genannten GDI-Drucker
handelt (das heißt, meist preiswerte Drucker, die Daten direkt vom "Graphic Device Interface" – GDI
– übernehmen und deswegen im Prinzip auch nur unter Windows einsetzbar sind), sondern um den
EMF-basierenden Druckweg. Dieser benötigt den XPSDrv-Treiber nicht zwingend. Zudem verfügt Windows
Vista auch über die GDI-basierenden Treiber der Version 3, die für den Druckweg unter Windows XP
zum Einsatz kommen. Windows Vista ermöglicht nämlich die automatische Konvertierung zwischen den
verschiedenen Anwendungs- und Druckertreibertypen.

WPF- und Win32-Anwendungen können sowohl auf Drucker und Multifunktionsgeräte mit als auch ohne
XPS-Unterstützung ausgeben. Der volle Funktionsumfang und die meisten Vorteile von XPS (zum
Beispiel verbessertes Farbmanagement, effizienteres Spoolen) stehen jedoch nur dem reinen
XPS-Druckweg zur Verfügung. Zusammenfassend lässt sich in puncto Druckertreiberkompatiblität
festhalten:

Bisher im Einsatz befindliche Netzwerkdrucker lassen sich unter Vista ohne
speziellen Treiber weiterverwenden – allerdings unter Verzicht auf die Vorteile, die der
XPS-Druckweg bietet.

Sofern Druckerhersteller passende XPS-Treiber zur Verfügung stellen oder diese
im Lieferumfang von Vista enthalten sind, können die Anwender die Vorteile von XPS bei bereits
eingesetzten beziehungsweise künftigen Druckern nutzen.

Microsoft geht davon aus, dass in Zukunft neue Druckermodelle den
XPSDrv-Treiber direkt im Gerät unterstützen.

Zusätzlich zum XPS-Druckweg bietet Windows Vista verbesserte Farbmanagementoptionen und erlaubt
nun die Darstellung von Transparenzen, Verläufen, Vektorgrafiken und exakten Farbdefinitionen.
Aufgrund der erweiterten Farbunterstützung ermöglicht XPS auch den Farbdruck mit mehr als vier
Farben – eine wichtige Voraussetzung für Prepress-Anwendungen. Das "Windows Color System" mit
verbessertem Farbmanagement sorgt für Farbtreue über verschiedene Softwareanwendungen, Monitore und
Displays hinweg. Die Farbinformationen sind im XPS-Dokument enthalten und werden über dieses
transportiert. Die erweiterten Farbmanagement- und Farbdruckoptionen stehen jedoch nur mit Windows
Vista zur Verfügung und sind lediglich in sehr eingeschränktem Maß auch bei Windows XP und Windows
2003 verfügbar.

Neues Rendering-Verfahren

Der reine XPS-Druckweg nutzt XPS als natives Spooling-Format. Dadurch ist es überflüssig, vor
dem Spoolen eines Druckjobs eine Übergangsdatei – zum Beispiel im EMF-Format – zu generieren. Eine
EMF-Datei repräsentiert nicht das letztendliche Ausgabeformat eines Dokuments, sondern eine Serie
von steuernden Rendering-Befehlen. Bei einer Datei im XPS-Format hingegen liegen alle
Druckinformationen bereits vor und lassen sich von XPSDrv-Treibern direkt verarbeiten. Die
Konvertierungen, die beim GDI-Druckweg über EMF-Dateien zum Beispiel für Farben notwendig sind,
entfallen. Microsoft geht davon aus, dass dies für mehr Farbtreue sorgt und insgesamt den
Spooling-Prozess verschlankt, wobei aufgrund der kleineren Spool-Dateien auch der Netzwerkverkehr
entlastet wird.

Microsoft wird die Unterstützung der XPSDrv-Infrastruktur für Windows Server 2003 und Windows XP
über die Microsoft-WinFX-Runtime-Komponente 3.0 ermöglichen. Dies erlaubt dann zum Beispiel das
Drucken über XPS in Point-and-Print-Szenarien. Auch für ältere Programmversionen wird es Lösungen
zur XPS-Unterstützung geben. Der modulare Aufbau der XPS-Architektur erlaubt zudem den Blick nach
vorn: Hardware- und Softwareanbieter können auf dieser Basis Erweiterungen künftig einfacher in
ihre eigenen Lösungen und Produkte einbinden.

Adobe PDF versus Windows XPS

Mit XPS bietet Windows Vista eine Funktionalität, die direkt mit dem kostenpflichtigen Adobe
Acrobat konkurriert, mit dem sich Dokumente im PDF-Format erstellen lassen. In der Tat weisen beide
Formate große Ähnlichkeiten auf: In beiden Fällen handelt es sich um die Verbindung von
Drucktechnologie und Dokumentenstandard. Sowohl PDF als auch XPS erlauben WYSIWYG-Ansicht, die
digitale Signatur von Dokumenten, die Zuweisung von Berechtigungen, etc.

Doch auch die Unterschiede sind teilweise erheblich. XPS ist sehr eng mit der Windows-Plattform
verflochten, sodass Bildschirmdarstellung und Druck letztendlich auf der gleichen Technologie
basieren. Daraus ergeben sich einige Vorteile, zum Beispiel der einfache und schnelle Austausch von
Informationen zwischen XPS-Dokumenten und Datenbanken oder das automatische Ersetzen von Grafiken
oder Bilddateien in einer großen Anzahl von Geschäftsdokumenten über Skripts. In dieser Hinsicht
dürfte XPS gegenüber Adobe PDF eine Nasenlänge voraus sein, muss sich in der Praxis aber erst noch
bewähren.

Andererseits ist Adobe PDF als Quasistandard sehr gut etabliert und findet auf zirka 90 Prozent
aller PCs Verwendung. Die Qualität der grafischen Darstellung im PDF-Format gilt als hervorragend,
und für IT-Verantwortliche, die sich ungern auf Windows festlegen lassen wollen, bietet die
Plattformunabhängigkeit von Adobe PDF weiterhin eine Alternative. Daher gehen einige Experten davon
aus, dass beide Spezifikationen vorerst nebeneinander bestehen und damit diesen Markt beleben
werden. Immerhin hat Microsoft für Office 2007 zum ersten Mal auch eine PDF-Unterstützung
vorgesehen – bislang gab es noch kein Microsoft-System, das PDF verarbeiten konnte. Mit der Version
8 der Adobe-Software wird sich zeigen, wie die Reaktion von Adobe auf XPS aussieht.


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