Die CeBIT dieses Jahr war bisher der Höhepunkt der Green-IT-Welle. Viele Hersteller setzten voll auf die grüne Karte, um Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb zu veranschaulichen, verspricht doch der Hype einen Austausch alter Infrastrukturen und erhöhten Absatz. Konsequente Umsetzungen hingegen überlässt man zumeist noch den Early Adopters. So weiß zum Beispiel nur jeder zehnte IT-Verantwortliche um seine Energiebilanz.
Die Hauptmotivation für den Umstieg auf ressourcenschonendere IT ist keine moralische, sondern
besitzt einen eher monetären Hintergrund. Denn grüne Unternehmer haben erkannt: Umweltschutz kann
bare Münze sein, gepaart mit einer nicht zu unterschätzenden Imageaufwertung. Dabei folgen sie nur
dem gleichen alten Prinzip wie zu Zeiten der Industrialisierung: dem der Effizienz. Verführerische
Aussichten auf höhere Wertschöpfung verleiten leicht zu Schnellschüssen. Die Folgen sind dann "
grüne" Strategien ohne Nachhaltigkeit oder das Fehlen jeglicher Strategie – mit dem Effekt, dass
Investitionen verpuffen und die erhoffte verbesserte Wertschöpfung ausbleibt. "Grüne IT" bedeutet
Neuinvestitionen, und energiesparendere Lösungen fallen im Moment meist teurer aus als
konventionelle.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich Unternehmen in einem gewissen Zustand der Unsicherheit
befinden: Die EU berät in Gremien über die Umsetzung der Klimaschutzziele mithilfe von Standards,
bisher aber ohne konkrete Ergebnisse und weiterhin mit offenem Ausgang. Hinzu kommt, dass mancher
Unternehmer und ökobewusste Mitarbeiter zwar die Notwendigkeiten zu einem grünen Schritt verstanden
hat; ein echter Vorteil für verantwortliche IT-Mitarbeiter wird jedoch nicht vermittelt oder ist
schlicht nicht vorhanden. IT-Verantwortliche setzen deshalb meist den umweltschädlichen Weg fort,
um ihr Budget zu schonen, denn realisierte Energieeinsparungen fließen nicht an die IT zurück.
Die Vorbehalte und die daraus folgenden konservativen Handlungen sind zwar nachvollziehbar,
jedoch Zeichen falscher Herangehensweise. Dies gefährdet ein nachhaltiges Handeln und verhindert
außerdem die Chance auf einen dynamischen und kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Die Lösung
liegt in der kostenneutralen Wandlung, also darin, mit eingesparten Mitteln weitere Schritte zu
finanzieren. Die Motivation der Beteiligten besteht schließlich darin, auf die eine oder andere Art
und Weise von ihrem grünen Verhalten zu profitieren.
Dazu muss ein Unternehmer zunächst die Frage in den Raum stellen, was sich die beteiligten
Parteien von einer Wandlung hin zu einer grünen IT erhoffen und erwarten. Der Vorteil dieses
Vorgehens liegt darin, dass alle Gruppen von Anfang an eingebunden sind und man sich bei den
Planungen nicht zu sehr in den angebotenen technischen Lösungen verliert, sondern die eigenen Ziele
Orientierungspunkt bleiben. Möglich ist viel in den Produktblättern der Hersteller – die Frage aber
muss lauten: Was ist notwendig? Um Nachhaltigkeit zu erreichen, sollte das Grundprinzip immer
enthalten sein: einen Teil der erwirtschafteten Einsparungen in das IT-Budget zurückfließen zu
lassen, um höhere Ausgaben, resultierend aus teureren grünen Komponenten, zu neutralisieren und die
Motivation aufrecht zu halten.
Alles Bisherige einfach über Bord zu werfen, wäre erstens nicht realistisch und zweitens unter
dem Aspekt eines ausgenutzten Produktlebenszyklus auch nicht besonders umweltschonend. Zunächst
gilt es, die vorhandenen und offensichtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Das geht oft auch ohne
neue Investitionen.
Unternehmen haben Millionen Euros in die Hardware der Serverlandschaften investiert – mit dem
Resultat, dass die Klimatisierung mittlerweile einen sehr großen Kostenfaktor darstellt. Ein Grund
dafür ist oft die unüberlegte Aufstellung der Server und die nicht beachtete Verteilung der Kalt-
und Warmzonen. Dies führt zu einer unnötigen Belastung der Lüfter: Die Server-Racks sollen sich
ruhig einen Zug holen und haben gerne ein kühles Lüftchen im Gesicht – am besten, wenn sie Rücken
an Rücken stehen, sodass die warme Abluft an der Decke der Rückseite aufgefangen und abgeführt
werden kann. Eine simple Blende zum Beispiel an den Seiten eines Racks kann hier die Vermischung
von kalter und warmer Luft verhindern. Auch der Doppelboden im RZ kann der Kühlung die Luft nehmen:
Schlecht geführte Kabelstränge und Leitungen behindern oder unterbrechen den Luftzug.
Die Behebung solcher Fehler ist Fallobst, das sich ohne große Investitionen einsammeln lässt.
Kein Fallobst hingegen ist das Thema Serverauslastung – gerade vor dem Hintergrund, dass sich diese
in der Regel zwischen zehn und 15 Prozent bewegt und der Wirkungsgrad somit auf Glühbirnenniveau
liegt.
Zum einen liegt dies daran, dass die Geräte für den Verwendungszweck überdimensioniert sind.
Dies gleicht der Unvernunft, mit einem 500-PS-Boliden zum Einkaufen zu fahren. Zum anderen sind die
meisten Rechenzentren unnötigerweise auf Volllast ausgelegt, um befürchtete Spitzen bewältigen zu
können. Ein umfassendes und übergreifendes Managementsystem, das Serverleistung, Stromverbrauch und
Kühlung einbindet, vorhandene Ressourcen ausbalanciert und Redundanzen beseitigt, steht bei
Lösungsanbietern deshalb ganz oben auf der To-do-Liste.
Ein großer Schritt zu einer besseren Auslastung ist die Virtualisierung. Sie steigert die
Auslastung je nach Studie und abhängig von der Anwendung auf zirka 60 Prozent. Dies ist eine so
dramatische Steigerung, dass der Umweltaspekt als Beiwerk erscheint und man sich fragt, wieso
mancher noch zögert.
Eine der größten Einsparungsmöglichkeiten steckt in Verhaltensänderungen der Anwender: Könnten
sich diese dazu überwinden, am Ende eines Arbeitstags den PC und dessen Peripheriegeräte
auszuschalten, wären in manchen Unternehmen erhebliche Einsparungen möglich. Die wenigsten
Endanwender wissen, dass die schönen, aber sinnfreien Bildschirmschoner die Grafikkarte und in der
Folge die Lüfter zu stromfressenden Höchstleistungen antreiben. Aber Belehrungen zeigen meist wenig
Erfolg, und wenn sich die Lage beruhigt hat, tauchen die simulierten Aquarien und grellen Fraktale
häufig nachts auf den Monitoren wieder auf.
Ein zentralisiertes Power-Management bietet an dieser Stelle große Möglichkeiten für
Einsparungen. Dies setzt aber den Einbezug des Anwenderverhaltens und die Flexibilität der
angewendeten Lösung voraus. So müssen Anwender zum Beispiel vor dem Herunterfahren eines Systems
gewarnt werden und die Möglichkeit haben, dies zu verhindern. Einige Anbieter haben Lösungen
entwickelt, die solche Faktoren beachten (Bild 1 und 2). Diese gehen so weit, dass während des
Betriebs bestimmter Anwendungen ein erzwungenes Herunterfahren ausgesetzt wird. Praktisch an
solchen Lösungen ist, dass eine zentrale Reporting-Funktion dem Administrator einen sofortigen
Überblick liefert und ihn über die erreichten Einsparungen informiert.
Natürlich ist es nützlich, wenn Netzteile weniger Strom verbrauchen als bisher und somit zu
einer dauerhaften Einsparung beitragen. Viel wichtiger ist jedoch, dass sich Unternehmen die Frage
stellen, ob Fat Clients im Alltag überhaupt vonnöten sind oder man bei Neuanschaffungen nicht auch
auf servergestützte Thin Clients (TCs) oder Ultra Thin Clients zurückgreifen kann.
Dies kann eine echte Alternative sein, da Anwendungen wie CRM und E-Mail in der Regel schon
serverbasiert sind. Der positive Effekt für die Umwelt ist, dass TC-Systeme mit einem erheblich
langsameren und weitaus stromsparenderen Prozessor zurechtkommen. TCs sind mit Flash-Speicher
ausgerüstet, der die traditionellen Laufwerke ablöst und zu Stromeinsparungen beiträgt.
Aber Vorsicht: Bei einer Umstellung auf diese Architektur ist zu beachten, dass rechenintensive
Schritte wie bei Grafikanwendungen sich nicht einfach in Luft auflösen, sondern auf die Server
übertragen werden müssten. Eine verlangsamte Grafikdarstellung würde dann kreative Anwender bei
ihren Schöpfungsprozessen in die Realität zurückholen. Auch freiwillige Überstunden von zu Hause
oder unterwegs können unter zu langen Zugriffszeiten auf die Server leiden.
Schließlich bietet auch die Datenhaltung gute und einfache Ansatzpunkte, um mit einer positiven
Strombilanz voranzukommen: Schon eine Kategorisierung von Daten in kurz-, mittel- und langfristige
vorzuhaltende Bestände mit entsprechender Speicherung verringert den Bedarf an stromintensiven
Festplatten erheblich. So kann die Unmenge alter und nicht ständig benötigter Geschäftsdaten auf
energiesparenden Bändern ruhen. Der fundamentalste Spartipp zum Thema Backup ist so banal wie
effektiv: Unternehmen sollten keine Daten speichern, die sie nicht benötigen.