Glasfaserausbau in Deutschland

„Open Access ist die smarte Antwort auf den Doppelausbau“

17. Januar 2024, 13:18 Uhr | Interview: Lars Bube / Redaktion: Diana Künstler
Süleyman Karaman ist seit drei Jahren Geschäftsleiter Geschäftskunden (B2B) bei Deutsche Glasfaser. Zuvor war er unter anderem als Managing Director (Geschäftsführer) für Colt Technology Services und als Vice President bei Siemens tätig.
© Deutsche Glasfaser

Auf etwaige Hürden beim Netzausbau angesprochen, ist Süleyman Karaman von Deutsche Glasfaser überzeugt: „Unser Problem ist oft die Bürokratie.“ Wie sich darüber hinaus die schwierige Konjunkturlage auf die Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen und Ausbau auswirkt, erläutert er im Interview.

connect professional: Wie gut kommt Deutsche Glasfaser voran, die ambitionierten Ziele zu erreichen?

Süleyman Karaman: Deutsche Glasfaser hat bereits über zwei Millionen Glasfaser-Anschlüsse realisiert und damit dieses Jahr einen Meilenstein erreicht. Langfristig wollen wir sechs Millionen Anschlüsse bauen, um vor allem im ländlichen und suburbanen Raum ein Fundament für Lebensqualität und digitale Teilhabe in unserer Gesellschaft zu legen.

connect professional: Wie wichtig sind für die Unternehmenskunden zusätzliche Services und Angebote wie das Sicherheitspaket der DG oder die Option einer Cloud-Telefonanlage?

Karaman: Unser Hauptfokus liegt zwar auf dem Ausbau von Glasfaser-Anschlüssen, aber wir versuchen darüber hinaus, unsere Kunden mit noch weiteren Services und Dienstleistungen zu versorgen. Da Cyberangriffe in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben, bieten wir unseren Kunden das DG Sicherheitspaket. Diese nehmen das gerne an. Es eignet sich besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, die sich keine teure IT-Abteilung samt vieler Sicherheitstools leisten können oder wollen. Auch die DG Cloud Telefonanlage ist für viele Kunden praktisch, weil sie leicht administrierbar ist und keine Hardware mehr benötigt wird. Das spart Platz und Kosten. Außerdem kann die Cloud-Telefonie im Zuge der Einführung von mobilem Arbeiten gut genutzt werden, weil alle Mitarbeiter immer über die gleiche Rufnummer und von überall aus erreichbar sind.

connect professional: Wo sehen Sie Deutschland aktuell beim Glasfaserausbau im europäischen Vergleich?

Karaman: Hier möchte ich auf die Ergebnisse der aktuellen Marktanalyse des Bundesverbandes Breitbandkommunikation1 e. V. (Breko) verweisen: Deutschland ist mit einer Glasfaser-Abdeckung von 35,6 Prozent (Stand 30. Juni 2023) mittlerweile auf einem guten Weg im europäischen Vergleich. Positiv ist zu bewerten, dass die Ausbaugeschwindigkeit in Deutschland im Vergleich zum Rest der Europäischen Union zugenommen hat. In der Bundesrepublik haben wir einen Ausbau von ungefähr 25 Prozent in den vergangenen sieben Jahren, von 2,9 auf insgesamt 17,3 Millionen Haushalte. Im Rest der EU und in Großbritannien sind es dagegen nur knapp 17,5 Prozent. Der Ausbau der Netzinfrastruktur spielt eine zentrale Rolle. Es ist wichtig, dass Deutschland schnell vorankommt, denn beim digitalen Ausbau geht es um Wirtschaftskraft, Lebensqualität und Wohlstand. Mehr als 50 Prozent der mittelständischen Unternehmen sind im ländlichen Raum angesiedelt. Laut Digitalisierungsindex verfügen aber beispielsweise nur 28 Prozent der mittelständischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes über eine vollständig vernetzte Produktion. Neben den Investitionskosten ist eine unzureichende digitale Infrastruktur nach wie vor eines der größten Hemmnisse für die Digitalisierung der Produktion.

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„An Glasfaser führt kein Weg vorbei, es ist eine zukunftssichere Technologie. Das Kupferzeitalter ist zu Ende, denn über Vectoring können die hohen Zuwachsraten bei den Bandbreiten schon heute vielerorts nicht mehr zufriedenstellend bedient werden.“

connect professional: Wirkt sich die schwierige Konjunkturlage negativ auf die Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen und den Netzausbau aus? Gibt es hier nennenswerte Unterschiede zwischen dem privaten und gewerblichen Sektor?

Karaman: An Glasfaser führt kein Weg vorbei, es ist eine zukunftssichere Technologie. Das Kupferzeitalter ist zu Ende, denn über Vectoring können die hohen Zuwachsraten bei den Bandbreiten schon heute vielerorts nicht mehr zufriedenstellend bedient werden. Selbst bei Koaxialkabeln ist die tatsächliche Bandbreite zu Peak-Zeiten deutlich niedriger als die versprochene Leistung. Dies liegt daran, dass das Kabel ein Shared-Medium ist und sich alle Kunden an einem Cluster die verfügbare Bandbreite teilen müssen.

Ein Vorteil von Glasfaser ist, dass ihr äußere Einflüsse wie Frost, Feuchtigkeit oder Blitzschläge auch bei einer geringeren Verlegetiefe nichts anhaben, weil Glasfaser Lichtsignale und eben keine elektrischen Signale überträgt. Zudem minimieren moderne Verlegemethoden den Bodenaushub und die Belastung für Mensch und Natur und sind dadurch ressourcenschonender als konventionelle Verfahren. Im gewerblichen Sektor ist der unmittelbare Bedarf nach Glasfaser aufgrund der höheren Datenmengen sogar noch größer als im privaten Sektor. Geschäftskunden brauchen stabile Bandbreite.

connect professional: In welchen geographischen Regionen sehen Sie hierzulande den größten Ausbaubedarf? Löst sich das starke Gefälle zwischen Stadt und Land allmählich auf und welchen Einfluss haben dabei eventuell die neuen dezentralen Arbeitsrealitäten?

Karaman: Das ist eine gute Frage, betrifft sie doch unser Kerngeschäft. Wir sehen uns als digitalen Versorger für den ländlichen und suburbanen Raum. Demnach liegt eines unserer Hauptaugenmerke auf dem ländlichen Raum. Diesen schnell und aktiv auszubauen, ist uns wichtig. Glasfaser-Leitungen sind weniger störanfällig als DSL auf Basis von Kupferkabeln und können hohe Datenraten im Down- und Upload stabil und hochverfügbar sicherstellen. Gerade der Upload ist heutzutage eine maßgebende Kennzahl für die Leistungsfähigkeit eines Netzwerkanschlusses im Unternehmensumfeld. Beschäftigte wollen keine Filme streamen, sondern nutzen bidirektionale Dienste wie Video-Telefonie oder Cloud-Services, für die kontinuierlich hohe Down- und Upload-Raten benötigt werden. So ist effektives Arbeiten aus dem Homeoffice möglich und auch mehr Menschen im ländlichen Raum können das nutzen.

connect professional: An welchen Stellen gibt es noch Flaschenhälse, die den Ausbau verlangsamen? Braucht es zu deren Beseitigung vor allem weitere finanzielle Mittel, oder sehen Sie von der Planung und Genehmigung bis hin zur Finanzierung und Ausführung eher andere Ansatzpunkte für Politik und Wirtschaft, um die vorhandenen Töpfe überhaupt ausschöpfen und den Ausbau signifikant beschleunigen zu können?

Karaman: Sie haben schon den richtigen Punkt angesprochen: Unser Problem ist oft die Bürokratie. Die Bundesregierung muss diese deutlich abbauen. Wenn wir Anträge stellen, müssen wir teilweise mit bis zu 20 verschiedenen Behörden zusammenarbeiten, vom Straßenbau über den Naturschutz bis hin zum Denkmalschutz. Und das alles noch auf Papier. Zudem verteuern und verlangsamen die derzeit im Markt verfügbaren Fördergelder den Ausbau massiv, da sie die falschen Anreize setzen. Der Markt kann die zur Verfügung stehenden Fördermittel vor dem Hintergrund der knappen Baukapazitäten gar nicht verarbeiten. Der eigenwirtschaftliche Ausbau wird dadurch unnötig und übermäßig unter Druck gesetzt und die Steuerzahler damit perspektivisch über Gebühr belastet. Wenn wir den Glasfaser-Ausbau in Deutschland weiter vorantreiben, können wir auch im internationalen Wettbewerb deutlich besser mithalten und unsere Position als Industrienation sichern. Für viele Unternehmen kann Deutschland so als Standort attraktiv bleiben, weil alle Internetdienste vollständig und unterbrechungsfrei nutzbar sind. Auch für Fachkräfte aus dem Ausland wäre dies sicherlich ein zusätzlicher Anreiz, in Deutschland zu arbeiten.

connect professional: Während in einigen Gebieten mehrere Anbieter konkurrieren und eigene Netze aufbauen, bleiben andere Anschlussgebiete weiter außen vor. Welche Möglichkeiten sehen Sie, hier sinnvoll gegenzusteuern, zum Beispiel mit Open Access?

Karaman: Wir bauen ein offenes Netz, das wir allen Anbietern auf Basis diskriminierungsfreier vertraglicher Regelungen zur Verfügung stellen. So wird unser mehrfach prämiertes Netz stärker ausgelastet und dessen Wirtschaftlichkeit erhöht. Mit Open Access fördern wir den fairen Wettbewerb und bieten Kunden echte Wahlfreiheit zwischen starken Angeboten und Leistungen. Unsere Wholesale-Partnerschaft mit Vodafone ist in der Branche richtungsweisend. Und unsere neue Kooperation mit NetCologne zeigt: Wir meinen es ernst mit Open Access. Weitere Kooperationen werden folgen. Auf regionaler Ebene haben wir bereits heute zahlreiche Partnerschaften.

„Open Access ist die smarte Antwort auf den Doppelausbau. Wenn das alle Beteiligten so sehen würden, wären wir in Deutschland um einige entscheidende Schritte weiter. Wir machen den parallelen Aus- und Überbau reiner Glasfasernetze überflüssig.“

connect professional: Wieso sollte überhaupt ein Netz mit FTTH bis in die entferntesten Winkel aufgebaut werden? Reichen in Randgebieten nicht auch die vorhandenen Optionen auf Basis von Kupferleitungen und 5G?

Karaman: Das sind unterschiedliche Inhalte, die hier genannt werden. Zunächst einmal wird derzeit der Glasfaser-Ausbau aktiv von der Bundesregierung forciert. Wenn also in bestimmten Gebieten jetzt nicht ausgebaut wird, könnte das später teuer werden, vor allem für die Menschen, die dort leben. Zudem ist der Bedarf an leistungsfähigem und schnellem Netz weiter steigend. Eine Kupferleitung kann das nicht erfüllen. Nur Glasfaser bietet völlige Bandbreitenfreiheit. Als Fiber to the Home (FTTH) bis ins Gebäude gelegt ist sie für alle aktuellen und künftigen Bandbreitenanforderungen geeignet. Als optisches Übertragungsmedium ist Glasfaser dämpfungsunempfindlicher und resistent gegenüber elektromagnetischen Einflüssen. Glasfaser-Kabel bieten daher mehr Bandbreitenreserven als jedes andere Medium und ermöglichen deutlich höhere Entfernungen zwischen den Knotenpunkten eines Netzwerks. Auch der Auf- und Ausbau von 5G-Netzen wird die Bandbreitenprobleme in den ländlichen Regionen nicht lösen. Um die hohen Datenraten des Mobilfunkstandards realisieren zu können, muss die Infrastruktur der Mobilfunknetze ebenfalls entsprechend ausgebaut werden. Dies lässt sich zukunftsfähig nur mit Glasfaser umsetzen.

Zweitens ist die Netzinfrastruktur in Zeiten der Digitalisierung zu einem zentralen Standortfaktor geworden. Unternehmen können digitale Technologien nutzen, das sichert die Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze. Für viele Menschen eröffnet ein Glasfaser-Anschluss mit hoher Bandbreite die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Schließlich können Kommunen und die Verwaltung die Vorteile der Digitalisierung für ihre Prozesse nutzen, was sich ebenfalls positiv auf die Menschen und die Wirtschaft auswirkt.

1 https://www.brekoverband.de/aktuelles/news/pressemitteilungen/glasfaserausbau-trotz-zahlreicher-herausforderungen-weiter-auf-kurs-glasfaser-bundesweit-fuer-mehr-als-ein-drittel-der/


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