Ringen um den Highspeed-Mobilfunk

Showdown zwischen Wimax und LTE hat begonnen

1. März 2009, 23:58 Uhr |

Im Kampf um die Vormachtstellung beim zukünftigen Mobilfunknetz werden die letzten Runden eingeläutet. Prognose: Wimax verliert in den Industriestaaten, hat aber gute Chancen in den Schwellenländern (Emerging Markets). LTE kommt ein wenig spät - dann aber kräftig.

Intel meint, dass Ende nächsten Jahres bereits weltweit 800 Millionen Personen Zugang zu einem
Wimax-Netz haben werden. Die Betonung liegt dabei auf "weltweit", denn Wimax ist überwiegend in den
Entwicklungs- und Schwellenländern erfolgreich.

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"Die jetzt neu zugeteilten Frequenzen in Brasilien und Indien werden der Wimax-Ausbreitung einen
beachtlichen Schub verleihen", so Intels Marketing-Chef Sean Maloney. Damit bestätigt er indirekt,
dass das erwartete Wachstum in den Industrieländern nicht mehr besonders erwähnenswert ist.

In den USA zeichnet sich bereits ein Milliardendesaster für Wimax ab. Über eine Milliarde Dollar
hat Intel soeben an seiner Beteiligung bei Clearwire abgeschrieben. Dies ist das Unternehmen, in
dem sich eine Handvoll Wimax-Befürworter zusammengefunden haben, unter anderem auch Sprint, Google
und Time Warner. Zwei Netze betreibt Clearwire: eines in Baltimore und eines in Portland,
Oregon.

Über die Zahl der Kunden schweigt sich das Unternehmen aus, doch dürfte die Zahl weiter hinter
dem herhinken, was man sich 2005 vorgenommen hatte. Damals hieß es, dass bis Ende 2008 "über 100
Millionen Amerikaner mittels Wimax erreichbar sein werden".

Bekannter sind dagegen die inzwischen dramatisch angestiegenen Kosten. Der Mobilfunk-Provider
Sprint hatte einst verkündet, dass man ein landesweites Netz für nur drei Milliarden Dollar
aufbauen könne. Doch wenn man die bislang in Baltimore und Portland angefallenen Kosten
hochrechnet, ergibt sich ein voraussichtlicher Gesamtbetrag von rund zehn Milliarden Dollar. Es ist
kaum vorstellbar, dass Clearwire in der gegenwärtigen Wirtschaftslage diesen Betrag bei seinen
Investoren noch locker machen kann.

In Westeuropa ist die Wimax-Situation noch desolater. Zwar gibt es hier bislang keine
milliardenschweren Verluste, da von vornherein klar war, dass Wimax gegen UMTS nur wenige Chancen
hat. Folglich beschränkten sich die hiesigen Anstrengungen mehr auf ähnliche Anwendungen, wie sie
Intel jetzt im Auge hat: Die Breitbandversorgung von ländlichen Regionen.

Doch auch das ist in Europa schwierig, da hier die für Wimax verfügbaren Frequenzen nicht so
stabil und breitbandig sind, wie die in USA, Russland, Japan, und jetzt auch in Brasilien und
Indien. "Der Erfolg von HSPA und die fehlenden Frequenzen haben in Westeuropa die Wimax-Türen
zugeschlagen", sagt Mike Roberts, Analyst bei Informa Telecoms.

Der deutsche TK-Anbieter Televersa soll bereits seine Wimax-Frequenzen wieder an die
Bundesnetzagentur zurückgegeben haben, da sich hier keine sichere Flächendeckung erreichen lässt.
Televersa hatte bereits über 100 Wimax-Basistationen in Niederbayern und in der Oberpfalz
aufgebaut, doch immer wieder gab es Berichte über Verbindungsabbrüche und Totalausfälle.

Ähnliche Hiobsbotschaften kommen auch aus Australien, wo der dortige Provider Buzz Broadband
ebenfalls seine Wimax-Netze wieder komplett abgeschaltet hat.

Die Marktforscher von In-Stat sehen bereits einen Umsatzrückgang bei den Netz- und
Geräteanbietern. "Immer mehr Infrastrukturanbieter ziehen sich von Wimax zurück", sagt
In-Stat-Analyst Daryl Schoolar. Hierzu gehört auch der unter Gläubigerschutz operierende
Netzwerkausstatter Nortel, der sich komplett aus dem Wimax-Geschäft verabschiedet hat und
stattdessen auf die konkurrierende Mobilfunktechnik LTE (Long-Term Evolution) setzt. Diese Technik
schickt sich an, Wimax obsolet zu machen, noch bevor sie in den Industrieländern auf breiter Front
zum Einsatz kommt.

Amerikas größter Mobilfunk-Provider Verizon Wireless arbeitet schon seit geraumer Zeit mit
Nachdruck am Aufbau eines LTE-Netzes. Bereits Ende dieses Jahres soll in zwei US-Städten der
Pilotbetrieb aufgenommen werden, und bis 2011 soll LTE dann in 25 bis 30 Metropolen erhältlich
sein.

Die Bandbreite von LTE wird vermutlich größer sein als die von Wimax. So wurden laut Verizon in
reinen Testumgebungen Geschwindigkeiten von 80 MBit/s erreicht, doch die endgültigen
Durchschnittswerte werden erheblich darunter liegen, da mehrere Kanäle gleichzeitig darüber
übertragen werden müssen. Verizons LTE-Chef Dirk Lynch hofft jedoch, dass die Endanwenderrate
deutlich über 2 bis 4 MBit/s liegt; dies ist der Wert, den die Wimax-Netze in Baltimore und
Portland derzeit erzielen.

Der größte Vorteil von Verizons LTE gegenüber Wimax wird aber nicht die Übertragungsrate sein,
sondern das Frequenzband. So wird das amerikanische LTE-Netz die durch das Abschalten des analogen
Fernsehens frei gewordenen Frequenzbänder nutzen. Und bekannterweise sind diese Frequenzen so
niedrig, dass sie auch durch Wände und andere Hindernisse dringen können.

Dirk Lynch sieht deshalb bereits viele neue Anwendungsfelder: "LTE erlaubt erstmals ein
breitbandiges Always Online , beispielsweise speichert eine Digitalkamera das Bild nicht nur auf
die lokale Memory-Karte, sondern zeitgleich beim Hosting-Provider oder auf den PC zu Hause."

Harald Weiss/wg


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