Konzerne leiden viel weniger als mittelständische Unternehmen

Studie zum IT-Fachkräftemangel: Universitäre Ausbildung zu einseitig auf Großunternehmen ausgerichtet

4. Juni 2008, 22:57 Uhr |

Von 100 im Rahmen einer Studie des Netzwerkspezialisten T & A Systeme befragten Branchenexperten sind 72 der Meinung, dass der IT-Fachkräftemangel in Deutschland seine Hauptursache in der Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen hat.

"Oft wird dies mit der angeblich zu theoretischen Ausbildung begründet, die am Berufsalltag
vorbeigeht. Diese Sichtweise ist allerdings zu undifferenziert, zumal so auch der klare Auftrag an
die Bildungsträger lautet. Das Hauptproblem liegt vielmehr darin, dass die Studenten überwiegend
Methoden vermittelt bekommen, die in großen Strukturen Sinn ergeben. Dabei wird vernachlässigt,
dass die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland kleine Strukturen hat", kommentiert Alexander
Zinn, Geschäftsführer bei T & A Systeme. "Dort sind die Aufgaben nicht so spezifisch
abgegrenzt, sondern breiter und verlangen von den Mitarbeitern ein höheres Maß an Flexibilität und
Eindenken in die jeweiligen Kundenstrukturen."

16 Prozent der Befragten sagten aus, das dringlichste Problem in diesem Zusammenhang sei, dass
die Unternehmen zu wenige Praktika anbieten. Dazu Alexander Zinn: "Natürlich stehen die Unternehmen
selbst auch in der Pflicht, durch die Gewährung angemessener Praxiszeiten schon während der
Ausbildung dem Studenten einen Einblick in die Anforderungen, die später auf ihn zukommen, zu
ermöglichen." Gerade aus diesem Grund biete sein Haus eine Reihe von Praktika und
Werkstudentenstellen an und sorge damit dafür, dass Auszubildende praktische Erfahrungen sammeln
können.

Nicht zum Kern des Problems gehört offensichtlich die Annahme, dass die Studenten heutzutage
selbst zu lange nicht wissen, wo sie ihr beruflicher Weg hinführen soll. Nur zwölf Prozent der
Befragten entschied sich für diese Antwortmöglichkeit. "In unserem Branchensegment werden im
Unterschied zu anderen Bereichen die einschlägigen Studiengänge nicht aus Verlegenheit belegt. Ein
junger Mensch, der IT-Architekt werden möchte, weiß sehr früh, auf was er sich einlässt, und
entscheidet sich auch sehr bewusst dafür", so Zinn.

T & A wollte in der Befragung außerdem in Erfahrung bringen, warum es so viele Kandidaten zu
großen und namhaften Unternehmen zieht und sich deshalb insbesondere der deutsche Mittelstand
Sorgen um seinen Nachwuchs machen muss. Für 38 Prozent der Branchenkenner steht dabei die Aussicht
auf ein hohes Gehalt an erster Stelle. Immerhin 22 Prozent sagen aus, dass allein der hohe
Bekanntheitsgrad dieser Unternehmen für den positiven Zuspruch auf Kandidatenseite sorgt. Jeweils
18 Prozent entschieden sich in der Umfrage für die "Aussicht auf eine große Karriere"
beziehungsweise die "gefühlte Sicherheit des Arbeitsplatzes".

"Wir müssen insofern differenzieren", so Zinn. "Die Konzerne haben mit dem Fachkräftemangel
meiner Ansicht nach nicht so viel zu tun. Spürbar wird dieser hauptsächlich auf der mittleren
Ebene. Dabei befinden sich gerade die mittelständischen Unternehmen in einer sehr guten
Ausgangsposition, weil sie Auszubildende und Absolventen viel früher und gezielter in die
praktische Arbeit beim Kunden einbeziehen können. Das müsste wesentlich stärker entsprechend
kommuniziert werden."

Auch das finanzielle Argument hinke etwas, weil überall dort, wo Kundenprojekte
zufriedenstellend abgewickelt werden, auch die Auftragslage stimme und entsprechend gut bezahlt
werde.

Kaum eine Rolle in diesen Überlegungen spielt die Annahme, dass Professoren an den Universitäten
zu einseitig Empfehlungen für die bekannten Großunternehmen aussprechen: Nur vier Prozent
entschieden sahen dies als gegeben an.

Für die Studie wurden im Frühjahr 2008 100 IT-Fachkräfte in persönlichen Gesprächen befragt.

LANline/jos


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