Praxistest HP Compaq 6720t

TC im Notebook-Pelz

4. August 2008, 22:00 Uhr | Thomas Bär/wg

Der Charme eines Thin Clients gegenüber einem Standard-PC liegt darin, dass er sehr sicher und leicht austauschbar ist: Alles für die Arbeit des Anwenders Erforderliche liegt auf einem Server. Mit WLAN-fähigen Thin Clients im Notebook-Format wie Hewlett- Packards Compaq 6720t will die Branche nun auch mobile Anwender erreichen.

Für den Test stellte uns Hewlett-Packard (HP) mit dem Compaq 6720t einen ihrer neuesten Thin Clients (TCs) zur Verfügung. Dem Namen des Systems ist es noch anzuhören - bis 2004 gab es noch den Hersteller Compaq, der durch eine Großfusion in der Computerbranche in HP aufging. Hewlett-Packard hat sein Engagement im TC-Segment 2007 nochmals durch den Aufkauf des TC-Spezialisten Neoware untermauert und sein TC-Portfolio zu einem der breitesten am Markt ausgebaut. Durch diesen Zukauf ist HP heute weltweit die Nummer eins im TC-Markt, beim Absatz in Deutschland hingegen liegt Lokalmatador Igel vorn.

Für das Management der Thin Clients ist HP vor einigen Jahren eine "Premier-Partnerschaft" mit Altiris eingegangen. Deshalb kann der Administrator die TCs aus dem Hause HP sowohl über den HP Systems Insight Manager (SIM) oder HP Openview als auch über den Altiris-Manager ansprechen. Altiris selbst gehört seit April 2007 zu Symantec.

Der Compaq 6720t tritt im Gewand eines Laptops auf: Das aus schwarzem Kunststoff gefertigte Gerät bietet ein entspiegeltes 15,4-Zoll-WXGA-Display mit einer Auflösung von 1280 mal 800 Pixeln. Ein Prozessor des Typs Intel Celeron M 423 mit einer Taktfrequenz von 1,06 GHz treibt ihn an. Der Arbeitsspeicher ist mit 1024 MByte bereits ausreichend dimensioniert und lässt sich bei Bedarf durch den Austausch des DDR2 SD-RAMs auf maximal 2 GByte erweitern. Als Chipsatz kommt ein Intel 945GM Express zum Einsatz, der auch die grafische Ausgabe als Intel Graphics Media Accelerator 950 mit Shared Memory übernimmt. Als Speichermedium für das Betriebssystem Windows XP Embedded (XPe) und die Einstellungen des Systems fungiert ein Flash-Modul mit 1 GByte nativer Kapazität. Per Aktivierung der NTFS-Kompression auf dem 6720t sind noch einige MByte zusätzlich speicherbar.

Zum Anschluss von Peripherie ist der Compaq 6720t wie ein übliches Notebook ausgestattet: drei USB-2.0-Anschlüsse, ein RJ45-10/100-MBit/s-Ethernet-Port, ein analoger VGA-Anschluss für ein externes Display, 3,5-mm-Klinkenbuchsen für Stereokopfhörer beziehungsweise Line-out und ein Stereo-Mikrofonanschluss. Zur Erweiterung verfügt der mobile TC über einen Typ-I/II-PC-Card-Slot für 32-Bit-Cardbus-Karten oder ältere 16-Bit-PCMCIA-Karten. Zudem ist der TC im Laptop-Format mit einem 56k-v.92-Modem ausgestattet. Zur WLAN-Anbindung nutzt das Gerät einen Broadcom-4311BG-Chip mit 802.11a/b/g-Kompatibilität. Den derzeit entstehenden 802.11n-Draft unterstützt das System nicht, was bei einem TC jedoch keinen wirklichen Nachteil darstellt. Da man selbst eine Buchse für das Einrasten eines Kensington Security Locks findet, sind alle Wünsche an das Gehäuse erfüllt.

Der mobile TC ist aus dem gleichen Kunststoff gefertigt wie die anderen HP-Notebooks der günstigeren Preisklasse. Das Touchpad mit separater Scroll-Zone fügt sich beinahe nahtlos ein; es hat die ungünstige Eigenschaft, dass der Wechsel vom eigentlichen Touchpad in die Scroll-Zone mit dem Finger nicht fühlbar ist. Trotz des einfachen Kunststoffs ist die (wenngleich englische, also Querty-)Tastatur unseres Testgeräts sehr angenehm bei der Texterfassung, und auch die Scharniere des Displays machen einen soliden Eindruck. In den BIOS-Grundeinstellungen des Systems kann der Administrator die Spracheinstellung der Tastatur von Englisch (USA) auf Deutsch umstellen. Welche Gerätschaften des Systems der Anwender überhaupt nutzen kann, ist ebenfalls über das BIOS steuerbar.

Die Gewichtseigenschaften sind insgesamt gut, auch mit dem eingesetzten Sechs-Zellen-Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 47 kWh bringt der Compaq 6720t nur rund 2200 Gramm auf die Waage. Im Test erreichte die Akkulaufzeit bei aktiviertem WLAN bei der Erstellung eines Artikels in einer Terminalsitzung und dem Surfen im Internet über den lokal installierten Browser eine Laufzeit von knapp vier Stunden - bei ununterbrochener Nutzung.

Nach der Inbetriebnahme des 6720t haben wir zunächst gemäß der Empfehlung im Handbuch den Akku komplett aufgeladen und einige Grundeinstellungen direkt über das englischsprachige Windows XPe vorgenommen.

Geräuschfreies Arbeiten

Da das lüfterlose Gerät geräuschfrei arbeitet und sich faktisch keine Wärmeentwicklung ausmachen lässt, ist der erste Eindruck sehr gut. Ein Blick in die Netzwerkeigenschaften zeigt, dass sich die Entwickler wahrlich Gedanken gemacht haben - alle Netzwerkprotokolle, vom klassischen TCP/IPv4 bis zur v6, über NWLink und NetBIOS bis hin zu IPX/SPX, sind bereits im Vorfeld installiert und aktiviert. Da der von uns getestete TC über kein optisches Laufwerk verfügt, ersparen diese Vorbereitungen das mitunter mühsame Nachinstallieren von Protokollen über USB-Laufwerke. Gemäß den üblichen Gepflogenheiten einer Windows-Umgebung unserer Tage haben wir alle nicht benötigten Protokolle mit Ausnahme von TCP/IPv4 deaktiviert. Deaktiviert haben wir auch die etablierte IEEE-1394-Verbindung, zumal kein Firewire-Anschluss zu entdecken war.

Einen Neustart später offenbarte sich, dass all diese Änderungen, eigentlich höherer Performance und Sicherheit zugedacht, schlichtweg zurückgesetzt waren. Richtig! Bei dem System handelt es sich schließlich nicht um einen Windows-XP-PC - um Veränderungen an einem TC dauerhaft zu speichern, bedarf es zusätzlicher Schritte. Erst wenn die Funktion "Enhanced Write Filter" (EWF) deaktiviert wird, ist eine dauerhafte Änderung durch den Administrator möglich.

Angenehme Geschwindigkeit

Die Arbeitsgeschwindigkeit des 6720t ist sehr gut, was angesichts der eingangs erwähnten Leistungsdaten nicht verwundert. Von den 921 MByte Arbeitsspeicher, die XPe effektiv zur Verfügung stehen, werden laut Windows Task Manager in der Ruhephase bei etablierter RDP-Verbindung zu einem Terminalserver nur 179 MByte RAM verbraucht. Lediglich beim Wechsel des Startmenüdesigns von "Start Menu" zu "Classic Start Menu" macht sich die geringere Lese-/Schreib-Rate des Flash-Memory-Festplattenersatzes bemerkbar: Anders als bei einem klassischen Windows-PC dauert die Umstellung einige Sekunden.

Die Vorinstallation an Software auf dem 6720t ist ebenfalls vorbildlich: aktuellster Internet Explorer 7, Java-Client, aktuelle Terminalsoftware sowohl für Citrix als auch für RDP-Verbindungen zu Windows-Terminalservern. Als PDF-Software findet sich unter "Accessories" die so genannte "PDF Complete Software", die im Test all das zu erledigen wusste, was sonst dem Acrobat Reader zugesprochen wird. Den integrierten PDF-Drucker konnten wir während der Testphase jedoch nicht dazu motivieren, einen Ausdruck direkt als PDF-Datei zu erzeugen. Selbst eine Intervideo-Win-DVD-Software findet sich im Zubehör des TCs - ohne verbautes DVD-Laufwerk mag diese Installation lediglich als Grundlage für Codecs fungieren.

Speziell für den Einsatz in HP-Umgebungen ist der aktuelle Session Allocation Client 2.1.0 vorinstalliert. Für die Einbindung in eine HP-Openview-Umgebung findet sich der benötigte Client in der Version 5.10 direkt auf dem Desktop des vordefinierten Administratorkontos. Zur Emulation von Telnet-Sitzungen an HP 700-92/96, Wyse, TA 6530, IBM 3151, 3270, 3270E und 5250E liefert der Hersteller die Software Teemtalk mit, die dem einfachen Hyperterminal von Windows XP Professional in vielerlei Hinsicht überlegen ist.

Aus Sicht der IT-Administration ist die effektive und einfache TC-Verwaltung ein Hauptargument für die Nutzung anstelle von traditionellen Fat Clients. Üblicherweise versuchen IT-Verantwortliche, auf dem TC selbst so wenige Einstellungen wie möglich vorzunehmen und den Benutzer ohne viele Zwischenschritte in eine wie auch immer geartete Terminalsitzung zu bringen.

Bereits ab Werk ist eine Client-Installation nebst dazugehöriger Client-Lizenz für die Altiris Deployment Solution auf dem TC aktiv. Für die Teststellung luden wir die Altiris-Software gemäß den Informationen im "Getting-Started"-Handbuch herunter und griffen über die Sieben-Tage-Testversion auf den 6720t zu. Die Installation der Verwaltungssoftware für Fernzugriffe, Software-Updates, Betriebssystemferninstallation und Client-Backups auf einem virtualisierten XP-Professional-System fällt sehr leicht. Benötigte Zusatzkomponenten wie das Microsoft Dotnet Framework 1.1 und Microsoft SQL Server 2000 in der Desktop Edition (MSDE) lud der Installer direkt aus dem Internet nach, und ohne viel Aufhebens ist die komplette Software innerhalb von 15 Minuten einsatzbereit. Dem TC ist lediglich die IP-Adresse des Managementservers mitzuteilen, und einige Augenblicke später findet sich das Testsystem in der Baumstruktur der Geräte wieder.

Die Bildschirmdialoge der Software sind komplett in deutscher Sprache. Alle Bedienungselemente entsprechen den üblichen Gepflogenheiten bei Managementprogrammen: Auf der linken Seite finden sich zwei Baumstrukturen, in der einen Auflistung stehen die Geräte zur Auswahl, in der anderen verfügbaren Befehle. Per Rechtsklick auf ein Objekt werden, wie gewohnt, im Kontextmenü alle jeweils sinnvollen Befehle erneut angezeigt. Die Gruppierung der Geräte lässt sich nach Bedarf selbstständig ändern, die Objekte sind mit einem Mausklick zu verschieben. Die Strukturierung spielt spätestens dann ihren Charme aus, sobald Aufgaben auf mehrere Zielsysteme quasi synchron anzuwenden sind. Alle Systemeinstellungen von Zielgeräten, seien es Netzwerkgrundeinstellungen, lokale Benutzerkonten oder auch statische Routen, sind über selbsterklärende Dialoge einstellbar.

Speziell für Thin Clients von HP finden sich einige spezielle Jobs unter den Beispielskripten, so beispielsweise für das gezielte Deaktivieren des EWFs, der die anfänglichen Änderungen am System so nachhaltig zu verhindern wusste. Hier finden sich aber auch Skripte zur automatischen Erstellung von Disk-Images als Sicherungskopien, falls doch einmal die komplette Konfiguration verloren gehen sollte. Fernwartungszugriffe sind sowohl via Remote Desktop als auch über eine eigene Altiris-Software möglich. Ob ein Benutzer einem Fernzugriff zustimmen muss, ob es Zeitfenster gibt, in denen ein Zugriff generell freigegeben ist, das alles ist abhängig von der durch die Administration vorgegebenen Konfiguration.

Reichhaltige Managementlösungen

HP liefert zudem eine weitere eigene Verwaltungssoftware namens HP Client Configuration Manager (CCM). Im Grunde genommen bietet diese webbasierende Konsole dem Administrator dieselben Tools wie die Altiris-Software, letztere ist jedoch nicht auf Produkte aus dem Hause HP beschränkt. CCM ist eine Hardwaremanagementsoftware mit Image-basierender Betriebssystemverteilung, Patch-Management, Fernwartung, Aktualisierungen für HP-Treiber und BIOS, Softwareverteilung und Leistungs-Reporting. Als Basis für die Nutzung der Software sind ein Microsoft SQL Server und eine Windows-Installation erforderlich.

Einige Details erschweren die Installation der Software unnötigerweise. So sind beispielsweise die Datenbankdateien zunächst manuell am Datenbankserver einzuspielen - andere Installer erledigen dies automatisch. Bevor das Programm seine vollen Fähigkeiten ausspielen kann, ist eine Vielzahl von Informationen, wie beispielsweise die BIOS-Passwörter der HP-Geräte, zu hinterlegen. Die Oberfläche selbst macht aber einen wohlsortierten Eindruck.

Fazit

Insgesamt macht der mobile Thin Client HP Compaq 6720t einen sehr ausgereiften Eindruck. Die Verarbeitung und Softwareausstattung sind ebenso gut wie die Leistung des Systems. Im direkten Vergleich mit anderen TC-Managementlösungen, beispielsweise der von Igel, sind HPs beigefügte Programme allerdings komplizierter in der Bedienung. Zudem ist der aktuelle Straßenpreis von rund 850 Euro weit von einem Schnäppchen entfernt. Preise für die Managementsoftware wollte HP trotz mehrmaliger Anfrage nicht nennen.

Info: HP Tel.: 01805/665775 Web: www.hp.com/de


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