Unternehmens-IT aus der Internet-"Wolke"
Die "Cloud", diese etwas diffuse Welt außerhalb der unternehmensinternen IT, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Virtualisierung von Servern, denn dort existieren zunehmend mehr Optionen, Dienste aus eben dieser "Cloud" zu nutzen. Die Angebote und Konzepte sind dabei so vielfältig wie die Player: Neben Citrix und IBM finden sich etwa auch Google und Amazon. Für Unternehmen bietet die "Cloud" Chancen, aber auch Risiken.
Nicht ohne Grund hat Citrix erst unlängst eine Cloud-Strategie angekündigt, die sie als C3
(Citrix Cloud Center) bezeichnet. Ohnehin hat sich der Hersteller in den vergangenen Jahren vom
Spezialisten für Terminaldienste hin zu einem der führenden Anbieter im Markt der Virtualisierung
entwickelt. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Clients, sondern auch um die Anwendungen und
Server. Dass sich die Themen Servervirtualisierung und Cloud-Konzepte zunehmend überlappen, wird
aber schon seit geraumer Zeit auch an vielen anderen Beispielen deutlich. IBMs Cloud-Strategie
beispielsweise umfasst die Bereitstellung von Serverrechenzeit in zentralen Rechenzentren. Amazons "
Elastic Compute Cloud" (EC2) stellt ebenfalls Rechenleistung bis hin zu vollständigen virtuellen
Servern – beispielsweise von Oracle – bereit.
In Anbetracht dieser Entwicklung lässt sich durchaus feststellen, dass die Strategien für die
Virtualisierung auf der einen Seite – und hier insbesondere die Servervirtualisierung – sowie für
das Cloud Computing auf der anderen Seite nicht mehr voneinander zu trennen sind. Beide Themen
hängen eng miteinander zusammen. Im weiteren Sinne zählen auch Angebote wie Serverhosting und
Managed-Services bis hin zu "Software as a Service" (SaaS) zu diesem Themenfeld, da sie Optionen
für die Gestaltung bisher eigener Infrastrukturen darstellen.
Servervirtualisierung
Auch im Bereich der Servervirtualisierung hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Der
Einstieg von Citrix in das Produktsegment durch die Übernahme von Xensource sowie die Entwicklung
der Hyper-V-Plattform durch Microsoft haben Bewegung in den Markt gebracht. Der Platzhirsch EMC mit
Vmware sieht sich inzwischen sehr viel größerem Druck ausgesetzt als zuvor. Themen wie die
Interoperabilität von virtuellen Maschinen rücken dabei immer mehr ins Blickfeld, um Anwendern eine
hohe Flexibilität bei der Gestaltung ihrer virtualisierten Infrastrukturen zu bieten. Deutlich
erkennbar ist, dass Hypervisor-basierende Verfahren an Gewicht gewonnen haben. Bei dieser Technik
liegt die Virtualisierungsschicht unterhalb des eigentlichen Betriebssystems und nicht – wie
beispielsweise bei der Vmware Workstation oder Microsofts Virtual Server und Virtual PC – innerhalb
des Betriebssystems. Dies führt in der Tendenz zu schlankeren, flexibleren
Virtualisierungsansätzen.
Cloud Computing
Viel uneinheitlicher zeigt sich dagegen das Feld des Cloud Computings. Damit lassen sich
zusammenfassend alle Ansätze bezeichnen, bei denen Anwender Leistungen von extern beziehen,
gewissermaßen über das – häufig als Wolke ("Cloud") dargestellte – Internet. Letztlich geht es
dabei um das Outsourcing von Leistungen. Schon die Tatsache, dass sich Anbieter wie etwa Google mit
den "Google Apps", Salesforce.com mit ihrer Vertriebssteuerungslösung, Amazon mit
Rechnerkapazitäten, virtualisierten Systemen, Storage-Diensten (wie übrigens auch EMC) oder
Datenbanken, aber auch IBM, Facebook und viele andere mit durchaus unterschiedlichen Ansätzen in
diesem Markt positionieren, macht deutlich, wie ungeklärt dieser Begriff noch ist. Aus Sicht der
Servervirtualisierung handelt es sich aber um ein ausgesprochen interessantes Feld, da der Anwender
sowohl auf der Ebene der Infrastruktur einschließlich ausgewählter spezieller Infrastrukturdienste,
als auch auf der Anwendungsebene inzwischen eine Vielzahl von Optionen vorfindet.
Managed- und Hosted-Services
Auf der Ebene der Infrastruktur sind dabei einerseits die Möglichkeiten, gezielt und flexibel
Rechenleistung zu ordern, und andererseits die Storage-Dienste von besonderem Interesse. Bei
Servern reicht das Spektrum von den klassischen Hosting-Lösungen, bei denen der Anwender entweder
vollständige physische Server oder eine bestimmte Kapazität eines virtuellen Servers mietet, bis
hin zu den flexibel mietbaren Kapazitäten, wie sie beispielsweise eine Amazon Elastic Compute Cloud
oder auch IBM anbieten. Dies ist attraktiv, um beispielsweise Rechenleistung nur bei Bedarf
hinzuzufügen oder auf Teile der eigenen IT-Infrastruktur gänzlich zu verzichten, oder – bei
kleineren Unternehmen – vielleicht sogar ausschließlich auf externe Leistungen zu setzen und gar
keine physischen Server mehr im eigenen Haus zu betreiben.
Hier existiert eine klare Tendenz hin zu Lösungen, bei denen der Anwender eine hohe Flexibilität
im Bezug der Leistungen hat – also zunehmend weg von gemieteten Maschinen hin zu gemieteter
Leistung, die der Kunde auch nur nach Bedarf bezahlt. Andererseits haben klassische
Serverhosting-Lösungen in diesem Bereich durchaus auch längerfristig noch ihre Berechtigung, wenn
es um gleichförmige Lastanforderungen geht. Neben dem reinen Serverbereich kommt vor allem bei den
Storage-Diensten viel Bewegung auf. Dort finden sich einerseits die Online-Backup-Anbieter und
andererseits auch spezielle Storage-Angebote wie Amazon S3 (Amazon Simple Storage Service).
Statt einzelne Systeminfrastrukturen zu betreiben, kann ein Unternehmen Dienste aus der Cloud
aber auch auf der Ebene von Anwendungen beziehen. In diesem Segment gibt es Infrastrukturdienste
wie beispielsweise eine wachsende Zahl von Datenbanken – selbst Microsoft ist hier inzwischen mit
dem SQL Server aktiv – bis hin zu spezialisierten Anwendungen im Business-Bereich beispielsweise
von salesforce.com oder SAP. Außerdem existieren im Bereich der Kommunikation und Collaboration
vielfältige Angebote des Hostings beispielsweise für Lotus Notes/Domino, Microsoft Exchange oder
Office Sharepoint Server. Ob der Anwender also in flexiblem oder festem Umfang schlicht eine "
Maschine" mit einem Betriebssystem benötigt oder ob er Anwendungen auslagern will – die "Cloud"
bietet inzwischen sehr viele unterschiedliche Angebote.
Strategien für die "Cloud"
Wer in diesem Kontext die Virtualisierung von Servern plant, dürfte heute sicher noch selten
reine Cloud-Strategien ins Auge fassen. Die Nutzung von Cloud Services wird allerdings immer
wichtiger. Die Kernfrage dabei ist jedoch nicht, ob und wie sich Server virtualisieren lassen,
sondern welche Funktionen der Anwender künftig im eigenen Rechenzentrum und in welcher Form
ausführen will und welche Funktionen er von außen beziehen will. Wohin die Reise dabei gehen kann,
zeigt unter anderem die Citrix-Strategie. Mit der "Xenserver Cloud Edition" existiert eine
spezielle Variante der Servervirtualisierungslösung, die speziell auf Hosting-Anbieter ausgerichtet
ist. Diese können damit virtuelle Server für Kunden betreiben, auf die der Anwender über das
Internet zugreift. Letzerer kann jedoch auch seine eigene virtualisierte Serverinfrastruktur
betreiben. Gerade bei größeren Unternehmen dürfte häufig beides der Fall sein. Daher lassen sich
die Virtualisierungsinfrastrukturen auch über eine gemeinsame Konsole verwalten. Der Anwender kann
damit – abhängig vom Hosting-Anbieter – flexibel darüber entscheiden, welche Teile seiner
virtualisierten Serverinfrastruktur er wo betreibt.
Neben den Lösungen, die in der Cloud betrieben werden, dürfte es zukünftig aber auch zunehmend
mehr Ansätze geben, bei denen sich Server als virtuelle Maschinen online beziehen lassen. Die
Entwicklung hin zu einer Bereitstellung von Systemen als Soft Appliances ist bereits seit geraumer
Zeit zu beobachten. Einige Anbieter wie Novell treiben dies voran, um den Installations- und
Konfigurationsaufwand zu reduzieren. Während diese Soft Appliances heute noch überwiegend auf
Datenträgern zur Auslieferung kommen, kann man davon ausgehen, dass sich diese demnächst zunehmend
direkt vom Anbieter laden lassen. Außerdem spricht viel dafür, dass die Anwender künftig immer
öfter die Option erhalten werden, die Soft Appliance wahlweise auf eigenen oder externen Servern –
also in der Cloud – zu betreiben.
Klar ist, dass die Varianten der Servervirtualisierung durch Services aus der Cloud stark
zunehmen werden. Die wichtigste Frage, die sich Unternehmen in diesem Zusammenhang stellen müssen,
ist, was der Anwender intern betreiben muss und was unter welchen Voraussetzungen auch extern
laufen kann. Bei solchen Überlegungen stehen die Themen Sicherheit, Verwaltbarkeit, Integration und
Vermeidung von "Vendor Lock-ins" – also Abhängigkeiten von bestimmten Herstellern – im Mittelpunkt.
In diesen Bereichen existieren noch erhebliche Herausforderungen: Die Verwaltung von Benutzern auf
virtuellen Systemen, aber auch die Authentifizierung und Autorisierung bei den administrativen
Schnittstellen entsprechen oft nicht den Maßstäben, die die Anwender in der internen IT setzen. Ein
integriertes Management mehrerer Server oder ein durchgängiges Event-Management auch von externen
Systemen lässt sich nur selten realisieren. Schnittstellen für die Integration mit vorhandenen
internen Anwendungen fehlen oft völlig. Und auch die Frage, wie ein Anwender eine einmal in der
Cloud virtualisierte Plattform wieder in das eigene Unternehmen zurückführen kann, bleibt in vielen
Fällen unbeantwortet.
Der erste Schritt muss daher eine umfassende Strategie sein, die einerseits auf die
Virtualisierung von Servern, Clients und Anwendungen ausgerichtet ist und andererseits beantwortet,
wann und unter welchen Voraussetzungen dabei Services aus der Cloud in Anspruch genommen werden.
Ohne eine solche Strategie sind die Risiken – gerade in einem stark im Wandel befindlichen Markt –
fast unkalkulierbar.