Unified Communications und Video-Conferencing

Videokonferenzen mit wenigen Mausklicks

17. September 2008, 22:56 Uhr | Annette Roder/pf Annette Roder ist Director Enterprise Product Strategy, Office of the CTO, bei Siemens Enterprise Commmunications.

Video-Conferencing war lange ein Privileg des höheren Managements großer Unternehmen - zu teuer und zu kompliziert für den unternehmensweiten Einsatz. Dank neuer Protokolle und Systeme sowie veränderter Umstände vollzieht sich heute eine "Demokratisierung" dieser Technik. Videokonferenzen werden nun breiteren Anwenderkreisen zugänglich und eröffnen diesen Vorteile wie Kostenersparnis, Umweltschutz und Produktivitätssteigerung.

Video-Conferencing konnte sich lange Zeit nicht als Alternative für Geschäftsreisen behaupten.
Diese waren zwar teuer, aber die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht galt für die gute
Zusammenarbeit als unentbehrlich. Auch waren Videokonferenzlösungen früher zu kostspielig und
technisch zu komplex, um sich auf breiter Ebene durchzusetzen. Wer an Videokonferenzen teilnehmen
wollte, musste zum Konferenzraum kommen. Vom eigenen Arbeitsplatz oder von unterwegs aus konnte
sich der Anwender nicht in die virtuelle Zusammenkunft einklinken. Die Systeme belegten gleich
mehrere teure ISDN-Kanäle, und das H.320-Protokoll, mit dem sie arbeiteten, war kompliziert.
Speziell geschultes Personal musste Konferenzen aufbauen und durchführen. Die nötigen Geräte waren
in der Regel proprietär, der Anwender musste sich also auf einen Hersteller festlegen. Dennoch
entsprach die Bildqualität oft nicht den Erwartungen.

An dieser Situation hat sich einiges geändert: Dank neuer Chiptechnik können
Video-Conferencing-Systeme heute High-Definition-(HD-)Qualität für Bild und Ton zu erschwinglichen
Preisen zur Verfügung stellen. Die Teilnehmer einer Konferenz können damit feinste Nuancen in der
Stimme und der Mimik ihrer Gesprächspartner wahrnehmen. Mit einem Seitenverhältnis von 16:9
entspricht die Bildübertragung dem natürlichen Sehverhalten und erhöht damit den lebensechten
Eindruck zusätzlich. Video-Conferencing wird so zu einer wirklichen Alternative für das Gespräch
von Angesicht zu Angesicht. Auch der hohe Bandbreitenbedarf der Videodatenströme stellt heute kein
Problem mehr dar: Zum einen können Unternehmen aufgrund der weiten Verbreitung IP-basierender Netze
heute hohe Bandbreitenkapazitäten zu vergleichsweise geringen Kosten beziehen. Zum anderen ist dank
verbesserter Algorithmen eine höhere Komprimierung der Daten möglich. So benötigen moderne
HD-Systeme nur noch 1 MBit/s auf der IP-Leitung. Für Video kommen hierbei die Standards H.263 und
H.264 zum Einsatz. Um auch für die Sprache bestmögliche Qualität bereitzustellen, werden
Breitband-Codecs wie G.722 eingesetzt.

SIP als offener Standard

Ein Zugewinn an Systemoffenheit, Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit lässt sich erzielen,
wenn die Videokonferenzlösung in eine SIP-basierende (Session Initiation Protocol)
Unified-Communications-(UC-) Umgebung integriert wird. So lässt sich Video beispielsweise als
Anwendung auf dem Openscape Unified Communications Server von Siemens Enterprise Communications
bereitstellen. Diese offene SOA-Plattform (SOA: serviceorientierte Architektur) stellt eine Basis
für die Integration unterschiedlichster Kommunikationsapplikationen dar. Da nur ein einziges
Protokoll für den Verbindungsaufbau zum Einsatz kommt, entfällt die sonst übliche Trennung zwischen
den verschiedenen Medien. Sämtliche Endgeräte – Videokonferenzsysteme, Softphones oder Telefone –
lassen sich in die Videokommunikation integrieren. Für SIP spricht zudem, dass es sich als
standardbasierendes Protokoll – ähnlich IP – als großer vereinheitlichender Faktor erweisen könnte.
Denn weit verbreitete Standards sind die Voraussetzung dafür, dass diese Technik von einem großen
Anwenderkreis genutzt werden kann. Standard-SIP-basierende Lösungen lassen sich leicht in andere
Umgebungen, beispielsweise auch Callcenter-Lösungen, integrieren und netzübergreifend nutzen.

Als Protokoll aus der IP-Familie arbeitet SIP auf Applikationsebene und sorgt für den Auf- und
Abbau der Verbindungen. Dabei handelt SIP automatisch zwischen den beteiligten Endgeräten den
aktuell bestmöglichen Kommunikationsmodus aus. So zeigt die Signalisierung der Endgeräte an, welche
Datenströme – Video oder nur Voice – sie unterstützen und welche Codecs zum Einsatz kommen. SIP
legt auf dieser Basis die für alle beteiligten Geräte geeignete Verbindungscharakteristik fest. Auf
diese Weise ist es möglich, dass unterschiedlich ausgerüstete Systeme gemeinsam an SIP-Audio- oder
Videokonferenzen teilnehmen und die Nutzung von Audiogeräten die Qualität für die HD-Endgeräte
nicht beeinträchtigt. Mittlerweile verfügt SIP hinsichtlich "Far End Camera Control" und "Dual
Streaming" über die gleichen Fähigkeiten wie das H.323-Protokoll: Jeder Teilnehmer bestimmt selbst
den Bildausschnitt, den er von den anderen sieht. Das Dual Streaming, die parallele Übertragung von
Video- und Datenströmen, macht das Präsentieren eines Dokuments während der Konferenz möglich. Der
Transport der Video-, Audio- und Datenströme erfolgt mittels Real Time Protocol (RTP),
Verzeichniszugriffe, Konferenzkontrolle sowie die Dienstgüte werden mit weiteren standardisierten
Protokollen ausgeführt.

Das Herzstück einer HD-Videokonferenzlösung ist die IP-Telefonanlage des Unternehmens mit
integriertem UC-System. Letzteres stellt die für die Kommunikationssteuerung benötigten Funktionen
bereit und bildet die Schnittstelle zum öffentlichen IP-Netzwerk (Internet) sowie zum öffentlichen
Telefonnetz. Es bietet darüber hinaus Funktionen wie Quality-of-Service-Management,
Sitzungsdetailberichte, Lizenz- und Verwaltungsfunktionen sowie "Call Admission Control".
HD-Videokonferenzendpunkte sind in verschiedenen Größen und Leistungsklassen erhältlich. Die Skala
reicht von reinen Video-Clients bis hin zu teueren Telepresence-Systemen. Kostengünstige Endgeräte
sind in der Regel für PC-Arbeitsplätze oder kleine Konferenzräume gedacht und bestehen aus Kamera,
Monitor und Mikrofonen in einem Gerät oder als selbstständige Komponenten.

Eine Multipoint-Steuereinheit (Multipoint Control Unit, MCU) dient als Überbrückungs-
beziehungsweise Vermittlungsgerät, das Konferenzverbindungen zwischen mehreren Teilnehmern an
Audio-, Video- und Datenendpunkten herstellt. Sie überprüft die Konferenz-IDs und PINs und
übernimmt auch das Mischen der RTP-Datenströme. Zudem ermöglicht sie die Anbindung von Teilnehmern
mit anderen Protokollen; bei bidirektionalen Verbindungen lassen sich auch Gateways einsetzen.

Unternehmensexterne Teilnehmer einer Videokonferenz können über Virtual Private Networks (VPNs)
oder einen Session Border Controller (SBC) angebunden werden. Dieses Steuerungsgerät verwaltet die
ankommenden und abgehenden VoIP- und Videoanrufe eines geschützten Unternehmensnetzwerks. Das Gerät
kann entweder als Firewall fungieren oder mit vorhandenen Firewall-Geräten in einer
demilitarisierten Zone zusammenarbeiten, um die Firewall für passierende VoIP-Signalisierungen und
Medien-Streams zu öffnen.

Unified Communications

Die Anwender können mit der Einbindung der Videokonferenzlösung in eine SIP-basierende
UC-Umgebung in vielerlei Hinsicht profitieren. Offene Standards und eine offene SOA-kompatible
Architektur ermöglichen das einfache Zusammenspiel von Kommunikations- und
Collaboration-Anwendungen. Den Benutzern stehen nicht nur verschiedene Endgeräte, sondern auch eine
Reihe von Medien zur Verfügung. Dabei wird das unübersichtliche Nebeneinander unterschiedlicher
Kommunikationskanäle beendet: Statt mehrerer verschiedener Identitäten erhält ein Anwender nur noch
eine Identität, die konsistent für alle Applikationen gilt. So lässt sich SIP-basierend ein Anruf
einfach in eine Videokonferenz überleiten, und die Präsenzfunktion ermöglicht ein Hinzunehmen
weiterer Teilnehmer. Die Bedienung der Endgeräte ist dabei genauso einfach wie bei den bisherigen
Telefonen. Ein weiterer Vorteil dieser Integration: Während einer virtuellen Zusammenkunft können
die Teilnehmer Collaboration-Funktionen nutzen und gemeinsam ein Dokument ansehen und bearbeiten,
Daten austauschen und per Instant Messaging miteinander kommunizieren. Dies erleichtert die
Zusammenarbeit verteilter Teams nicht nur erheblich, sondern macht sie auch effizienter.

Die Integration der Videolösung in die UC-Umgebung vereinfacht auch die Bedienung der Menüs und
Oberflächen, denn diese sind für alle Anwendungen identisch und schnell vertraut. Zudem stehen den
Nutzern dieselben Verzeichnisse und Rufnummernpläne wie beim Telefon zur Verfügung. Die
Infrastruktur stellt außerdem Präsenzinformationen bereit: Icons können anzeigen, welche Kollegen
für Videokonferenzen verfügbar sind, sodass sich mit wenigen Mausklicks ein spontanes Meeting
aufbauen lässt.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+