Visionen vom 3D-Internet
Vom 13. bis 15. Oktober 2008 versammelten sich erstmals europäische Forscher und Entwickler zum NEM-Gipfel (Networked and Electronic Media) in St. Malo, Frankreich. Diskutiert wurde über 3D-Fernsehen und Internet, Netzwerke und Datenschutz.
Während draußen vor der malerischen Kulisse der nordwestfranzösischen Küstenstadt Saint Malo ein Sturm tobte - kein realer, sondern der von der weltweiten Finanzkrise verursachte - diskutierten im Kongresszentrum an die 500 Wissenschaftlicher, Forscher und EU-Offizielle über das "Internet der Dinge", 3D-Internet und die Zukunft der Netzwerke. Joao da Silva, Leiter des Direktoriums konvergente Netzwerke und Dienste im Bereich Informationsgesellschaft und Medien der EU-Kommission, zeigte sich überzeugt davon, dass der Trend "unaufhaltsam in Richtung 3D-Internet und Geolocation" geht. Das "Internet der Dinge" führe dazu, dass in Zukunft alle erdenklichen Geräte mit dem Internet verbunden sind "und die virtuelle und die reale Welt miteinander verschmelzen".
Ein Teilnehmer kritisierte in der anschließenden Plenumsdiskussion die unterschiedlichen Datenformate für klassische und IP-basierende Bild- und Bewegtbildübermittlung und die damit verbundenen Schwierigkeiten, wenn zum Beispiel kurze Youtube-Filme im Fernsehen gezeigt werden sollen. Ein Universitätsprofessor aus der Schweiz warnte vor den Gefahren für den Schutz der Privatsphäre insbesondere durch Google - woraufhin sich ein Disput über die zeitliche Dauer und die Inhalte der Nutzerdatenspeicherung bei dem US-Konzern entspann - und wunderte sich, dass darüber noch keiner der Referenten ein Wort verloren hatte.
Das die Weltöffentlichkeit seit Monaten beherrschende Thema Finanzkrise war auf dem ersten NEM-Gipfel, der vom 13. bis 15. Oktober 2008 im Palais du Grand Large stattfand, nur eine Randnotiz. Die Teilnehmer der ersten großen Tagung der "Networked and Electronic Media"-Plattform arbeiteten sich vielmehr an drei Konferenztagen an der sehr umfangreichen Agenda unter dem Oberbegriff "Towards Future Media Internet" ab. Die NEM-Plattform widmet sich als eine von mehreren europäischen Technikforen der Konvergenz von Medien, der Kommunikation und der IT im Allgemeinen. Sie will Forscher, Entwickler und Firmenvertreter aus ganz Europa zusammenbringen, um Möglichkeiten für zukünftige Wachstumsperspektiven auszuloten und Entwicklungen in diesem Kontext zu fördern. Dabei will man sich besonders die Vorteile allgemeinen Breitbandzugangs, vergrößerter Mobilität, die Verfügbarkeit reichhaltigerer Medienformate und -inhalte sowie neuer Netzwerke und Kommunikationsplattformen zunutze machen. Die EU zielt dabei nicht zuletzt darauf, die europäische Position im weltweiten Wettlauf um Forschung und Entwicklung neuer Techniken zu stärken.
Die seit 2004 bestehende NEM-Plattform brachte zu ihrem ersten Gipfel über 50 Aussteller aus ganz Europa, 65 Sprecher und Versammlungsleiter sowie über 400 Delegierte und mehrere Pressevertreter zusammen. Für alle Teilnehmer war der Gipfel eine gute Gelegenheit, sich über ihre Forschungsprojekte, unter anderem 18 von der EU geförderte, auszutauschen, Standpunkte und Einschätzungen zu diskutieren, aber auch Visionen gemeinsam weiter zu entwickeln und Kooperationen im Rahmen der europäischen Forschungsförderung ins Auge zu fassen.
Der Großraum Rennes/St. Malo bot für eine solche Veranstaltung nicht zuletzt auch deswegen den passenden Rahmen, weil sich hier zahlreiche unabhängige Forschungsinstitute und Entwicklungsabteilungen namhafter europäischer, aber auch weltweit agierender IT-Unternehmen sowie viele Startups angesiedelt haben. Nicht ohne Stolz verweist die lokale Einrichtung zur Wirtschaftsförderung Rennes Atalante Technopole denn auch auf das kontinuierliche Wachstum an Mitarbeitern und Firmenansiedlungen in dem Gebiet. Derzeit beschäftigen dort 115 IT-Unternehmen auf einer Fläche von 270 Hektar über 10.000 Mitarbeiter. Forschungsschwerpunkte sind zum Beispiel dreidimensionales Internet und Fernsehen, Netzwerktechnik und -inhalte sowie mobile digitale Content-Plattformen.
Für die aktuelle Sorgen der Finanzwelt war da kein Platz, vielleicht deswegen, weil die IT-Branche noch nicht davon in Mitleidenschaft gezogen war.