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Abgeblockt

Abgeblockt. Proportional zur Zahl der Arbeitslosen steigt auch die Zahl der Blogger in Deutschland rapide an: Was sind Blogger? Leute, die ihre geistigen Blähungen in ungekürzter Form ins Internet stellen, oft in Form eines Tagebuches.

Autor:Redaktion connect-professional • 10.8.2005 • ca. 1:45 Min

Abgeblockt

Erstaunlich nur, dass es für die Online-Tagebücher, die, wie es in einer Definition des New Oxford Dictionary heißt, von Leuten mit einem »zumindest ungesunden Interesse an Computern« geschrieben werden, auch noch Leser gibt. Während sich früher höchstens der eigene kleine Bruder am Tagebuch mit den frühpubertären Ergüssen der großen Schwester vergriff, darf heute die ganze Welt die scharfsichtigen und kritischen Betrachtungen der Blogger konsumieren. Sogar die Elite des Landes hat Zeit, sich dem neuartigen Vergnügen hinzugeben ? vielleicht auch das eine Ursache für die bedauernswerte wirtschaftliche und soziale Situation unseres Landes. So sind etwa unter http://sebastianstriegel.wahl.de/main/ die erhellenden Erkenntnisse des bündnisgrünen Direktkandidaten im Wahlkreis 75 zur Bundestagswahl 2005 zu lesen. Da heißt es unter anderem: »Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das unbedingt zu schützen ist. Sie steht aber hinter Artikel 1 des Grundgesetzes ?Die Würde des Menschen ist unantastbar? zurück!« ? ob Striegel damit ein Verbot von sinnentleerten Online-Tippereien befürwortet, ist jedoch nicht letztendlich zu klären gewesen. Auch Parolen wie »Merseburg ist spitze!« und »Merseburg als attraktivster Standort für Neuinvestitionen. Warum eigentlich nicht?« sind wahrscheinlich durch die Meinungsfreiheit gedeckt ? ob es jemand wissen will, steht aber in den Sternen.

Auch der Blog des FDP-Kandidaten Karsten Vüllings (http://karstenvuellings.wahl.de/main/) lässt an Deutschlands Zukunft zweifeln: Unter der Überschrift »Der Wahlkampf ist eingeläutet«, erfährt der geneigte Leser so spannende Sachen wie »Rund 150 Plakate haben wir an die Laternen gebracht, weitere 300 Plakate auf Pappe gekleistert und für die nächsten Tage vorbereitet. Jetzt sind wir alle k.o., aber glück-lich über den tollen Teamgeist in der Partei.« Hohen literarischen Wert besitzt auch die Passage »Rein in das Auto, raus aus dem Auto. Rauf auf die Leiter, runter von der Leiter. Rein in das Auto und an der nächsten Ecke wieder raus aus dem Auto…« Nach spätestens einer Stunde versagt das Deo. Aber spätestens jetzt wissen alle Mitstreiter, wie die FDP riecht.

Unklar bleibt jedoch auch hier vieles: Etwa ob begeisterte FDPler sich die verschwitzten Socken der Aktionsteilnehmer bestellen können und wie der Kleister für die Plakate, der »nach Geheimrezeptur unseres Fraktionsvorsitzenden Piet angerührt« wurde, genau zusammengesetzt ist. Immerhin: »Die Parteimitglieder, die heute im Keller dabei waren und die sich Freitag und Samstag auf der Leiter den Allerwertesten aufgerissen haben, wissen warum. Damit wir unseren Teil dazu beitragen, dieses Land vom 18. September an zu verändern.« Herr Vüllings, wir freuen uns schon darauf.