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Direktansprache von Endkunden

IBM-Partner fühlen sich hintergangen

IBM vertreibt Service-Verträge über einen Marketing-Dienstleister am Channel vorbei. Bei Partnern wächst der Ärger darüber, dass sich der Branchenriese in die Händler-Kunden-Beziehung einmischt und das Vertrauen in die Händler untergräbt. Offenbar ist die Praxis auch bei IBM intern umstritten.

Autor:Michael Hase • 22.7.2008 • ca. 1:25 Min

Eigentlich will IBM nicht nur Produkte, sondern auch Services vermehrt über Partner vertreiben. So lautet die offizielle Linie. Eine Praxis der vergangenen Monate lässt Server-Händler daran zweifeln: IBM schreibt Hardware-Kunden seit einiger Zeit über einen Marketing-Dienstleister, die Firma Europlus Direct, an und bietet ihnen auf ihre IBM-Server eine Garantieverlängerung für das vierte und fünfte Jahr an. Inzwischen wächst der Unmut bei den Partnern, die diese Kunden betreuen. Denn mit den Anschreiben nimmt der IT-Riese wenig Rücksicht auf bestehende Händler- Kunden-Beziehungen.

Auch nach mehreren Vorstößen aus dem Channel hat IBM die Praxis, Wartungsverträge, so genannte ServicePacs, auf diesem Weg an Kunden zu vertreiben, bislang nicht revidiert.

Europlus Direct ist laut Eigendarstellung spezialisiert auf »das weltweite Marketing sowie die Registrierung von IBM Service- Pacs«. Seinen Auftrag sieht das in England ansässige Unternehmen darin, »die kontinuierliche Betreuung von Hardware und Software unserer Kunden durch IBM Global Services sicherzustellen«. Bei der Zusammenarbeit mit dem Dienstleister handelt es sich um verkapptes Direktgeschäft. Tatsächlich bezeichnete IBM den britischen Partner auf Anfrage von CRN als »verlängerte Werkbank « des eigenen Vertriebs. Der IT-Konzern habe Europlus beauftragt, erläutert IBM-Sprecher Hans-Jürgen Rehm, weil es die Hardware-Investitionen seiner Kunden zu schützen gelte. Denn für deren Geschäft könne es gravierende Folgen haben, wenn ein Server bei einem Ausfall bereits aus der Wartung gefallen sei.

Ein ehrenwertes Motiv. Lokale IBM-Händler wehren sich allerdings gegen die implizite Unterstellung, sie würden ihre Kunden unzureichend betreuen. »Wir haben noch nie einen Kunden mit seinen Systemen allein gelassen«, empört sich ein Händler aus dem westdeutschen Raum, der dem Hersteller seinerseits Vertrauensbruch vorwirft. »Unsere Kunden denken doch zuerst, wir Händler hätten ihre Daten an Europlus weiter gegeben.« Ebenso beunruhige ihn, dass er nicht wisse, ob und wie viele Kunden er durch die Europlus-Aktionen bereits verloren habe. Bei dem Händler handelt es sich um keinen Einzelfall. »Ich könnte aus dem Stand 20 Kollegen nennen, denen das Gleiche passiert ist«, sagt ein anderer IBM-Partner.