Offshore-Märkte verstehen
Offshore-Märkte verstehen


Wer Offshoring betreibt, hat möglicherweise das Bedürfnis, nicht nur über Verträge und Preise Bescheid zu wissen. Es kann sich auszahlen, kulturelle, historische und politische Hintergründe eines Landes zu kennen, bevor man dorthin auslagert. Nicht zuletzt sollte man vielleicht über Alternativen und Folgen der eigenen Outsourcing-Vorhaben nachdenken. Gerade zum Thema China und Indien konnte man diesbezüglich auf der Buchmesse 2006 fündig werden. Drei Beispiele: Thomas Friedman: Die Welt ist flach. Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts. 1. Aufl. 2006, Suhrkamp-Verlag, Frankfurt. Gebunden, 26,80 Euro. Friedman beschreibt in seinem Buch die Folgen, die die Aufhebung der Ländergrenzen durch Telekommunikationstechnik für die Arbeitswelt in den westlichen Ländern hat. Er lässt seine Leser teilhaben am Denken indischer Softwaremogule und chinesischer Fertigungsspezialisten. Er erklärt, warum es für westliche Unternehmen aus ökonomischen Gründen nahezu unwiderstehlich ist, im Osten zu fertigen und programmieren zu lassen oder Dienste dorthin auszulagern. Er beschreibt detailliert die häufig mit Informationstechnik als Werkzeug verknüpften Potenziale der Ökonomie der aufstrebenden Länder. Schließlich macht er sich auch Gedanken über die Rolle des Westens und speziell der USA in der neuen, von Asien dominierten Welt des 21. Jahrhunderts. Man mag seine Schlussfolgerungen teilen oder nicht – interessante Lektüre ist das Buch auf jeden Fall. Karl Pilny: Tanz der Riesen – Indien und China prägen die Welt. 1. Aufl. 2006, Campus-Verlag, Frankfurt, gebunden, 372 Seiten, 24,90 Euro. Der Autor glänzte schon im Jahr 2005 durch das Buch »Das asiatische Jahrhundert«. In seiner neuen Arbeit versucht er, auf Basis der ökonomischen, finanziellen und kulturellen Gegebenheiten Indien und China zu vergleichen: Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen des jeweiligen Landes, wo die Schwächen? Das Buch bietet detail- und kenntnisreich eine gute Informationsbasis für alle, die mehr über die beiden Länder wissen wollen, etwa, um eine informierte Offshoring-Entscheidung zu treffen, und gleichzeitig eine vergleichende Perspektive wünschen. Gabor Steingart: Weltkrieg um Wohlstand – Wie Macht und Reichtum neu verteilt werden. 1. Aufl. 2006, Piper-Verlag, München-Zürich. 399 Seiten, 24 Grafiken, gebunden, 19,90 Euro. Während sich die bisher genannten Werke trotz aller Bewunderung der chinesischen und indischen Leistungen um sachliche Distanz bemühen, malt Chef-Kassandra und Spiegel-Redakteur Gabor Steingart (2004 erschien: »Deutschland. Abstieg eines Superstars«) ein düsteres Gemälde: Er analysiert die Wirtschaftskraft der aufsteigenden Nationen Indien und China, insbesondere deren boomende Dienstleistungs-Technologie- und IT-Industrien, stellt unsere eigene, in Zukunft wohl vergleichsweise kleinere Volkswirtschaft dagegen und kommt zu dem Schluss, dass es uns ohne gravierende Änderungen schlecht ergehen wird. Ein Rezept, wie wenigstens das Schlimmste verhindert werden kann, hat er auch gleich zur Hand: Eine Freihandelszone mit den USA müsse her. Wer etwas Aufrüttelung braucht, ist hier jedenfalls gut aufgehoben.