Nachfrage nach datensouveräner Infrastruktur steigt
Derzeit spürt die Branche eine intensive Standort-Diskussion für Cloud-Angebote und Rechenzentren, wobei die geopolitischen Entwicklungen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. connect professional sprach mit Bernhard Seibold, Thomas-Krenn.AG, zur Auswirkung auf den lokalen RZ-Markt.

connect professional: Herr Seibold, welche Auswirkungen haben die geopolitischen Entwicklungen auf das Geschäft von Thomas-Krenn in puncto Produkte und Services?
Bernhard Seibold: Thomas-Krenn beliefert unter anderem seit 2024 umfassend einen neu gegründeten Anbieter von RZ-Leistungen. Dort werden in Kürze Cloud-Services angeboten, die europäischen Ansprüchen in Sachen digitaler Souveränität genügen. Was viele anscheinend nicht wissen: Mit dem sogenannten Cloud Act sind Daten von US-Cloud-Anbietern auch in europäischen Rechenzentren keineswegs vor externen Zugriffen gewahrt. Wer also meint, dass es ausreichend sei, wenn die Daten in Frankfurt oder den Niederlanden liegen, täuscht sich gewaltig. Daher achten wir darauf, mit möglichst großer lokaler Wetschöpfung vor Ort Hardware herzustellen, mit hoher Leistungsfähigkeit, zukunftssicher. Die Nachfrage nach solchen datensouveränen IT-Infrastrukturen steigt stetig.
connect professional: Spüren Sie dies direkt in Ihren Projekten?
Seibold: Wir erkennen in Gesprächen, dass sich viele Unter-nehmen informieren und Optionen erwägen. Es mutet schon ein wenig grotesk an, dass ausgerechnet die Bundeswehr jetzt zu Google geht. Aber im Großen und Ganzen ist mein Eindruck, dass bei vielen eine Wahrnehmung für das Thema da ist. Andererseits sprechen wir hier eben von größeren Infrastrukturprojekten. Dies gilt unabhängig von der Unternehmensgröße. Auch für einen kleinen Betrieb ist eine Umstellung ein gewaltiger Hub, weil er weniger Ressourcen hat. Für große Konzerne ist es wegen der Komplexität natürlich nochmal schwieriger, sich neu zu orientieren.
connect professional: Spiegelt sich das auch in Ihrem Portfolio wider?
Seibold: Man muss zunächst sagen, dass gerade einige große Cloud-Anbieter ihre Kunden schon vorher ziemlich geärgert haben. Dies war für viele Unternehmen ausschlaggebend, sich mit Alternativen zu beschäftigen. Wir sehen bei Projekten mit Proxmox VE eine wirkliche Zunahme. Auch haben wir dazu Anfang 2025 eine Veranstaltung durchgeführt, die Proxtalks, die war überbucht – mehr als 150 Teilnehmer haben wir nicht unterbekommen, aber es wären deutlich mehr möglich gewesen. Auch die Folgeveranstaltung in Berlin war sehr gut besucht. Wir haben mit m.a.x. IT außerdem auch eine recht aufschlussreiche Anwenderstimme, es hieß: Wir können in unserer neuen Open-Source-Lösung mehr selbst anpacken als zuvor in der kommerziellen Welt. Die ehemals typischen Einschränkungen gibt es einfach nicht mehr. Ein paar Dinge sind nicht besser geworden, ein paar andere hingegen schon. Und das bei niedrigeren Kosten – der ehrliche Wortlaut des Vorstands. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Verein ITE; connect professional hat ja auch schon darüber berichtet.
"Generell ist wichtig, dass RZs auch Ansprüchen an Nachhaltigkeit Rechnung tragen – das Thema darf bei all der berechtigten Diskussion um digitale Souveränität nicht in Vergessenheit geraten!"
connect professional: Thomas Krenn hat frühzeitig auch auf Flüssigkeitskühlung bei Servern gesetzt. Wie ist der Stand der Technik heute?
Seibold: Wir haben vor einiger Zeit dazu ein Joint Venture gegründet, die CoreCooling GmbH. Bis Ende des zweiten Quartals 2025 hatte CoreCooling bereits Hunderte seiner Kühlkörper hergestellt und ausgeliefert, die das Unternehmen eigens für den zuvor erwähnten RZ-Anbieter und die dort verwendeten Server von Thomas-Krenn entworfen hat. Gleiche Größenordnungen sind für die Folgequartale beauftragt. Diese Kühlkörper zeichnen sich durch besonders hohe Effektivität aus. Dank eines speziellen Fertigungsverfahrens und maßgeschneiderter Komponenten werden in Kombination mit der effizienten Heißwasserkühlung sogenannte Heat Transfer Rates von bis zu 95 Prozent erreicht. Das liegt im oberen Bereich des derzeit technisch und wirtschaftlich Mach-baren, insbesondere für maßgeschneiderte Flüssigkeitskühler mit hoher Bauteildichte.
connect professional: Der Mittelstand in Deutschland setzt verstärkt auf Digitalisierung und speziell auch auf KI. Dazu benötigt er Rechen-Power, auch in Form von regionalen Edge-Datacentern oder entsprechenden Service-Angeboten. Welche Rolle kann Thomas Krenn in diesem Umfeld spielen?
Seibold: Wir beliefern bereits jetzt genau diesen Markt sehr erfolgreich: Edge-Rechenzentren. Generell ist wichtig, dass solche RZs auch Ansprüchen an Nachhaltigkeit Rechnung tragen – das Thema darf bei all der berechtigten Diskussion um digitale Souveränität nicht in Vergessenheit geraten! Das gilt übrigens auch, weil es mit CSRD ja ein entsprechendes Regelwerk gibt. Thema Mittelstand und KI: Unser Tochterunternehmen Extra Computer hat zum Beispiel auch KI-Rechner im Angebot. Denn es muss nicht immer alles im RZ passieren, auch nicht im Edge-Rechenzentrum. Lokalere KI-Anwendungen haben durchaus auch ihren Charme.
connect professional: Vielen Dank für das Gespräch.