Vom Kostendämpfer zum Wachstumstreiber
Vom Kostendämpfer zum Wachstumstreiber Outsourcing wird von Anwendern immer differenzierter gesehen und genutzt. Das führte aber auch in diesem Jahr noch nicht dazu, dass sie die gesteckten Ziele besser erreichen und zufriedener werden.



Outsourcing wird nicht mehr nur als das Auslagern von kompletten Geschäftsbereichen an einen externen Anbieter definiert. Planten im vergangenen Jahr noch sieben von zehn Firmen Outsourcing-Projekte komplett auszulagern, ist dieser Anteil 2007 auf 58 Prozent zurückgegangen. Stattdessen sind andere Outsourcing-Modelle auf dem Vormarsch. So wollen beispielsweise 28,6 Prozent Geschäftsbereiche zumindest teilweise lieber in internen Dienstleistungszentren – als Tochtergesellschaft oder als eigene Abteilung – bündeln. An externe Dienstleister wird nur noch selektiv ausgelagert. Diese Entwicklung ist Teil einer geänderten Strategie: Outsourcing entwickelt sich immer mehr zu einem strategischen Erfolgsfaktor und dient nicht mehr nur als Kostensenkungsmaßnahme. Daneben müssen die Betriebe Anpassungen an neue Technologien und geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen durchführen. Effiziente, flexible IT-Systeme werden dabei verstärkt als Mittel zum Zweck betrachtet. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie »Erfolgsmodelle im Outsourcing« die Steria Mummert Consulting und InformationWeek gemeinsam durchgeführt haben. Generell geht der Trend weg von umfassenden Outsourcing-Verträgen zur schnellen Kostenreduzierung hin zu selektivem, strategischem Outsourcing. Zwar erwarten rund sechs von zehn befragten Unternehmensentscheidern in erster Linie spürbare Kosteneinsparungen durch Outsourcing. Strategische, langfristige Ziele, beispielsweise mehr Flexibilität, mehr Service und optimierte Unternehmensabläufe, gewinnen aber an Bedeutung. 51,1 Prozent der Unternehmen möchten durch eine Fremdvergabe ihren Service verbessern, 40,7 Prozent versprechen sich eine erhöhte Flexibilität und 40,3 Prozent verbesserte Prozesse. Ein Umdenken ist erkennbar: Die Entscheider überprüfen vor allem intensiver, ob die Auslagerung eines Geschäftsfelds zu einem kalkulierbaren Mehrwert für das Unternehmen führt. Zudem verteilen sie die Auslagerung auf verschiedene Spezialisten unter den Outsourcing-Dienstleistern. Knapp drei Viertel der Unternehmen entscheiden sich am Ende dieser Betrachtungen für ein selektives Sourcing. Statt zu umfassenden Komplett-Auslagerungen, tendieren sie dazu, die Aufträge aufzuteilen.
Viele Partner – Viel Arbeit Besonders beliebt ist diese Form des Outsourcings bei Finanzdienstleistern wie Banken und Versicherungen. Rund acht von zehn Betrieben lagern nur Teile einer Gesamtleistung aus oder verteilen eine Gesamtleistung auf mehrere Anbieter. Im Fokus steht dabei, spezifische Teile der IT-Landschaft, beispielsweise Rechenzentren oder bestimmte Anwendungen selektiv an externe Dienstleister abzugeben – auch auf internationaler Ebene. Allerdings birgt auch ein selektives Outsourcing nicht zu unterschätzende Risiken: Durch die Vergabe von Leistungen an eine Vielzahl unterschiedliche Anbieter steigen die Anforderungen an das Schnittstellenmanagement. Ein erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen den einzelnen Leistungserbringern und unterschiedliche Qualitätsstandards der Teilleistungen sind mögliche Folgen.
Laufzeiten werden kürzer – Innovationen bleiben aus Der Trend zu selektivem Outsourcing einzelner Infrastruktur-Komponenten bis hin zu Geschäftsprozessen führt auch zu Veränderungen auf der Angebotsseite der Dienstleister. Vor allem die Volumina einzelner Verträge sinken. Zusätzlich werden die Laufzeiten der Verträge kürzer. Für die Anbieter von Outsourcing-Diensten wird das Umfeld somit schwieriger – in erster Line für klassische Outsourcing-Finanzmodelle, die das Erreichen der Profitabilitätszone teilweise erst nach einigen Jahren vorsehen. Dies führt zu einem höheren Kostendruck. Angesichts dessen bleibt nicht viel Raum für eine angestrebte Innovationspartnerschaft zwischen Auftraggeber und Dienstleister, die helfen könnte, das derzeitige Image des Outsourcing-Konzeptes zu verbessern. Die Outsourcing Anbieter versuchen vielmehr, einen immer höheren Grad an Standardisierung und Automatisierung zu erreichen, um ihre eigenen Betriebskosten zumindest kurzfristig unter die des Wettbewerbs zu drücken. Häufig kommt deshalb die Weiterentwicklung des ausgelagerten Geschäfts zur kurz. Der Dienstleister beschränkt sich auf die Erbringung der Leistung, statt zusammen mit dem Auftrageber Innovationen voranzubringen. Für die Erbringer von Ousourcing-Leistungen wird es daher künftig noch stärker darauf ankommen, neue Geschäftsmodelle zu etablieren, die eine Flexibilisierung von Leistung und Abrechnung ermöglichen. Beim IT-Outsourcing sind dies beispielsweise sogenannte Pay-as-you-go-Modelle, bei denen der Auftrageber je nach Bedarf die in Anspruch genommene Leistung erhöhen oder reduzieren kann. Zudem hat er jederzeit einen Überblick über die Kosten der erbrachten Leistung. Ebenfalls denkbar sind flexiblere Abrechnungsmodelle nach einem Pay-per-Use-Verfahren mit geringen Basisgebühren. Der Auftraggeber kann somit klar nachvollziehen, für welche Leistung er bezahlt. Dies schafft mehr Transparenz und mehr Kontrolle für die Unternehmen, die auslagern. Daran hapert es heute in vielen Fällen. Die Angst, sich zu sehr von einem oder mehreren Dienstleistern abhängig zu machen sowie fehlende Kontrolle und Flexibilität, gehören immer noch zu den am meisten genannten Gründen, warum Entscheider Outsourcing ablehnen. Mehr als 60 Prozent der Outsourcing-Skeptiker befürchten eine Einschränkung ihrer Unabhängigkeit, rund jeweils die Hälfte bemängelt zu statisch ausgelegte Verträge und mangelnde Transparenz über die Kosten und Leistungen. Eine flexiblere Ausgestaltung der Outsourcing-Modelle kann helfen, die Zurückhaltung bei der Auslagerung von Leistungen an Drittunternehmen abzubauen.
Erwartungen nur bei einer Minderheit erfüllt Angesichts des ständig wachsenden Wettbewerbsdrucks im Outsourcing-Markt, kommt es somit für die Anbieter von Outsourcing-Diensten in erster Linie darauf an, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen und gemeinsam mit dem Auftraggeber realistische Ziele zu vereinbaren. Denn die vorher gesteckten Ziele der Unternehmen decken sich häufig nicht mit den tatsächlich erreichten Ergebnissen – weder quantitativ noch qualitativ. In 14,8 Prozent der Fälle wurden die Zielvorgaben verfehlt. 42,9 Prozent berichten von Mängeln in den Outsourcing-Projekten. Nur 38,9 Prozent der befragten Entscheider zeigen sich mit der Umsetzung ihrer Auftragsarbeiten zufrieden. Dabei geht es den Unternehmen nicht nur um messbare Kosteneinsparungen. Auch bei den qualitativen Zielvorgaben geben vier von zehn Befragten an, keine Verbesserung erreicht zu haben. Besonders unzufrieden mit den Ergebnissen der Fremdvergabe sind Unternehmen aus den Branchen Handel und Dienstleistung. In jedem vierten beziehungsweise jedem fünften Unternehmen wurden die gewünschten Outsourcing-Ziele verfehlt. Dies zeigt, dass eine präzisere Auswahl der Outsourcing-Anbieter und exaktere Projektbeschreibungen im Ausschreibungsverfahren notwendig sind. Trotz der Unzufriedenheit mit der Zielerreichung: Ein Wechsel des Partners oder der Aufgabe bereits begonnener Projekte kommt für die Mehrheit der Unternehmen nicht in Frage. Keines der befragten Unternehmen möchte sein Outsourcing-Engagement auflösen. Auch an der Wahl des Dienstleisters hält die Mehrheit der Unternehmen rückblickend fest. 66 Prozent der befragten Unternehmen, die bereits Outsourcing betreiben, planen, das bestehende Projekt mit demselben Dienstleister fortzusetzen. 23,4 Prozent möchten den Auftrag teilweise neu und 10,6 Prozent den Auftrag völlig neu vergeben. 2006 wollten 37,6 Prozent der Unternehmen zumindest teilweise mit einem anderen Outsourcing-Partner zusammenarbeiten. Hier ist a1lso kein nennenswerter Fortschritt erkennbar.
Offshore kein Thema für kleine Unternehmen Das mag auch an der Auswahl des Dienstleisters liegen, denn die Zahl der zugelassenen Anbieter ist eher überschaubar. Lediglich jedes fünfte befragte Unternehmen hat mehr als drei Anbieter zur Ausschreibung zugelassen. Selbst bei Großunternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz werden nur in einem Drittel der Fälle mehr als drei Anbieter hinzugezogen. In die engere Wahl bei der Entscheidungsfindung wurden sogar nur in 3,1 Prozent der Fälle mehr als drei Anbieter einbezogen. Um während und nach der Umsetzung des Projektes eine stärkere Kontrolle des Outsourcing-Partners ausüben zu können, sucht sich die Mehrheit der Unternehmen Dienstleister in geografischer Nähe. 76,9 Prozent der befragten Entscheider lagern gezielt an Firmen in möglichst naher Umgebung aus, bestenfalls in derselben Stadt. 14,1 Prozent planen, Outsourcing-Projekte im benachbarten europäischen Ausland, beispielsweise in Polen oder Tschechien umzusetzen. Offshore-Outsourcing nach Indien oder in andere asiatische Länder ziehen nur neun Prozent der Unternehmen in Betracht. Die Planung, wohin die Reise bei der Fremdvergabe von Unternehmensaufgaben geht, hängt stark von der Größe des Unternehmens ab. Während für kleinere Unternehmen eine Auslagerung nach Asien fast keine Rolle spielt, planen immerhin 17,2 Prozent der Unternehmen mit bis zu einer Milliarde Euro Umsatz, ein Offshore-Projekt umzusetzen. Zudem richtet sich die Planung danach, wie global die verschiedenen Branchen aufgestellt sind. Handel und Öffentlicher Dienst bevorzugen fast immer das Auslagern an Firmen im Inland. Die IT- und Telekommunikationsbranche ist mit 25,6 Prozent eher bereit, ihre Projekte zumindest im europäischen Ausland Nearshore zu realisieren. Die hohe Nachfrage nach Ortsnähe zum Outsourcing-Partner bedeutet für Dienstleister, dass sie verstärkt im Umkreis des Auftraggebers anbieten. 61 Prozent der Unternehmen die ein Nearshore- oder Offshore-Outsourcing betreiben, wünschen sich eine verstärkte Betreuung, beispielsweise in Form eines Service-Centers vor Ort.
Standards erhöhen die Anbieterauswahl Damit Outsourcing-Projekte erfolgreich verlaufen, sind klar definierte Abläufe innerhalb eines Unternehmens notwendig. Die Mehrzahl der Unternehmen nutzt deshalb die Gelegenheit, vor der Umsetzung eines Outsourcing-Projektes die eigenen Geschäftsabläufe auf den Prüfstand zu stellen. 68,4 Prozent der Entscheider gaben an, ihre Prozesse und Organisation zeitgleich mit Auslagerungsvorhaben anzupassen. 58,2 Prozent der Betriebe bringen ihre IT-Infrastruktur auf den neusten Stand. Sie investierten in der Regel in Standardsoftware, um die Zusammenarbeit mit dem Outsourcing-Partner zu vereinfachen und um eine größere Auswahl möglicher Dienstleister zu haben. Outsourcing kann somit auch Hilfestellung bei der Optimierung der betriebsinternen Prozesse leisten.
Horst Buchfink, Outsourcingexperte bei Steria Mummert Consulting