Die Corona-Pandemie legte den Schalter um: Seitdem rollt die Digitalisierungswelle im Vertriebswesen. Nach fast zwei Jahren Social Distancing sind die neuen Prozesse fest im Arbeitsalltag verankert. Nun feilen Unternehmen an den nächsten Verbesserungen der digitalen Verkaufshelfer.
Die Corona-Krise bescherte vielen traditionellen Vertriebsstrukturen drastische Einschränkungen: Kontaktbeschränkungen, die Absage von Veranstaltungen, Fabrik- und Büroschließungen sowie flächendeckendes Homeoffice erforderten von Vertriebsmitarbeitenden ein Umdenken. Ganze Verkaufsteams mussten sich neu erfinden, von alten Tugenden Abschied nehmen und ein neues, digitales Zeitalter einläuten. Aller Vorurteile über verkrustete Strukturen und digitalisierungsmüde Unternehmen zum Trotz gelang dies überraschend gut: Laut einer Studie von Pipedrive nutzen heutzutage nur noch vier Prozent der Mitarbeitenden im Vertrieb Stift und Papier; 80 Prozent greifen hingegen auf CRM-Tools zurück. Vier von fünf Befragten erwarten deshalb auch im laufenden Geschäftsjahr höhere Umsätze. Digitale Tools sind inzwischen fester Bestandteil der Wertschöpfungskette im Vertrieb.
Hybride oder vollständig dezentrale Sales-Prozesse werden die Norm. Das klang vor der Pandemie wie eine Utopie, dann wie eine (notwendige) Übergangslösung – und inzwischen für viele Parteien vorteilhaft. Grund dafür sind digitale Tools wie CRM-Plattformen und Videotelefonie, die quasi den gesamten Vertriebszyklus in die digitale Welt projizieren. Termine werden mithilfe von übergeordneten Software-Lösungen transparent für alle Mitarbeitenden organisiert, Umsatzzahlen können tagesaktuell digital eingesehen und anhand der gewonnenen Daten punktgenau prognostiziert werden. Vertriebs-teams können bei Bedarf interne und externe Meetings auch im Homeoffice abhalten und potenzielle KundInnen werden mithilfe von intelligenten Datenbanken automatisch identifiziert.
VertrieblerInnnen müssen für Verkaufsgespräche nicht mehr von Termin zu Termin fahren – und es lassen sich pro Tag gegebenenfalls mehr Produktdemonstrationen im digitalen Raum durchführen als vor Ort realisieren. Bei KundInnen wird wiederum die Terminkalender entlastet, der Organisationsaufwand für Verkaufsgespräche sinkt.
Trotzdem bleibt der persönliche Kontakt auch 2022 weiterhin fester Bestandteil des Verkaufszyklus – nur eben großteils auf digitaler statt auf physischer Ebene. Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey wollen über 70 Prozent der Einkäufer im B2B-Bereich die menschlichen Interaktionen am Remote-Arbeitsplatz realisieren oder, wo möglich, einen digitalen Self-Service nutzen. Als Gründe dafür nennen sie die unkomplizierte Terminkoordination, Kosteneinsparungen und den Sicherheitsaspekt.
Bereits im Jahr 2019 stellte eine McKinsey-Analyse die Bedeutung von Personalisierung und Individualisierung in Marketing und Vertrieb fest. Laut der Studie gaben 44 Prozent der befragten Chief Marketing Officers (CMOs) an, ihre Mitarbeitenden würden mithilfe von Daten- und Analysetools gewinnbringende, persönliche Erlebnisse schaffen. Das deckt sich mit den Ergebnissen der Studie „Privacy & Personalization“ der Marketingplattform SmarterHQ; demnach reagieren fast drei Viertel der befragten KonsumentInnen nur noch auf personalisierte Ansprachen. Für den Vertrieb bedeutet das in erster Linie, nicht nur die richtigen Daten sammeln zu müssen, sondern diese auch zu verstehen und entsprechend einsetzen zu können. Von Demografien bis hin zu Produktnutzungsdaten – Unternehmen müssen die Pain Points jedes einzelnen Kunden und jeder einzelnen Kundin imm besser verstehen. Das Gelernte hilft zudem dabei, nur solche Marketingmaterialien anzubieten, die KundInnen wirklich benötigen. Im Umkehrschluss ergibt sich Cross- und Up-Selling-Potenzial.
Große Social Media Plattformen à la TikTok, Facebook und LinkedIn sind auch hierzulande immer beliebter – und das über alle Alters- und Zielgruppen hinweg, sowohl im B2C- als auch im B2B-Umfeld. Das Business-Netzwerk LinkedIn verzeichnet beispielsweise allein in der DACH-Region 17 Millionen registrierte NutzerInnen. Weltweit nutzen fast 800 Millionen Menschen die auf Beruf und Karriere spezialisierte Plattform. Hier ergeben sich wiederum Möglichkeiten für den Vertrieb, die in Deutschland allmählich auf die Agenda der UnternehmensentscheiderInnen rücken. Laut der B2B-Social-Media-Studie 2020 des 1. Arbeitskreises Social Media B2B und der Gesellschaft für Marktkommunikaton Althaller Communication, ist LinkedIn noch vor Facebook die führende Plattform in der B2B-Kommunikation. In den USA ist dieses Verkaufen über Social-Media- und Business-Netzwerke bereits länger unter dem Schlagwort „Social Selling“ bekannt und immer beliebter.