Fachleute aus dem Bereich mobile Kommunikation diskutierten heute in Dresden Forschungsergebnisse und innovative Konzepte, die den Mobilfunk in den nächsten zehn Jahren bestimmen werden.
Die Mobilfunkexperten um Professor Dr.-Ing. Gerhard Fettweis, Leiter des Vodafone-Stiftungslehrstuhls Mobile Nachrichtensysteme an der Technischen Universität Dresden (TUD), stellten die Schlüsseltechnologien für den Mobilfunk der Zukunft erstmals auch mit einem Demonstrator vor: Easy-C – die Abkürzung steht für "Enablers for Ambient Services and Systems – Part C: Wide Area Coverage" - soll nicht nur die steigenden Datenfluten der Industrienationen bewältigen. Das Potenzial dieser Technologien ermöglicht es, zuerst in Städten eine durchgehende Versorgung mit höherer Datenrate zu gewährleisten.
Netzbetreiber und Gerätehersteller stehen derzeit vor der Herausforderung, schnellere Netze mit höheren Datenraten zu entwickeln und für die Endkunden verfügbar zu machen. Die Mobilfunk-Spezialisten der TU Dresden arbeiten seit 2007 an Mobilfunkverfahren der übernächsten Generation, jenseits der derzeit verfügbaren Mobilfunkstandards GSM und UMTS. "Ziele unserer Forschung sind unter anderem das Erreichen höherer Datenraten, einer größeren Zuverlässigkeit und verbesserter Leistungseffizienz", erläutert Patrick Marsch, technischer Projektleiter an der TU Dresden. Erst kürzlich hat die Mobilfunkbranche die Spezifikation des neuen Standards für die mobile Kommunikation LTE (Long Term Evolution, Version 8) vervollständigt. Er wird voraussichtlich ab 2011 eingesetzt. Die Beteiligten haben zugleich eine LTE-Advanced-Initiative mit gestartet. Sie soll die Forschung weiter vorantreiben, um innovative Konzepte zu entwickeln und zu testen, die den Ansprüchen der übernächsten Generation des Mobilfunks gerecht werden.
Parallel zur LTE-Advanced-Initiative betreibt das deutsche Projekt Easy-C weltweit Spitzenforschung: "Wir wollen die spektrale Effizienz von Mobilfunksystemen maßgeblich verbessern und dadurch die Übertragung größerer Datenmengen bei sowohl geringeren Kosten als auch niedrigerem Energieverbrauch ermöglichen", erklärt Fettweis. "Von zentraler Bedeutung ist ebenso der Aspekt der Fairness: Mobilfunkssysteme der Zukunft müssen in der Lage sein, jedem Nutzer jederzeit und flächendeckend den gleichen hochqualitativen Service zu bieten."
Die kooperative Mobilkommunikation ist eine der Schlüsseltechnologien, auf die die Ingenieure setzen, um diese Ziele zu erreichen. "Verglichen werden kann der Mobilfunk von heute mit einer Cocktailparty. Durch die gleichzeitigen, parallelen Gespräche vieler Teilnehmer nimmt der Besucher sowohl die Stimme seines unmittelbaren Gesprächspartners wahr, als auch die Gespräche der Anderen – als störendes Hintergrundgeräusch. Diese Hintergrundgeräusche vermindern die Verständlichkeit in der Kommunikation. Analog ist die Interferenzbegrenzung von heutigen Mobilfunksystemen zu verstehen", erläutert Fettweis das Phänomen. "Wenn die Besucher die Gespräche der Anderen kennen würden, wäre es möglich die Hintergrundgeräusche auszublenden, und somit ein konzentriertes Gespräch mit seinem Gegenüber zu führen." Durch das Prinzip der kooperativen Kommunikation lässt sich die Verbindungsqualität deutlich steigern.
Innerhalb der Forschergemeinschaft sind die potentiellen Vorteile der kooperativen Kommunikation bereits bekannt. Easy-C ist jedoch das erste Projekt, welches die Technologien mit zwei großflächigen Versuchsinstallationen unter Verwendung bestehender Mobilfunkstandorte in Dresden und Berlin und unter repräsentativen Signalausbreitungsszenarios implementiert und testet. "Die Versuche erlauben eine Bestimmung der Leistungssteigerung verschiedener Kooperationstechniken unter praktischen Gesichtspunkten", sagt Fettweis. "Diese werden dann ins Verhältnis gesetzt zu dem Mehraufwand, der für die Kooperation erforderlich ist: zum Beispiel durch die erhöhte Komplexität der Basisstationen, die gestiegenen Anforderungen an Zeit- und Frequenzsynchronisation, sowie den Mehraufwand für die aufwändigere Kanal-Schätzung."
Easy-C untersucht und evaluiert auch andere in der LTE-Advanced-Initiative diskutierte Themen, wie erweiterte Multiantennensysteme (MIMO), kooperatives Ressourcenmanagement und selbstoptimierende Netzwerke. Auf diese Weise stellt das Projekt die weltweit ersten praktischen Ergebnisse für potentielle LTE-Advanced-Technologien zur Verfügung und hat Einfluss auf die Standardisierung für Mobilfunksysteme der übernächsten Generation.