Die International Telecommunication Union hat mit der Empfehlung G.9960 einen neuen Standard für die breitbandige Vernetzung im Heimbereich verabschiedet.
Die Empfehlung G.9960 rangiert unter dem Dach des übergeordneten G.hn-Regelwerkes und schafft eine standardisierte und interoperable Möglichkeit, Heimnetzwerke mit einer hohen Bandbreite für hochqualitative Übertragung von Video und Daten auszustatten. Als Übertragungsmedium kommen herkömmliche Strom-, Telefon und Koaxialleitungen in Betracht, so dass das Verlegen einer neuen Infrastruktur völlig entbehrlich ist.
Nach einer Verlautbarung der ITU wird der Datendurchsatz den zwanzigfachen Wert bisheriger drahtloser Varianten und das Dreifache bisheriger leitungsgebundener Systeme erreichen können.
Marktanalysten begrüßten den Standard. Kurt Scherf, Analyst bei Parks Associates kommentiert: »Wir glauben, dass die ITU-Arbeit ein wichtig Schritt in Richtung Defragmentierung der Branche und Umsetzung der Vision eines vernetzen Hauses ist.« Michael Wolf, Research Director bei ABI Research nennt gar konkrete Zahlen: »Sofern G.hn im Jahr 2010 in Geräten integriert ist, erwarten wir für 2013 die Auslieferung von rund 42 Mio. kompatiblen Knoten in Set-Top-Boxen, Gateways und anderen CPE-Einrichtungen.«
Sofort nach der Bekanntgabe der ITU-Entscheidung gab der spanische Halbleiterhersteller DS2 bekannt, dass er 2009 mit dem Chipsatz DSS9960 eine Halbleiterlösung auf den Markt bringen wird, die dem neuen Standard vollumfänglich entsprechen und zu den bisherigen DS2-Chips für Powerline Communications (PLC) kompatibel sein wird. Er wird zudem den Vorgaben der Universal Powerline Association (UPA) und der Open PLC European Research Alliance (OPERA) entsprechen. Die UPA erteilt Zertifizierungen für interoperable PLC-Produkte, OPERA ist ein europäisches Powerline-Förderprojekt, das die EU mit Finanzmitteln fördert.
Chano Gomez, VP Technology & Strategic Partnerships bei DS2, kommentiert: »DS2 hat als Mitglied des HomeGrid-Forums die Entwicklung des G.hn-Standards maßgeblich unterstützt und ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Zum ersten Mal hat die Powerline-Branche einen Standard erzielt. Dieses Ergebnis sollte nicht unterschätzt werden, weil die Branche jahrelang nicht im Stande war, sich auf einen einheitlichen Standard zu einigen.«
Diverse bisherige Standardisierungsbemühungen innerhalb anderer Gremien schlugen in der Tat deshalb fehl, weil sie keine Interoperabilität gewährleisten konnten. So arbeitet die IEEE-Arbeitsgruppe P1901 schon seit geraumer Zeit an einem Standard für PLC, mit dem das hausinterne Stromnetz für die breitbandige Kommunikation fit gemacht werden soll. Das Gremium konnte sich aber auch nach mehreren Anläufen und Abstimmungen nicht auf eine physikalische Schnittstelle einigen.
»Der in G.9960 vorgesehene Single-PHY-Standard stellt nun den Weg zur Interoperabilität sicher und ermöglicht Chipherstellern wie DS2 die Entwicklung kompatibler Chips«, sagt Gomez. Mit seiner Entscheidung hat die ITU nun Fakten geschaffen, an denen sich auch das P1901-Regelwerk wohl wird orientieren müssen.
Wim Ongena, Markt&Technik