CRN-Interview

»Nebenwirkungen von Vorratsdatenspeicherung kaum beherrschbar«

19. Mai 2016, 11:12 Uhr | Elke von Rekowski
Sebastian von Bomhard ist Vorstand der Spacenet AG.
© Spacenet AG

Der Internetprovider Spacenet will die Vorratsdatenspeicherung per Gericht zu Fall bringen. Mit Unterstützung des Internetverbandes eco reicht der Zugangsanbieter deshalb Klage beim Verwaltungsgericht ein. CRN sprach mit Sebastian von Bomhard, Vorstand der Spacenet AG, über die Hintergründe.

CRN: Ihr Unternehmen will mit der Unterstützung von eco gerichtlich feststellen lassen, dass es nicht verpflichtet ist, die Regelungen der neuen Vorratsdatenspeicherung zu befolgen und hat deshalb Klage erhoben. Bitte erläutern Sie die Gründe dafür.

von Bomhard: Wir glauben, dass die Vorratsdatenspeicherung gekippt werden wird und sehen es deshalb nicht ein, jetzt zu investieren. Sie verstößt derart signifikant gegen Verfassungen und Gesetze, sei es in Deutschland oder in ganz Europa, dass die Vorratsdatenspeicherung entweder ganz kassiert wird oder aber noch einmal völlig umgebaut werden wird - was unsere Vorarbeiten dann entwerten würde. Gleichzeit ist der Nutzen der Vorratsdatenspeicherung, gelinde gesagt, zweifelhaft, so dass die Ressourcen ernsthaft verpulvert würden.

CRN: Welche Gefahr sehen Sie ganz konkret durch das im Dezember in Kraft getretene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung?

von Bomhard: Der mögliche Nutzen der Vorratsdatenspeicherung steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Die Nebenwirkungen hingegen sind kaum beherrschbar, erst recht, sobald wir noch mehr Anwendungen im Internet der Dinge haben werden. Mit den Nutzungsdaten auf Internetebene fängt man keine Terroristen. Die größten Erfolge sind bei Ordnungswidrigkeiten zu erwarten, deren Verfolgen über Vorratsdatenspeicherung dann aber wieder an der Verhältnismäßigkeit der Mittel scheitern dürfte.

CRN: Welche Auswirkungen hat das Gesetz Ihrer Einschätzung nach auf die Unternehmen der Internetbranche? Worauf müssen sich Kunden einstellen?

von Bomhard: Das Internet wird teurer, denn letztlich landen Kosten irgendwann immer in den Verbraucherpreisen. Es sind von den Internetanbietern ja nicht nur teure Softwarelösungen zu erstellen, individuell natürlich, denn es gibt kaum Standardsoftware für Provider, sondern auch Prozesse einzuführen bis hin zur Schaffung eigener Stellen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Frage ist beispielsweise nur mit Fachleuten zu bewältigen.

CRN: Was raten Sie Ihren Unternehmenskunden angesichts der aktuellen Rechtslage?

von Bomhard: Geheimnisträger müssen noch vorsichtiger vorgehen. Wir werden aber mitteilen, sobald wir Daten weitergeben, wie es derzeit im TKG gefordert wird. Bis dahin ändert sich nichts - und wenn sich das Gericht unserer Sicht anschließt, auch danach.

CRN: Hat die aktuelle Rechtslage Ihrer Einschätzung nach auch konkrete Auswirkungen auf ITK-Fachhändler/Systemhäuser?

von Bomhard: Bei Berufsgeheimnisträgern muss man bei Planung und Betrieb genauer hinschauen, wo sich Probleme ergeben können. Das betrifft Berater, Planer, aber auch Softwarehersteller. Manche Cloudlösung verrät dann vielleicht doch zu viel über das Profil ihrer Nutzer. Diese Nachteile lassen sich aber in vielen Fällen durchaus umgehen.


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