Industrie 4.0 bahnt sich den Weg in die Unternehmen. Doch fehlende Standards und komplexe IoT-Plattformen erscheinen einigen als unüberwindbare Hürde. Aber muss es immer gleich der große Wurf sein? Und welche Rolle kann bei einer pragmatischen Herangehensweise ein ERP-System spielen?
„Ein ERP-System mit Integrationsfähigkeiten kann als Schaltzentrale sowohl bei der Nutzung von spezifischen Daten als auch bei der Vernetzung in der Produktion Aufgaben übernehmen“, sagt Jan Völker, Integrationsarchitekt bei Pro Alpha. Das Unternehmen gibt hierzu einige Denkanstöße und Beispiele.
So zum Thema Logistik und ERP: Für eine optimale Steuerung von Aufträgen über den Shopfloor sei es wichtig, Warenträger, Materialien, Halb- oder Fertigerzeugnisse genau zu lokalisieren. Dafür bieten sich verschiedene Technologien an. Eine davon sind Barcodes. In der Halle verfolgt ein Kamerasystem die Bewegung der mit 2D-Barcodes ausgestatteten Werkstücke und Paletten in der Halle, die in verschiedenfarbige Zonen eingeteilt ist. Bei einem Ortswechsel liefert es Daten zur Position, zur Farbzone sowie einen Zeitstempel. Das ERP-System hinterlegt dann beim Produktionsauftrag eine Historie aller Ortswechsel: die Datenbasis für weitere Optimierungen.
ERP steuert Maschine
Für die Übermittlung von Zustandsdaten aus der Produktion an ein ERP gibt es standardisierte Lösungen. Anders sieht es mit der direkten Produktionssteuerung aus dem ERP-System aus. Im Zuge eines Pilotprojekts von Pro Alpha konnte nun gezeigt werden, dass sich mit einem ERP-System nicht nur sämtliche Produktionsunterlagen wie Stücklisten und Arbeitsaufträge erzeugen lassen. Laut Pro Alpha kann es über den integrierten Enterprise Service Bus auch die nötigen Maschinenbefehle absetzen, beispielsweise zum Bohren von Löchern oder zum Einsetzen von Schrauben in das zu produzierende Teil. Voraussetzung hierfür ist, dass die Maschine das Teil kennt und sich entsprechend rüsten kann. In dem Pilotprojekt wurde für den Informationsaustausch mit der Maschine ein Raspberry Pi Minirechner genutzt. Je nach dem anzusprechenden Maschinentyp könnte dies auch das Maschinenportal des Maschinenherstellers oder eine direkte Netzwerkschnittstelle übernehmen.
Minirechner als Mittelsmann
Und was, wenn Produkte noch nicht voll vernetzt sind? Pro Alpha regt an, wie man mit „Bordmitteln“ Schritte in Richtung Predictive Maintenance-Ansatz gehen kann, wie mit einer Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS). Am Beispiel eines Herstellers von Parksystemen zeigt sich, wie das funktionieren kann. So lieferte die SPS von jeher Daten zum Zustand eines Parksystems. Um zu identifizieren, welche Maschine ein Problem meldet, wurde der Maschine ein Minirechner vorgeschaltet. Dieser fügt Zustandsdaten der SPS mit Geräteinformationen zusammen. Den Transport der Daten übernimmt auch hier ein Enterprise Service Bus.
Auf die Richtung kommt es an
Diese Beispiele sollen zeigen, dass auch mit pragmatischen Ansätzen ein Schritt Richtung Industrie 4.0 gegangen werden kann. In den Augen von Pro Alpha seien dazu nicht immer Echtzeit-Massendaten à la Big-Data nötig, um einen Mittelständler in puncto Industrie 4.0 voranzubringen. Jan Völker rät, sich einige grundlegende Fragen zu stellen. „Beispielsweise, welche Automatisierung oder Änderung in der Produktion würde helfen, damit unser Unternehmen flexibler oder effizienter produzieren kann? Welche Daten können die Produkte meines Unternehmens zum Nutzen meiner Kunden bereitstellen? Und welche Daten wären vorhanden, können aber noch nicht im nötigen Umfang bereitgestellt werden? Was wäre hierzu noch notwendig?” Unternehmen, die diese Punkte für sich klären können, haben nach Völker bereits den ersten Schritt in Richtung Industrie 4.0 getan.