Abgeschrieben

17. März 2005, 0:00 Uhr |

Abgeschrieben. Dass Steuersparen noch kein eigenes Schulfach in Deutschland ist, wundert angesichts der PISA-Studien wenig, schließlich ist man hierzulande schon froh, wenn Schulabgänger einigermaßen ordentlich lesen und schreiben können.

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Zumindest sollte es aber an den Fachhoch- schulen und Universitäten gelehrt werden, stellt es doch bald die einzige Möglichkeit für eine Firma mit Sitz in Deutschland dar, noch Gewinne zu schreiben. Neuester Coup des Fiskus: Die Anschaffungskosten von Software sollen auf zehn Jahre verteilt zur Abschreibung angerechnet werden. Für Rainer Calmund und Uli Hoeneß mag das ja gerade noch angehen, schließlich fallen die Kosten für den »Fußball Manager 2004« von EA Sports noch unter die Kategorie »geringwertige Wirtschaftsgüter«; schafft sich Borussen-Präsident Dr. Reinhard Rauball aber eine Sitzplatzverwaltungssoftware für das ihm vielleicht wieder oder doch nicht gehörende Stadion an, dann wird das wohl nicht unter 410 Euro zu haben sein ? also ist die Abschreibung auf zehn Jahre demnächst dann zwingend. Aber wahrscheinlich spielt Dortmund schon in einer Spielklasse, in der eh nur noch ehrenamtliche Mitarbeiter dem Verein seine Dienste anbieten. Und ist erst mal die Software abschreibungsverlängert, dann wird es bis zu anderen Dingen nicht mehr weit sein. Insider wollen beobachtet haben, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel seine Dienstsocken seit dem Amtsantritt 1999 nicht mehr gewechselt hat und leiten daraus ab, dass auch Dienstkleidung länger als bisher getragen werden soll.

Bittere Zeiten also für Unternehmen und Selbstständige, die in die Zukunft investieren. Vielleicht sollte man sich da an dem ungeliebten Nachbarn Niederlande ein Vorbild nehmen. Dort ist nicht nur die Bandbreite legaler Drogen größer, die Schaufensterdekorationen attraktiver und der Käse löchriger, auch die Regelungen bezüglich der Abschreibung von Investitionsgütern sind großzügiger. So konnte jetzt ein rechtskräftig verurteilter Bankräuber den Erwerb seiner Waffe abschreiben. Voraussetzung war allerdings, dass das mit der Investition angestrebte Unternehmen erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Verhaftung und Verurteilung wurde als erfolgreicher Abschluss gewertet. Das wäre doch auch ein Modell für Deutschland: Wer Gewinne erwirtschaftet, darf seine Software abschreiben, wer erfolglos vor sich hinwurstelt, muss bluten.


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