CRN-Umfrage in der Distribution: Zahlreiche Allokationen zum Jahresendgeschäft

2. Dezember 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

CRN-Umfrage in der Distribution: Zahlreiche Allokationen zum Jahresendgeschäft. Festplatten, Flash-Speicher, Grafikkarten, Intel-CPUs, Handys ? bei diesen Produktgruppen kommt es im Weihnachtsgeschäft zu Lieferschwierigkeiten. Distribution und Handel sehen den wichtigsten Wochen des Jahres mit gemischten Gefühlen entgegen.

CRN-Umfrage in der Distribution: Zahlreiche Allokationen zum Jahresendgeschäft

Gleich mit einer ganzen Reihe Verknappungen im Distributionsgeschäft rechnet KLE-Chef Stefan Baumeister: »Pioneer DVD-Recorder und High-End-Grafikkarten sowie 2,5- und 3,5-Zoll-Festplatten werden knapp.« Sein Kollege Andreas Herrmann, Leiter der Eigenmarke Lynx, ergänzt: »Intel Serverbuilding Blocks und Socket 478 Intel Pentium 4 CPUs sind ebenfalls in Allokation, daher rechne ich mit einem Nachfragestau bei größeren Serversystemen.« Als Alternative zu den Chipsätzen der High-End-Grafikkarten kann Baumeister nur den Umstieg auf Karten mit geringerer Leistung anbieten. Und Herrmann stellt fest, dass sich viele Kunden statt für Serversysteme mit Intel-Plattformen für Supermicro-basierte Lynx IQ-Server entscheiden würden. Engpässe bei Festplatten und Grafikkarten bestätigen auch die Distributoren Tech Data und Devil beziehungsweise Ingram Micro. Die Schwierigkeiten bei kleinen Festplatten könnten ein Resultat der großen Nachfrage der UE-Hersteller sein, welche die Platten beispielsweise in DVD-Recordern verbauen. Actebis sieht darüber hinaus ähnliche Probleme bei S-ATA- und großen Festplatten-Kapazitäten. Dem Broadliner zufolge sind außerdem High-End-Grafikkarten der X800- und 6800-Serie bereits seit Produktankündigung eng (siehe Überblickskasten unten).

Oliver Haubrich, Geschäftsführer von Electronic Partner, hat zwar für den gesamten CE-Produktbereich noch »keine globale Verknappung« ausgemacht. Gleichwohl gebe es immer wieder mal Allokationen. COS-Chef Peter Becker zufolge könne es bei Flash-Speicher zu Engpässen kommen. »Bei Festplatten sind wir für die verstärkte Nachfrage gut gerüstet«, gibt er ? zumindest für COS ? Entwarnung. Die Lieferschwierigkeiten bei Flash-Cards wurden CRN auch von Distributor E&K Data und Hersteller Sandisk gemeldet. Actebis beobachtet außerdem eine Verknappung bei Intel-CPUs.

Aber nicht nur IT-Komponenten, auch Produkte aus der Telekommunikation werden zum Jahresendgeschäft nur noch schwer lieferbar: Bereits im vergangenen Jahr war es bei Prepaid-Paketen eng, auch in 2004 ist mit Problemen zu rechnen. Der Grund: Die Netzbetreiber haben einige Pakete aus dem Programm genommen, weil sie primär Vertragskunden gewinnen wollen. Viele Nutzer setzen aber nach wie vor auf die vergleichsweise günstigen Bundles - gerade als Weihnachtsgeschenk. Auch höherwertige Handys von Samsung und Nokia können wahrscheinlich nicht in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden. Die TK-Großhändler Komsa und NT Plus rechnen für beide Hersteller mit Problemen - das gilt besonders für den neuen Nokia-Communicator 9500 sowie für die Modelle 2600 und 6610i der Finnen.

Trotz der Allokationen in einigen Produktsegmenten rechnet der deutsche IT-Handel nur mit einem mäßigen Jahresendgeschäft. Nur der Online-Handel frohlockt. Laut Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) rechnen die Mausklick-Händler für November und Dezember mit einem Umsatzvolumen von etwa 3,2 Milliarden Euro. Das wären knapp fünf Prozent des gesamten Weihnachtsgeschäfts im deutschen Einzelhandel, rechnet HDE-Hauptgeschäftsführer Holger Wenzel hoch. Bei solchen Zuwächsen kann der stationäre Fachhandel nur noch traurig hinterher blicken: »Wir haben eine Allokation der Kunden«, bringt Jürgen Rakow, Vorstand der Vobis AG, die Situation auf den Punkt. Und KLE-Chef Baumeister ergänzt: »In der Distribution von Komponenten gibt es bisher kein ausgeprägtes Jahresendgeschäft.« Thomas Veit, Chef vom Zubehör-Disti Softcarrier, spürt schon seit einigen Jahren nur noch wenig von einem richtigen Weihnachts- oder Jahresendgeschäft. »Es sieht so aus, dass die Jahresendralley ganz ausfällt«, ist Veit pessimistisch. Wie Vobis-Chef Rakow sieht er die Ursache in der miserablen Konsumentenstimmung. Die Branche hofft jetzt vor allem darauf, dass viele Kunden nach Weihnachten doch noch zum Geldbeutel greifen werden. »Von unseren Händlern ist immer wieder zu hören, dass bei den Kunden das Geld knapp sei und man auf das Weihnachtsgeld warte«, hat Peter Becker ausgemacht. Außerdem würden sowohl Retailer als auch Fachhändler sehr spät ordern. »Das vierte Quartal wird sehr, sehr bescheiden ausfallen«. Frank Roebers, Vorstandssprecher PC-Spezialist, »war noch nie so unsicher, wie in diesem Jahr«. Für EP-Chef Haubrich ist für den Fachhandel »das Endspiel angepfiffen« worden. »In den nächsten zwei bis drei Jahren wird es für den Handel zu Strukturverschiebungen kommen, die sehr dramatisch sein werden«, sorgt er sich.

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Achtung! Diese Produkte sind schlecht lieferbar

Flash-Speicher

Flash-Speicher werden in Handys, Digitalkameras oder MP3-Playern eingesetzt. Also in Produkten, die traditionell im Jahresendgeschäft stark nachgefragt werden. Laut Peter Stelter vom Distributor E&K Data und Peter Becker von COS werden Flashs im Jahresendgeschäft knapp. Das bestätigt auch Hersteller Sandisk, die Nummer drei auf dem weltweiten Flash-Markt.

Grafikkarten

Allokationsgefahr auch bei Grafikkarten: Vor allem bei höherwertigen Modellen wird es eng. Laut Ernst Steingraber vom Broadliner Ingram Micro gibt es Engpässe bei ATI (bei allen Herstellern wie Sapphire, MSI), allen Radeon 9600ern-, 9800 Pro- und X800-Produkten. Betroffen ist auch die komplette 6800er Reihe bei Nvidia sowie alle Midrange-Grafikkarten der 6600er Reihe. Eine Verknappung bei High-End-Grafikkarten bestätigt KLE-Chef Stefan Baumeister. Auch Actebis meldet Engpässe bei der X800- und 6800-Serie. Darüber hinaus seien Midrange-Karten wie 9800 Pro und 9600 seit zwei Monaten schlecht lieferbar.

Festplatten

Laut Michael Berg, BU Manager Components & Supplies bei Broadliner Tech Data, sind 80GByte-Festplatten knapp. Eine Allokation sieht auch Krystaltech Lynx-Chef Stefan Baumeister: »2,5- und 3,5-Zoll-Festplatten könnten eng werden.« Ähnlich äußert sich Devil-Chef Karsten Hartmann: »Vor allem kleine Festplatten sind auf Allokation. Größere könnten folgen.« Actebis zufolge sind S-ATA und große Platten von Allokation betroffen.

Nokia- und Samsung-Handys

Lieferschwierigkeiten gibt es bei den neuen Handy-Modellen von Nokia und Samsung. Davon gehen TK-Distributoren wie beispielsweise Komsa und NT Plus aus. Samsung hat in den vergangenen Wochen mit SGH-X460, SGH-E330 und SGH-P730 gleich mehrere neue Modelle vorgestellt. Das P730 ist das erste Gerät von Samsung mit einer Megapixel-Kamera. Marktführer Nokia ist auch gefragt: Schlecht lieferbar sind bereits das 2600 und das 6610i. Nur bedingt lieferbar ist der neue Commincator 9500 (siehe Foto) sowie das Modell 2650 ? berichtet beispielsweise NT Plus.

Navigations-Software

Vielfahrer schätzen mittlerweile die praktischen Navigations-Systeme. Nicht nur Michael Möller von Dangaard Telecom rechnet mit einer hohen Nachfrage zum Weihnachtsgeschäft. Wie von NT Plus zu hören war, ist »Go« von Hersteller Tom Tom aufgrund der hohen Nachfrage bereits schlecht lieferbar. Beim Konkurrenten Naviflash wird mit der Hauptverfügbarkeit erst im Dezember gerechnet.

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Kommentar

CRN hat sich bei einer großen Anzahl Distributoren umgehört, ob es in den nächsten Tagen zu Lieferschwierigkeiten kommen wird. In der Tat wird es unter anderem bei Festplatten, Grafikkarten, LCD-TVs oder Flash-Speichern eng. Dass es in dem jeweiligen Produktsegment zu einer Allokation kommen wird, wurde uns immer von mehreren Grossisten bestätigt. Außerdem gaben fast alle Befragten eine schlechte Prognose für das Jahresendgeschäft ab. Keine Waren, keine Kunden ? das ist wahrlich keine erfolgversprechende Kombination.


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