IT für heikle Bankkunden. Die Halle 17 bietet auf der Cebit gebündelte Informationen für die Finanzbranche. Im Scheinwerferlicht stehen im besonderen Vertriebsaspekte, um wählerisch gewordene Kunden gewinnen und halten zu können.
Die Sonderschau Bank-Finanz-Systeme (BFS) findet auf der Cebit bereits zum 26. Mal statt. Im vergangenen Jahr zog diese Veranstaltung auf der Messe 97000 Besucher und 95 Aussteller an und war damit das am stärksten frequentierte Forum der Bank- und Finanzwirtschaft in Europa. Diesmal liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Vertrieb, das für die Banken mit Blick auf verändertes Kundenverhalten aktuell von Belang ist. Daneben steigen der Kostendruck und die Renditeerwartungen der Anleger - was wie ein Gemeinplatz wirkt, hat unlängst für Aufsehen gesorgt, als die Deutsche Bank viele Mitarbeiter entließ. Mit der Absicht, geschäftsfördernde Innovationsmöglichkeiten aufzuzeigen, will die Schau technische und organisatorische Informationen bieten. In einem Wettbewerb soll außerdem die Geschäftsstelle des Jahres gekürt werden.
Vorrang für die Strategie
»Das ist nicht die Zeit der großen Kracher«, meint Frank Klingler, Geschäftsführer der Klingler Managementberatung und Organisator der BFS. In der jüngeren Vergangenheit haben sich die Banker sehr von der Technologie bestimmen lassen und gemeint, am besten alles über das Internet abwickeln zu sollen. Unrühmliches Paradebeispiel war die Deutsche Bank, die ihre Kunden geradezu aus den Filialen drängte. Inzwischen werde das realistischer gesehen: »Das Internet ist lediglich ein Kanal neben anderen.« Derzeit dominiert Klingler zufolge eine andere Denkweise: »Am Anfang stehen strategische bankfachliche Überlegungen, die Wahl der technologischen Mittel ergibt sich daraus.« Die Rückbesinnung auf die Bankfilialen bedeute eine Aufwertung der Privatkunden, die einst bei den hiesigen Geldhäusern an oberster Stelle standen.
Amerikanischen Vorbildern folgend war vor einigen Jahren das Investment Banking in den Vordergrund getreten. Nachdem das ehedem grassierende Fusionsfieber abgeklungen ist, wird dieser Zweig heute nüchterner betrachtet, und viele Geldhäuser entdecken das Geschäft mit Privatkunden wieder für sich. Ergänzend arbeiten Banken und Versicherungen verstärkt zusammen. Prominentes Beispiel ist die Dresdner Bank, inzwischen Teil des Versicherungskonzerns Allianz. Die Kunden in den Filialbanken werden indes kritischer, Informationen über Standardprodukte sind im Prinzip für alle Interessierten zugänglich und vergleichbar. Die Zahl der Kunden, die sich das Beste bei unterschiedlichen Finanzdienstleistern zusammensuchen, wächst. Neben den Banken bieten außerdem zum Beispiel Kapitalanlagegesellschaften Produkte und Beratung in Sachen Investmentfonds an. Andere Finanzdienstleister haben sich auf Kredite beim Immobilienerwerb spezialisiert. Der Wettbewerb wird härter, die Anforderungen an die Vertriebsmitarbeiter und Kundenberater steigen dadurch. Filialen wieder wichtiger
Was qualitativ kein Geheimnis ist, hat das in Stuttgart ansässige Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in einer Studie namens »Bank & Zukunft 2004-2005« nun quantitativ untermauert: dass nämlich die Banken den Vertriebsort Filiale wieder wichtiger nehmen. Auf der BFS wird diese Studie vorgestellt. 34,4 Prozent der Befragten sehen die Entwicklung neuer Filialkonzepte als wichtig an, nur knapp 18 Prozent der Institute planen Filialschließungen. Die Filiale sollte, empfehlen die Fraunhofer-Leute, den Kunden einen erkennbaren Mehrwert bieten und sich in die gesamte Vertriebsstrategie einfügen, die ergänzend weitere Kommunikationskanäle umfasst. Es gelte, die Angebote an den neuen Anforderungen auszurichten und bestehende Bankprodukte einzubeziehen. Um dieser Situation gerecht zu werden, müssen sich die Filialbanken personell, organisatorisch und eben auch informationstechnisch verändern. Sie müssen konkurrenzfähige Standardprodukte und gleichzeitig vertrauenswürdige Beratung anbieten.
Neben bankfachlichen und im engeren Sinn vertrieblichen Fähigkeiten ist in diesem Zusammenhang Wissen über den Kunden relevant - in gängigen IT-Begriffen gesprochen: das Thema Customer Relationship Management (CRM). Vermehrte Aufmerksamkeit hat in diesem Bereich in jüngerer Vergangenheit das Customer Value Management gefunden: Es gilt, nicht jedem Kunden alles anzubieten, sondern zu angemessenen Kosten gezielt das, wofür er seiner Situation zufolge empfänglich sein dürfte. Als ein Instrument zur Kundenbindung sollen auf der BFS auch Signaturkarten ins Scheinwerferlicht gerückt werden.