Microsofts CRM-Geschäft läuft noch nicht rund

3. März 2005, 0:00 Uhr |

Microsofts CRM-Geschäft läuft noch nicht rund. Microsoft hat die neue Version von MS-CRM, der Software für das Management von Kundenbeziehungen, auf Ende 2005 verschoben. Doch ihre Funktionalität stellt Kunden und Fachhändler noch nicht rundum zufrieden. Auch der vergleichsweise hohe Preis des aktuellen Releases behindert die Partner beim Verkauf. Jetzt sollen Sonderangebote das Geschäft ankurbeln.

Microsofts CRM-Geschäft läuft noch nicht rund

Autor: Eberhard Heins
78.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland brauchen CRM-Lösungen. Diese vielversprechende Zahl verkündete der Microsoft-Geschäftsführer Jürgen Gallmann zum Deutschland-Launch von MS-CRM im Februar 2004. Doch lediglich 200 Kunden konnten die Unterschleißheimer seitdem für ihr Software-Paket gewinnen. »Das ist nicht so berauschend«, findet Frank Naujoks, Analyst bei der Hewson-Group.

Denn diese Absätze verteilen sich auf 100 Vertriebspartner, die sich Microsoft zufolge in Deutschland für MS-CRM zertifiziert haben. Das ergibt durchschnittlich zwei Kunden pro Reseller. Doch diese Rechnung stimmt nicht ganz, denn allein Unidienst, ein Partner, der sich sehr auf MS-CRM konzentriert, meldet 15 Kunden, der Navision-Partner Orbis kann fünf Installationen vorweisen. Zwei der 100 Partner haben somit zehn Prozent der gesamten MS-CRM-Installationen durchgeführt. Die restlichen 98 Partner dürften da bislang nur schwerlich die Kosten für die Zertifizierung, wie Partnerschaftsvertrag, Schulungen und Personalkosten, erwirtschaftet haben.

»Die meisten Fachhandelspartner kamen im letzten Quartal dazu«, informiert Eduard Dell, Produktmanager CRM bei Microsoft. Er räumt aber ein, dass 15 der 30 aktiven Wiederverkäufer, die seit dem Produktstart dabei sind, 50 Prozent der Installationen verbuchen. »CRM ist ein erklärungsbedürftiges Produkt, das an Partner mehr Anforderungen stellt als reine technische Expertise«, erklärt Hewson-Analyst Naujoks. Microsoft hätte mit Unterstützungsmaßnahmen wie Ausbildung, Lead-Generation und Kunden-/Interessenten-Veranstaltungen für ein zusätzliches Verkaufsmomentum sorgen können. Das hat der Hersteller jedoch versäumt.

Aus diesem Grund sind auch die beiden erfolgreichen MS-CRM-Partner Unidienst und Orbis nicht uneingeschränkt glücklich: »Im vergangen Jahr lief es nicht so gut«, berichtet Achim Gounar, Produktmanager MS-CRM bei Orbis. Bei seinen Kunden aus dem gehobenen Mittelstand seien aber die Entscheidungszyklen auch länger als bei Kleinunternehmen. Er hofft deshalb auf 2005: »Wir haben viele Interessenten in der Pipeline«, berichtet Gounar.

ERP-Basis nimmt MS-CRM nicht an

Orbis vertreibt auch das ERP-Paket Navision der MBS. Eigentlich eine gute Ausgangsposition, denn alle 12.500 Navision-Anwender in Deutschland sind potenzielle MS-CRM-Kunden. Bisher konnte Orbis allerdings noch keinen Navision-Kunden für MS-CRM gewinnen. »Diese erwarten ein fertiges Plug-In von Microsoft für die Integration. Eine Anbindung ist zwar möglich, erfordert aber einen hohen Integrationsaufwand«, begründet Gounar. Im Gegensatz zu den SAP-Kunden hätten Navision-Anwender dafür kein Verständnis. Microsoft betrachtet die Integration dagegen primär als Sache der Partner. »Uns ist der Wunsch einiger Partner aber bekannt, und wir evaluieren deshalb eine Integrationslösung auf Basis des Biztalk Server«, verspricht Dell. Eine finale Entscheidung sei allerdings noch nicht gefallen.

Neben einem Navision-Plug-In erhofft sich Orbis-Manager Gounar vor allem eine erweiterte Office-Anbindung. Das Information Bridge Framework, das darauf zielt, CRM-Daten und -Aktivitäten direkt aus Office-Dokumenten zur Verfügung zu stellen, ist bis dato aber nur in einer englischen Version verfügbar, die nicht mit dem deutschen MS-CRM eingesetzt werden kann. Bis Ende März will Microsoft dieses Problem laut Dell gelöst haben.

Vor der Funktionalität steht aber gerade beim Mittelstand häufig der Preis als wichtigstes Kriterium bei der Kaufentscheidung. Die unverbindliche Preisempfehlung für MS-CRM liegt bei 1.100 Euro für eine Serverlizenz pro Sales- oder Servicemodul. Hinzu kommen Kosten pro Benutzer von 945 Euro für die Professional- und 500 Euro für die Standard-Edition. Microsoft erzielt damit jedoch keinen wirklichen Preisvorteil gegenüber Wettbewerbsprodukten von Herstellern wie Frontrange, Superoffice oder Sage. ASP-Offerten von Salesforce.com oder Siebel ermöglichen es Kunden zudem, ihre Kosten monatlich zu verteilen. Während Microsoft über die Lizenzprogramme Multi Year Open und OSL (Open Subscription License) bereits eine jährliche Zahlungsweise ermöglicht, evaluiert der Software-Riese derzeit noch ein Modell mit monatlicher Zahlungsweise: »Dieses Pricing kommt nicht vor dem Release 2.0«, betont Dell. Bedingt durch die Opensource-Konkurrenz sei laut Hewson-Analyst Naujoks im CRM-Markt obendrein ein deutlicher Druck auf die Konditionen zu spüren. Deshalb sei der richtige Preispunkt wichtiger denn je.

Kampfangebot für MS-CRM geschnürt

Das hat jetzt auch Microsoft erkannt: Ab 1. März erhalten Unternehmen, die den Windows Small Business Server Premium Edition einsetzen, Microsoft CRM zu einer unverbindlichen Preisempfehlung von 560 Euro für das Basis-Modul und 560 Euro pro Client für die Professional- beziehungsweise 220 Euro für die Standard-Edition. Das Angebot ist auf 15 Lizenzen begrenzt und gilt nur bis zur Verfügbarkeit des Release 2.0.

Das kann sich allerdings noch hinziehen. Im Gegensatz zum Preis lässt sich die funktionale Tiefe nicht so einfach an die Wünsche der Partner und Kunden anpassen. Das CRM-Team von Microsoft hat deshalb den Produktionsbeginn (RTM ? Release to Manufacture) der neuen Version 2.0 auf das vierte Quartal 2005 verschoben. In Deutschland soll das neue Release 30 bis 90 Tage nach dem Produktionsbeginn verfügbar sein. »Wir rechnen mit einer deutschen Version erst im zweiten Quartal 2006«, meint Naujoks. Diese Verzögerung Kunden begreiflich zu machen, die ihre CRM-Probleme lösen wollen, sei eine der Hauptaufgaben von Microsoft und seinen Partnern. »Gelingt dies nicht, werden sich potenzielle Kunden wohl nach einer Alternative umsehen«, warnt der Analyst. Die von Microsoft-Geschäftsführer Gallmann anvisierten 78.000 potenziellen Kunden rücken dann in weite Ferne.

______________________________________________

INFO

Microsoft Deutschland GmbH
Konrad-Zuse-Str. 1, D-85716 Unterschleißheim
Tel. 089 3176-0, Fax 089 3176-5111
www.microsoft.de


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!