Pro: International vergleichbare Zahlen mit Doppik. Als erste deutsche Großstadt hat Nürnberg zum 1.1.2005 ihr kamerales Rechnungswesen durch Doppik abgelöst.
Zusammen mit dem IT-Dienstleister Siemens Business Services und der Firma arf als betriebswirtschaftlichem Berater gelang es der Kommune, das Projekt »Neues Rechnungswesen Nürnberg« innerhalb von zweieinhalb Jahren erfolgreich zu realisieren. Alle bisher verwendeten Software-Programme wurden durch die Standardsoftware SAP R/3 ersetzt. Die Stadt Nürnberg bucht nun ausschließlich doppisch-kaufmännisch und orientiert sich an den Bestimmungen des deutschen Handelsrechts. Teil der Drei-Komponenten-Rechnung des neuen kommunalen Rechnungswesens, bestehend aus Ergebnishaushalt, Finanzhaushalt und kommunaler Bilanz, ist eine konzeptionell und systemtechnisch vollintegrierte Kosten- und Leistungsrechnung (KLR). Zur Planung, Steuerung und Rechnungslegung auf Ebene der Dienststellen dienen Teilergebnishaushalte, die um Daten der KLR sowie des Investitionsplans ergänzt werden.
Erhöhte Transparenz
Für die Einführung von Doppik gab es zahlreiche Gründe. Ein wesentliches Argument ist die höhere Transparenz. Die doppelte Buchführung erfasst nicht nur den Geldverbrauch wie die Kameralistik. Vielmehr stellt sie ein komplettes Ressourcenverbrauchskonzept dar, das heißt es werden sowohl das Gesamtressourcenaufkommen als auch der -verbrauch einander gegenüber gestellt. Darin sind beispielsweise auch zukünftige Verpflichtungen wie Pensionsrückstellungen oder der Werteverzehr des Vermögens berücksichtigt, die bisher aus der kameralen Buchführung nicht hervorgegangen sind. Dort ließ sich lediglich der Schuldenstand dem Vermögen gegenüberstellen. Eine realistische Prognose über die mittel- bis langfristige Entwicklung war nicht möglich.
Von der erhöhten Transparenz profitieren zum einen die Bürger, die einen genauen Überblick über den Einsatz der Steuergelder erhalten. Zum anderen können auch die Verantwortlichen die Bilanzen einfacher nachvollziehen und Entscheidungen auf Basis detaillierter Zahlen aus der Kosten- und Leistungsrechnung treffen. Denn während das kameralistische Rechnungswesen hierfür aufwändige Nebenrechnungen erfordert, führt das doppische System die Zahlen aus der Gewinn- und Verlustrechnung automatisch mit. Mit Hilfe dieser Informationen ist ein konkreter Kosten- und Leistungsvergleich möglich: Die Kommune kann genau ermitteln, was Dienstleistungen wie etwa das Ausstellen eines Reisepasses oder eine bestimmte Sozialhilfeleistung kosten und gezielt Maßnahmen ergreifen, um die Steuergelder effizienter einzusetzen.
Auch das Rechnungswesen selbst kann mit Doppik effizienter abgewickelt werden. In Nürnberg erfolgen Verrechnungen innerhalb der Stadtverwaltung nun ausschließlich in der Kosten- und Leistungsrechnung. Da diese Vorgänge weitgehend automatisiert sind, wird der buchungs- und belegbedingte Aufwand gezielt reduziert. Die Kontenrahmenstruktur ist betriebswirtschaftlich und systemtechnisch optimiert.
Für Doppik spricht außerdem, dass viele Städte ihre ausgegründeten Eigen- und Beteiligungsgesellschaften bereits kaufmännisch führen. Eine Konzernbilanz für die gesamte Verwaltung ist aber nur dann möglich, wenn der Rechnungsstil einheitlich ist. Weiterer Vorteil: Die Zahlen lassen sich auch mit denen anderer Kommunen vergleichen. Daraus können auch Rückschlüsse gezogen werden, um die Services für die Bürger zu verbessern.
Doch es geht nicht nur um den Vergleich unter Kommunen: Das Statistische Bundesamt muss für Erhebungen, die Verwaltungen betreffen, sämtliche Daten aus der kameralen Buchführung umrechnen, um aussagefähige Werte zu erhalten. Zudem ist in den Kommunen der Europäischen Union - bis auf einige wenige Ausnahmen - Doppik mittlerweile Standard. Wenn sich deutsche Kommunen im Rahmen der Globalisierung dem internationalen Vergleich stellen wollen, sollten sie in der Lage sein, vergleichbare Zahlen zu liefern.
juergen.hoefling@informationweek.de