Unternehmensnetze: Das Verfolgerfeld schließt auf. Unternehmen wollen wieder mehr Geld für ihre Netzwerke ausgeben. Die Auswahlmöglichkeiten, mit welchem Hersteller sie dies realisieren wollen, sind in den vergangenen Monaten deutlich größer geworden: Während die etablierten Anbieter an den Technologien der Zukunft tüfteln, haben Firmen aus der zweiten Reihe nachgezogen und können preiswerte Lösungen auf dem aktuellen Stand der Technik anbieten. Besonders so genannte »Smart Switches« sorgen für gute Absatzzahlen bei KMUs.
Gigabit-Ethernet hat sich zwar in den Unternehmensnetzwerken noch nicht flächendeckend durchgesetzt, entsprechende Switches gehören inzwischen aber zur Angebotspalette jedes Herstellers. Ebenso wie Produkte zur Migration auf Gigabit-Netzwerke, also Switches mit hoher Portzahl und unterschiedlichen Gigabit-Uplinks. Albert Sölter, Director Technology bei D-Link, spricht in dem Zusammenhang sogar von einem Investitionsstau ? der sich nun aber allmählich durch den Kauf von Gigabit-Komponenten auflösen würde: »Kunden, die in letzter Zeit auf uns zukommen, haben meist einen Termin, ein Projekt, die Notwendigkeit sowie das Geld und wollen lediglich noch wissen, wie sie ihre Vorstellungen mit unseren Produkten umsetzen können.«
Die renommierte »IT-Budget«-Studie der CRN-Schwesterzeitschrift Informationweek gibt ihm Recht: Im Rahmen der Studie werden jährlich fast 500 Entscheider aus deutschen Unternehmen nach anstehenden IT-Projekten gefragt. Während für 2003 nur 7,2 Prozent der Befragten Investitionen in das Unternehmensnetzwerk als eine der wichtigsten anstehenden Aufgaben, planten im Dezember 2003 bereits 13,3 Prozent im Jahr 2004 größere Investitionen in Netzwerkkomponenten. Damit verzeichnete dieser Bereich hinter Servern, wo statt 7,4 Prozent 2003 nun 16,3 Prozent Investitionen planen, den größten Zuwachs.
Ein Großteil dieses Geldes wird sicherlich in Gigabit-Ethernet-Produkte investiert werden. Das lassen zumindest die Zahlen des Marktforschungsinstitutes Dell?Oro vermuten. Allein im dritten Quartal 2003 nahm die Zahl der ausgelieferten Gigabit Ports weltweit um fast 40 Prozent zu. Am meisten profitierten davon 3Com, Netgear und HP, die ihren Absatz überdurchschnittlich steigern konnten, nämlich um 51, 50 beziehungsweise 48 Prozent.
Jeder Netzwerkanbieter, der heute etwas auf sich hält, arbeitet inzwischen daran, seine Produktpalette für 10-Gigabit-Ethernet auszubauen. Irgendwann, so die einhellige Meinung, sei die Zeit reif dafür und die großen Datendurchsatzraten würden in einer großen Zahl von Unternehmens-Backbones benötigt. Bis es jedoch soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Dennoch sind Firmen wie Extreme Networks oder Foundry Networks stolz darauf, bereits heute entsprechende Produkte anbieten zu können. Während sie allerdings über die Technologien der Zukunft diskutieren, haben Anbieter, die bisher in der zweiten Reihe standen, die Zeit genutzt, um ihre Produkte auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen: Layer-3-Switching, Gigabit Switches und Glasfaser-Uplinks sind inzwischen auch für Allied Telesyn, D-Link, Hewlett-Packard oder Netgear keine Fremdwörter mehr. Doch die Ambitionen der Entwicklungsabteilungen dieser Firmen gehen mittlerweile weit über das hinaus, was zum Notwendigsten in jedem Unternehmensnetz gehört. So engagiert sich etwa Allied Telesyn stark für Triple Play, die Schaffung einer Infrastruktur für die Übertragung von Sprache, Fernsehen und Daten. Neben den Switches, die für die Betreiber solcher Dienste unumgänglich sind, hat das Unternehmen auch entsprechende Geräte im Angebot, die zur Terminierung und Verteilung in den Privathaushalten dienen. In Italien konnten schon einige Stadtnetzbetreiber dafür gewonnen werden, in Deutschland verhandelt Allied Telesyn noch. Und auf der Cebit zeigte das Unternehmen sogar erste 10-Gigabit-Produkte und konnte als erster Anbieter eine Strategie zur Hardwareunterstützung von IPv6 vorstellen ? und mit dem Multi-Layer-Switch AT 8948 auch gleich das passende Produkt dazu.
Hewlett-Packard, einst als Anbieter günstiger Layer-2-Switches bekannt, hat sein Portfolio durch eigene Entwicklungen und Kooperationen ebenfalls so ausgebaut, dass sich damit inzwischen ein komplettes Unternehmensnetzwerk ausrüsten lässt ? samt VoIP und Wireless-LAN. Dass diese Strategie erfolgreich war, zeigen die Marktanteile: Laut den Zahlen der Dell?Oro-Group konnte sich HP im europäischen Markt für managebare Ethernet Switches (Layer 2 bis Layer 7) im dritten Quartal 2003 hinter dem unbestrittenen Marktführer Cisco (48,7 Prozent) mit 15,8 Prozent als zweite Kraft etablieren ? noch vor 3Com (13,9 Prozent) und Nortel (6 Prozent). In Deutschland sieht es für HP sogar noch ein bisschen besser aus: Hierzulande entfallen 16,4 Prozent dieses Marktes auf den Anbieter. Netgear verbucht bei dieser Zählung zwar nur 1,4 Prozent für sich, dass der Anbieter inzwischen aber auch von Unternehmen bei der Auswahl ihrer Lieferanten ernst genommen wird, beweisen die Zuwachsraten: Im Vergleich zum dritten Quartal 2003 legte Netgear um 73 Prozent zu.
Beide Anbieter, ebenso wie Allied Telesyn oder auch D-Link, konzentrieren sich dabei auf ein solides Portfolio, mit dem sich die Hauptbedürfnisse der meisten Unternehmen abdecken lassen. Zu Gunsten von deutlich niedrigeren Kosten verzichten sie dabei teilweise bewusst auf Funktionen, die Cisco oder Extreme Networks zwar anbieten, die aber nur in wenigen Fällen wirklich benötigt werden.
Alle Herausforderer haben dabei eines gemeinsam: Gebetsmühlenartig wiederholen sie das Bekenntnis zu etablierten Standards, proprietäre Lösungen lehnen alle gleichermaßen ab. Diese Strategie hat zwei Gründe: Einmal versuchen die Herausforderer so in Installationen einzudringen, in denen bisher Komponenten von Cisco, 3Com oder Nortel verwendet wurden. Zum anderen sind sie meist darauf angewiesen, für ergänzende Produkte wie etwa Firewalls, Intrusion-Prevention-Systeme oder auch VoIP-Anlagen offen zu sein, da sie nicht zum eigenen Portfolio gehören. Das ist auch sehr wichtig, denn gerade Sicherheit und IP-Telefonie zählen mit zu den wichtigsten Beweggründen, warum Firmen ihr Netzwerk modernisieren wollen. So erwarten die Marktforscher von Frost & Sullivan etwa für 2007 einen weltweiten Umsatz im IP-Telefonie-Markt von knapp zwei Milliarden US-Dollar. Laut der kalifornischen Marktforschungsgruppe Infonetics Research hat der Umsatz mit entsprechenden Produkten in den vergangenen drei Monaten um 31 Prozent zugelegt. Bis 2007 soll sich laut Infonetics der Umsatz mit dem Equipment gar verdreifachen. Besonders die Tatsache, dass TK-Riesen wie AT & T, British Telecom oder France Telecom mit dem Verkauf von IP-Angeboten beginnen, beflügele den Markt, glauben die Analysten. Da so auch private Haushalte damit beginnen können, ihre alten Telefonapparate gegen IP-fähige Geräte auszutauschen, ist es den Anbietern möglich, durch die gesteigerten Stückzahlen ganz andere Preispunkte zu setzen. Was wiederum die neue Technologie auch für eine größere Zahl von Unternehmen erschwinglich machen wird.
Um die Lücke zwischen nicht managebaren und komplett verwaltbaren Switches zu schließen, bieten jetzt einige Hersteller so genannte »Smart Switches« an. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Zwar wünschen sich immer mehr Kunden Funktionen wie Port-Konfiguration, Statistiken zum Datenaufkommen, VLANs oder zumindest grundlegenden Quality of Service, den Preis dafür sind sie aber oft nicht bereit zu bezahlen. Denn bislang waren solche Merkmale Switches vorbehalten, die komplett managebar waren und zusätzlich zahlreiche weitere Konfigurationsmöglichkeiten boten. Außerdem werden so Kunden, die bisher im SOHO- oder KMU-Umfeld mit reinen, nicht managebaren Switches auszukommen glaubten, allmählich auf den Geschmack gebracht. Aber auch in diesem Segment wird die Möglichkeit, Sprachverkehr über das Netzwerk abzuwickeln, immer wichtiger. Allied Telesyn etwa hat Anfang März drei neue Smart Switches vorgestellt: AT-FS7009 mit acht 10/100 Ports und einem Gigabit Ethernet Port, AT-FS7016 mit 16 10/100 Ports und AT-FS7024 mit 24 10/100 Ports. Alle drei unterstützen VLANs, QoS für die Priorisierung von Datenverkehr, Trunking sowie Port Mirroring und können bis zu 4.000 MAC-Adressen verwalten. Alle drei Geräte kommen ohne Lüfter aus. »Unsere Smart-Switch-Serie wurde für Kunden mit unmanaged Switches entwickelt, die jetzt gerne einige nützliche Features mehr für einen bescheidenen Aufpreis erwerben würden« wirbt, Jörg Lösche, Geschäftsführer der Allied Telesyn International GmbH, für seine Produkte. Und tatsächlich unterscheiden sich die Preise kaum von denen, die bisher für Switches bezahlt wurden, die ganz ohne Management auskommen mussten. Der Netto-EVK für AT-FS7009 beträgt 89 Euro, AT-FS7016 soll 167 Euro kosten und für 228 Euro gibt es schon das Modell mit 24 Fast Ethernet Ports.
Auch D-Link hat Switches mit dem Zusatz »smart« im Angebot. Dazu zählen etwa die zur Cebit vorgestellten DGS-1224T und DGS-1216T. Sie sind mit 22 beziehungsweise 14 Gigabit-Kupfer-Ports sowie je zwei Combo-Erweiterungsports für 10/100/1000 Megabit TP oder Mini-GBICs ausgestattet. Smart an ihnen ist, dass sie sich als eigentliche unmanaged Switches dennoch für VLANs und Trunking eignen. Albert Sölter schränkt denn auch ein: »D-Link hat zwar Smart Switches im Angebot, unser Fokus liegt dabei jedoch eher auf dem einfachen Management. Beispielsweise lassen sich beide Switches über eine Web-Oberfläche konfigurieren.« Die Webkonfiguration ist auch bei der Compu-Shack Production ein wichtiges Verkaufsargument, das die neuen Switches gleich im Namen tragen ? sie werden nämlich mit dem Zusatz »Websmart« bezeichnet. Ganz aktuell ersetzt »Gigaline 8000T Websmart« bei der Compu-Shack Production das 8000T-Modell. Via Browser lassen sich individuelle Port-Einstellungen wie Datenrate und Datenflusskontrolle sowie die Konfiguration von VLAN und Trunking vornehmen und allgemeine Daten wie Anschlussstatistik und Systemstatus eingesehen werden. Der Netto-EVK für den Gigabit Switch mit acht Ports liegt bei 270 Euro. Auch bei Netgear laufen Smart Switches gut ? obwohl der Hersteller erst einen davon im Angebot hat. »FS526TGE ist unser erster Smart Switch und die Verkaufszahlen sind sehr vielversprechend«, freut sich Marco Peters, Managing Director Central & Eastern Europe bei Netgear. Ganz neu sind der Gigabit Switch »GS724T« und »FS750T« mit 48 Fast-Ethernet- und zwei Uplink-Ports, die sich ebenfalls zu dieser Kategorie zählen lassen. Ob demnächst noch weitere Smart Switches ins Portfolio integriert werden, ist derzeit noch nicht klar. Eher als Marketingstrategie betrachtet HP den ganzen Wirbel um die Smart Switches. »Bei uns sind alle Switches smart«, meint Stephen Rommel, Business Development Manager bei HP, selbstbewusst. So sei etwa der HP Procurve Switch 2124, fast schon ein Veteran im HP-Portfolio, schon seit langem über einen Webbrowser konfigurierbar. Aber auch die Switches 2512 und 2524, eigentlich echte managebare Switches, brauchen bei einem Listenpreis von deutlich unter 500 Euro den Vergleich zu den Smart Switches nicht zu scheuen. Und für die Kunden bergen sie noch einen kleinen Mehrwert: Selbst wenn er augenblicklich die erweiterten Managementfunktionen nicht benötigt, sind sie doch später immer noch verfügbar ? zum Betrieb des Switches sind sie jedoch nicht unerlässlich.