Wireless-LAN: Vielversprechende Zukunftsmusik. Der WLAN-Markt ist eines der wenigen Segmente der IT-Branche, in dem sich eine Technologie zuerst im privaten Umfeld durchgesetzt hat und nun in die Unternehmen vordringt. Oder besser: Vordringen will, denn dort werden ganz andere Anforderungen gestellt und alleine mit der Bereitstellung der Infrastruktur ist es lange nicht getan. Eigentlich fängt die Arbeit damit erst an.
Notebook aufklappen, einloggen und loslegen ? so einfach ist es mit den heute verfügbaren WLAN-Komponenten zumindest im privaten Umfeld inzwischen geworden. Aber schon mit dieser erwünschten Einfachheit fangen die Probleme im Unternehmensumfeld an: Es soll ja gerade nicht jeder Rechner unbegrenzten und unkontrollierten Zugang erhalten. Notwendig sind also zentrale Instanzen, die den Zugriff auf das Netzwerk kontrollieren. Einige Hersteller, vor allem aus dem Netzwerkbereich, versuchen diese durch einen so genannten »Wireless-Switch« bereitzustellen. Das wiederum stößt nicht bei allen Unternehmen auf Gegenliebe, erhöht es doch den Administrationsaufwand erheblich, wenn auch dort Zugangslisten- und -rechte verwaltet werden müssen. Dabei ist es das Ziel der Kunden, mit einer Wireless-Installation mehr Effizienz zu erreichen, nicht den Aufwand zu erhöhen. Das bestätigt auch Kurt Glatz, Marketing Manager für die DACH-Region und Osteuropa bei Alcatel: »Die erste Frage, die sich der Kunde meistens stellt, ist: Was bringt es mir? Dann muss ich Antworten parat haben, mit dem Kunden über seine Geschäftsprozesse reden und wie sich WLAN da einfügt.« Ein Gespräch darüber, wie die Infrastruktur am besten zu realisieren ist, wird also mittelfristig wohl ? zumindest auf der Entscheiderebene ? gar nicht mehr stattfinden. Dass diese Grundlagen ordentlich bedacht sind, wird dann einfach vorausgesetzt.
Dem stimmt Bernd Hillmeister, Territory Manager Central & Eastern Europe beim WLAN-Anbieter Airespace, voll und ganz zu: »Ein Kunde wird ein Wireless-LAN nur akzeptieren, wenn er einen Produktivitätsvorteil darin sieht.« Das Wissen um die Problematik im RF-Umfeld sei bei den meisten Kunden nicht existent, das Interesse daran gering. Dagegen seien die Ideen, was mit der neuen Technik im Unternehmen verbessert werden könne, durchaus vorhanden. Und diese Ideen gehen weit über das hinaus, was in den meisten Marketing-Präsentationen als die Vorteile des durch WLAN ermöglichten mobilen Arbeitens gepriesen werden. So ist es etwa denkbar, dass in einem durchgängig mit WLAN ausgestatteten Unternehmen schon bald wichtige Wirtschaftsgüter mit einem RFID-Tag versehen und so jederzeit auffindbar sind. Hillmeister nennt beispielsweise Beamer oder ähnliche, leicht bewegliche, von unterschiedliche Personen genutzte und einigermaßen wertvolle Geräte als ein Beispiel. Aber auch im Bahnbereich hat Airespace bereits ein Projekt: In einer Reparaturhalle, in der permanent Radsätze von Waggons und Loks ausgetauscht werden, helfen die RFID-Tags den Überblick zu behalten. Zahlreiche weitere Einsatzszenarien, in denen bisher Barcodes verwendet wurden, wo wegen des Schmutzes und der Feuchtigkeit aber ein berührungsloses System, wie es RFID ermöglicht, effizienter ist, will Airespace demnächst mit eigenen RFID-Tags angehen. Derzeit arbeitet das zur Cebit in Deutschland gestartete Unternehmen mit rund zehn Partnern, darunter EDS und TGS Telonic, Hillmeister ist aber noch auf der Suche nach weiteren VARs. Gute Karten haben dabei sicherlich Partner von Nortel und Alcatel, denn mit den beiden Unternehmen verbindet Airespace bereits eine Technologiepartnerschaft.
In dem Maße, wie die reine WLAN-Infrastruktur zu einer als selbstverständlich hingenommenen Voraussetzung für damit zu verbessernde Geschäftsprozesse wird, steigen aber auch die Erwartungen der Kunden an die Fähigkeit der Reseller, solche Lösungen komplett zu integrieren. Da ist dann eine entsprechende Plattform gefragt, die es ermöglicht, unterschiedliche Endgeräte und Anwendungen für die mobilen Einsatzszenarien fit zu machen. »Die Erkenntnis, dass Mobilität einen Vorsprung bringt, ist bei den Kunden schon da. Mit CRM oder Warenwirtschaft ist das auch verhältnismäßig einfach darzustellen. Schwierig wird es jedoch noch bei komplexen Lagerlisten oder sobald Zeichnungen und Bilder ins Spiel kommen«, berichtet etwa Kristian Behrens aus seiner Erfahrung als Leiter des IBM Software Competence Centers bei Tech Data Midrange. Behrens ist in dieser Funktion für die Unterstützung der TD-Midrange-Kunden bei Projekten mit IBMs Websphere-Familie zuständig. Die Websphere-Familie von IBM gehört zu der Standard-Software des Anbieters. Die Websphere Everyplace-Komponenten sind besonders für den Einsatz in drahtlosen Umgebungen konzipiert. Sie können von allen Fachhändlern vertrieben werden, die sich als IBM-Partner zertifizieren und so für die »IBM Partnerworld für Software« qualifizieren. »Es ist für Partner durchaus interessant, mehr als die reine Installation anzubieten«, erklärt Dr. Dirk Bohne, Vertriebsmitarbeiter Pervasive Computing bei der IBM Software Group. So gäbe es etwa für zusätzliche Software geeignete Tools und Entwicklungswerkzeuge. »Jeder Partner, der daran Interesse hat, kann diese auch bekommen«, versichert Bohne.
Ein wichtiger Baustein von IBMs Websphere-Everyplace-Familie ist Websphere Everyplace Access (WEA). Mit diesem Modul lassen sich neu zu installierende oder bereits beim Kunden vorhandene Anwendungen auf nahezu allen denkbaren Endgeräten darstellen. »Von den führenden CRM-Anbietern gibt es zwar schon vorgefertigte Lösungen dafür«, gibt Bohne zu, sie hätten jedoch einen nicht zu unterschätzenden Haken: »Damit ist es meist nicht möglich, innerhalb des Unternehmens unterschiedliche Endgeräte und Anwendungen zu bedienen ? das ist aber oft eine der wichtigsten Anforderungen.« Außerdem verursachen diese Einzellösungen bereits mittelfristig oft einen erheblichen Verwaltungsaufwand. In den meisten Fällen bleibt es nämlich nicht bei einer Anwendung, die auch mobil zur Verfügung gestellt werden soll ? und meistens auch nicht bei den einmal angeschafften Geräten: Es kommen in der Regel neue und andere schneller dazu, als dies bei der Implementierung der Software einkalkuliert war. Auch hier hilft IBMs WEA: Über die einheitliche Plattform bleiben unterschiedlichen Anwendungen einfacher im Griff und die Ausgabe auf den Endgeräten ist leichter zu bewerkstelligen. Für die Geräteverwaltung selbst, bietet IBM dann den Websphere Everyplace Device Manager (WEDM) an: Dieses Werkzeug erleichtert die Administration der im Unternehmen vorhandenen Geräte etwa durch Inventory Scans, Versionskontrolle der installierten Software und die Verteilung notwendiger Updates. Die Anwendung transparentes Roaming wird durch den Websphere Everyplace Connection Manager (WECM) gewährleistet.
»Insgesamt gesehen bietet Websphere Everyplace Resellern ein Riesenpotenzial, besonders in vertikalen Märkten. Dies gilt gerade für die nähere Zukunft, denn derzeit ist vieles in der Ideenphase«, umreißt Behrens die Möglichkeiten für Reseller, die sich in diesem Segment engagieren wollen. Und er zerstreut auch gleich Bedenken, die IBM-Plattform sei nur etwas für die ganz Großen der Branche. »Solche Lösungen lohnen sich bereits im Mittelstand, es gibt beispielsweise schon umgesetzte Projekte mit einer Größenordnung von rund 50 Außendienstmitarbeitern.«
Ein zweiter Bereich, von dem sich die Wireless-Industrie in den kommenden Jahren einen kräftigen Schub erhofft, ist die Anpassung der Wireless-Standards an größere Bandbreiten und Übertragungsentfernungen. Die wesentlichen Player haben sich dazu zur WIMAX-Allianz (Worldwide Interoperability for Microwave Access) zusammengeschlossen. Eine der treibenden Kräfte von Seiten der Chiphersteller ist dort Intel, bei den Geräteherstellern engagieren sich Alvarion und Proxim sehr stark. Derzeit ist mit 802.16d ein erster Standard verabschiedet, ähnlich wie bei den 802.11-Standards das Wifi-Konsortium, soll auch hier die WIMAX-Allianz durch Tests die Interoperabilität der Geräte sicherstellen. »Richtig interessant wird es jedoch, wenn 802.16e, also die Erweiterung des Standards 802.16d um Roaming-Funktionen, verabschiedet wird«, meint Hermann Klein, Sales Manager Deutschland und Österreich bei Proxim. Derzeit sind damit beispielsweise schon Breitbandanbindungen auch dort möglich, wo DSL aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht in Frage kommt. Das rechnet sich derzeit nur für Unternehmen. Mit den Roaming-Möglichkeiten wird die Technologie aber auch für lokale Provider interessant. Da WIMAX von Anfang an auch für Sprachübertragung konzipiert ist, könnten sie so drahtlos das Quasi-Monopol der Telekom auf der letzten Meile umgehen und über WIMAX-Basisstationen zunächst einmal in Ballungsräumen auch Privatkunden ansprechen. Klein glaubt, dass die notwendigen Subscriber-Units, für die Proxim gemeinsam mit Intel ein Referenzdesign entwickelt, schon mittelfristig so günstig sein werden, dass sie sich mit den gesparten Durchleitungskosten der Telekom refinanzieren lassen. Dieses Jahr wird es damit aber wohl nichts mehr. Sowohl Proxim als auch Intel und Alcatel rechnen erst ab Mitte nächsten Jahres mit ersten Produkten.
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802.16 ? für Systeme von 10 bis 66 GHz
802.16a ? für Systeme mit elf oder weniger GHz (ratifiziert im Januar 2003)
802.16d ? der um die im Wimax-Forum ausgearbeiteten Ergänzungen bereicherte
802.16a ? Standard wird voraussichtlich als 802.16-2004 bezeichnet
802.16e ? erlaubt lokales Roaming, etwa von Fußgängern (Ratifizierung voraussichtlich 2005)