Der Fortschritt von KI macht es notwendig, Rahmenbedingungen für das Verhältnis von menschlicher und künstlicher Intelligenz zu setzen und den Austausch zwischen Gesellschaft und Entwicklern stärker zu fördern.
Künstliche Intelligenz entwickelt sich in exponentiellen Schritten. Kein Wunder also, dass sie polarisiert. Selbst ihre Väter sind sich uneins, ob sie nun eine Gefahr für die Menschheit darstellt (Elon Musk) oder ihr zum Vorteil gereicht (Bill Gates). In der Öffentlichkeit werden oft übertriebene Szenarien dargestellt, die mit den nüchternen Aussagen von Wissenschaftlern schlecht in Einklang zu bringen sind. So tut sich beim Thema KI ein Graben auf: Entwickler, die sich über die sozialen Folgen kaum Gedanken machen und die Gesellschaft, die versucht, das Maß potenzieller Veränderung zu verstehen. Nur in einem Punkt herrscht Einverständnis: Die Rahmenbedingungen für den Umgang mit KI werden bereits heute gesetzt.
Das wohl entscheidendste Bekenntnis für einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI müsste deshalb sein, dass künstliche und menschliche Intelligenz niemals als substituierbare, das heißt ersetzbare Güter verstanden werden dürfen. KI ist eine Technologie, MI ist Ursache unseres Daseins. Das klingt theoretisch, aber es hat prozessuale und strukturelle Folgewirkungen. Auch wenn es aus Wettbewerbsperspektive unabdingbar ist, die Entwicklung von KI vorbehaltlos zu fördern, so muss ihr Einsatz immer mit der Frage nach Zweck und Folgen verbunden sein. In den letzten Wochen haben sich etwa 600 KI-Experten aus Europa zum Forschungsverbund Claire zusammengeschlossen. Ziel ist es, Europa im Wettbewerb um KI besser zu positionieren – dahinterstehende gesellschaftliche Ziele werden von den Wissenschaftlern nicht weiter thematisiert.
Fehler, Scheitern oder Zufall: MI ist aus Perspektive von KI erschreckend unverständlich, aber eben auch kreativ und innovativ. In Zeiten von Algorithmen und künstlichen Prozessen darf der Mehrwert dieses irrationalen Phänomens nicht in Vergessenheit geraten. Die Quintessenz menschlichen Denkens lässt sich nicht destillieren und in künstliche Prozesse pressen. Deshalb ist es so wichtig, den Austausch über die Potenziale von KI zu führen und ihre Grenzen abzustecken. Ansonsten entstehen lähmende Schreckgespinste.