Warten auf den Durchbruch

Zögerlicher Einsatz von Machine Learning

9. August 2018, 10:47 Uhr | Andreas Dumont
© evilrogue - Fotolia

Maschinelles Lernen (ML) hat deutliche Fortschritte gemacht, ist im Unternehmensumfeld aber nach wie vor Mangelware. Das hat viele Gründe.

Machine Learning ist eine der Schlüsseltechnologien der digitalen Transformation. Doch wenn es um den Einsatz von Machine Learning in Unternehmen geht, ist meist Zurückhaltung anzutreffen. Umfassende, komplexe Machine Learning-Applikationen sind dort kaum zu finden. Die Application-Intelligence-Experten von AppDynamics haben die Gründe dafür analysiert.

Selbst IT-Fachleute wissen oft nicht, was unter Machine Learning genau zu verstehen ist. De facto heißt Machine Learning, dass mathematische Verfahren eingesetzt werden, um große Datenmengen nach Mustern zu durchsuchen. Die Algorithmen entfernen dazu störendes Rauschen (Noise) aus den Daten-Samples. Die Stärke von ML-Algorithmen ist, dass sie sich ohne Zutun von Menschen an Systeme anpassen können, die sich verändern. Dabei sind sie in der Lage, zwischen erwarteten und anormalen Verhaltensmustern zu unterscheiden. Deshalb lässt sich maschinelles Lernen in vielen Bereichen einsetzen, etwa im Gesundheitswesen und in Sicherheitsapplikationen. Gleiches gilt für Anwendungen, die Daten klassifizieren oder Nutzern Empfehlungen geben, etwa welche Waren ihren Geschmack treffen könnten. Ein weiteres Einsatzfeld ist die Sprach- und Bilderkennung.

Unternehmen wissen oft nicht, wo sie anfangen und wie sie Machine Learning implementieren sollen. Oft erfolgt das auf zwei Arten: Mitarbeiter beginnen eigenständig damit, Machine Learning für die Datenanalyse zu nutzen. Oder ein Unternehmen schafft eine Lösung an, in die bereits ML-Algorithmen integriert sind, etwa eine Lösung für das Performance-Management von Anwendungen. Ein zentrales Problem liegt in der Aufbereitung der Daten. Denn einfach Daten zu sammeln und einen ML-Algorithmus darüber zu jagen, funktioniert nicht. Vielmehr müssen die Daten zuvor aggregiert und um fehlende Informationsbestände ergänzt werden. Zudem ist es notwendig, Datenmüll zu entfernen und die Informationen in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen.

Auch der Mangel an öffentlich verfügbaren, klassifizierten Daten ist eine Hürde: Erste Schritte in Richtung Machine Learning wären einfacher, würden genügend gelabelte Datensätze zur Verfügung stehen. Solche Informationen sind notwendig, um Machine-Learning- und Deep-Learning-Systeme zu trainieren. Leider sind solche Informationsbestände nur begrenzt verfügbar. Daher sind Unternehmen oft zu einem Kaltstart gezwungen, wenn sie ein ML-Projekt initiieren.

Im Idealfall ist maschinelles Lernen die perfekte Kombination eines Algorithmus‘ und einer Problemstellung. Das bedeutet jedoch, dass ein Machine-Learning-Fachmann Domain Knowledge benötigt. Das sind beispielsweise spezielle Kenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen aktiv ist, oder über eingesetzte Fertigungstechnologien. Auch Wissen über IT-Systeme und die Daten, die sie generieren, zählt dazu. Die meisten Data Scientists sind Mathematiker. Daher verfügen sie nicht in jedem Fall über die Domain Knowledge, die für ihren Arbeitgeber relevant ist. Solche Spezialisten sollten daher mit Analysten und Domain-Experten aus dem Unternehmen zusammenarbeiten. Das erhöht jedoch die Kosten und den personellen Aufwand von Machine-Learning-Projekten.

Bei ML-Projekten in Unternehmen gibt es häufig keine Regeln, auf welche Weise Resultate gewonnen werden sollen. Deshalb entstehen Silos, weil Mitarbeiter unterschiedliche Daten-Samples und Definitionen der Eingabewerte verwenden. Das wiederum hat zur Folge, dass ML-Analysen höchst unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Solche Diskrepanzen können Zweifel am Nutzen von Machine Learning schüren.

Unternehmen, die Machine Learning einsetzen wollen, müssen somit etliche Klippen umschiffen. Dennoch sollten sie sich mit maschinellem Lernen, Deep Learning und künstlicher Intelligenz beschäftigen. Denn diese Technologien spielen bereits heute eine wichtige Rolle in Unternehmensanwendungen – und sie werden in naher Zukunft drastisch an Bedeutung gewinnen. Eine zögerliche Haltung ist somit keine gute Strategie. Denn wer den Anschluss verliert, wird dies teuer bezahlen: mit einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu INFRA-ANTRIEBE Hans Nelk GmbH