Das Headset AH80 von Alcatel-Lucent Enterprise liegt mit 170 Euro UVP im mittleren Preissegment von Konferenz-Headsets. Doch im Test zeigt es sich außergewöhnlich stark.
Alcatel-Lucent Enterprise ist eine Ausgründung des 2015 von Nokia übernommenen französischen Telekommunikationskonzerns Alcatel-Lucent. Der Konzern bietet professionelle Produkte in vielen Bereichen der Telekommunikation an. Headsets können da als Ergänzung des Angebotssegments an Telefonanlagen, Softphones und Handsets gesehen werden. Das AH80 führt der Hersteller als Premium-Headset im Portfolio, was bei einem Preis von 170 Euro durchaus als Ansage verstanden werden kann.
Geliefert wird das AH80 in einem etwas voluminösen Hartschalen-Case, in dem auch ein USB-Ladekabel, ein Dongle zur drahtlosen Verbindung mit einem PC und sogar ein vierpoliges 3,5-mm-Miniklinken-Kabel für analoge Kontaktherstellung befinden.
Das Headset selbst bietet einige Besonderheiten, etwa kleinere glänzende Flächen auf beiden Ohrmuscheln. Hinter der linken sitzt eine Spule für Induktives Laden. Hierfür listet die Website von Alcatel-Lucent Enterprise auch eine passende Docking-Station, die zur Zeit des Tests aber nicht im freien Handel angeboten wurde. Erfolgreiche Experimente mit einem Wireless-Charger von Honor legen nahe, dass auch Fremdfabrikate genutzt werden können.
Am Rand der linken Ohrmuschel findet sich noch der Ein-/Aus-Schalter, über den auch die Bluetooth-Kopplung gestartet werden kann. Das Pairing lässt sich über die Power-LED an dieser Seite verfolgen, die auch den ungefähren Ladezustand des Akkus über die Farbe anzeigen kann.
Die glänzende Fläche auf der rechten Seite ist ein Touch-Feld, dass bei Medienwiedergabe dem Titel-Sprung dient und daneben auch die Lautstärke regeln kann. Hierbei erfordert es etwas Übung, bei aufgesetztem Headset im Blindflug auf Anhieb immer die gewünschte Funktion zu treffen. Doch unter dieser Schwierigkeit haben Tester mit häufig wechselnden Geräten sicher mehr zu leiden als mit dem Headset gut vertraute Besitzer. Unterhalb des Touch-Feldes liegt noch eine Multifunktionstaste, mit der Gespräche angenommen, abgelehnt oder beendet werden können. Auch die Steuerung mehrerer gleichzeitiger Telefonate ist über die Multifunktionstaste möglich. Zudem gibt es rechts noch Taster für die ANC-Steuerung (Ein, Transparenz, Aus) und für das Stummschalten des Mikrofons.
Das fast schon obligatorische Busy-Light lässt sich ausschalten und in der Farbe konfigurieren. Es kann auch als Status-Licht etwa auf hereinkommende Anrufe oder laufende Firmware-Updates aufmerksam machen.
Interessant: Der Mikrofon-Bügel ist beim Alcatel-Lucent Enterprise AH80 nicht zum seitlichen Herunterklappen. Er lässt sich stattdessen in die rechte Ohrmuschel schieben und verschwindet dann fast vollständig.
Angaben zur Verwaltungssoftware (laut Hersteller) | |
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Wer installiert die Verwaltungssoftware? | Anwenderunternehmen, Servicetechniker |
Sprache der Verwaltungssoftware | Deutsch und Englisch |
Bereitstellung Verwaltungssoftware | Server-lokal (über App am Smarphone) |
Bereitstellung Verwaltungssoftware-Updates | Lokal über PC |
Wo stehen die Server? | China und Frankreich |
Mit 206 Gramm, das ist das zweieinhalbfache des Gewichts eines Jabra Engage 55, ist das On-Ear-Headset AH80 überdurchschnittlich schwer, was wohl auch der hohen Akku-Kapazität für lange Ausdauer geschuldet ist. Doch vom Tragekomfort braucht er keinen Vergleich zu scheuen, ganz im Gegenteil. Die weichen Polster des Headsets verteilen den Druck sehr gleichmäßig auf Ohren und Kopf, wobei ihre Breite auch für einen guten Halt sorgt. Die Verarbeitung mit Metallapplikationen und dunkleren und helleren Kunststoffen, deren mattglänzende Flächen eine gewisse Tiefe suggerieren, erinnert mehr an ein hochwertiges Consumer-Headset als an nüchterne Business-Ware.
Mit 113 dBSPL Maximalschalldruck lässt das Alcatel-Lucent-Enterprise-Headset in Sachen Lautstärke keine Wünsche offen. Hier kommen Liebhaber dynamikreicher akustischer Musik genauso auf ihre Kosten, wie Menschen, die es gewöhnt sind, ihren Lauschern einen im wahrsten Wortsinn ohrenbetäubenden Lärm zuzumuten. Dass wir vom Letzteren abraten, versteht sich von selbst. Nicht ganz so überzeugend wie der Maximalschalldruck ist der besonders bei eingeschalteter ANC stark bassbetonte Frequenzgang. Hier macht es Sinn, per Equalizer in der Alcatel-Lucent-App einzugreifen, wenn es nicht zu bassgewaltig und dumpf klingen soll. Ungewöhnlich: Bei ausgeschalteter ANC liegt das Verzerrungsniveau deutlich höher, als bei eingeschalteter.
Die bei Medienwiedergabe kritisierte Bassbetonung zeigt sich auch beim Telefonie-Frequenzgang in Empfangsrichtung. Hier zeigt sich noch der vom Bluetooth-Sprach-Codec kommende und unkritische Abfall oberhalb von etwa 7 Kilohertz (kHz). Insgesamt kommen dem Nutzer bekannte, anrufende Stimmen etwas dumpfer als gewohnt vor.
In Sende-Richtung verläuft der Frequenzgang dann aber optimal im von der ITU in der Norm ITU-T P.383 vorgegebenen Toleranzschlauch. Das Timbre des AH80-Besitzers wird so unverfälscht zum Gesprächspartner übertragen.
Die ANC-Messung zeigt, dass beim Alcatel-Lucent AH80 schon passiv (rot) die Geräuschdämpfung oberhalb von 200 Hz langsam anzusteigen beginnt, mit ANC (blau) erhöht sich das Niveau unterhalb von 1 kHz noch einmal merklich. Das gilt auch, typisch für On-Ear-Headsets, wenn der Hörer eine Brille (Cyan) trägt. Die kann hier nicht wie bei Over-Ear-Kopfhörern für kleine Undichtigkeiten zwischen Ohrpolster und Kopf sorgen. Über diese können tiefe Frequenzen zum Ohr dringen. Bemerkenswert ist, dass der Transparenzmodus (grün) Außengeräusche auch merklich abschwächt. Dieser Modus war zudem mit einem etwas höher als üblichen Rauschen verbunden, ganz rauschfrei gelingt er bei den wenigsten Headsets.
Bei den Sprachqualitätsmessungen in ruhiger Umgebung kann das Alcatel-Lucent Enterprise AH80 voll und ganz überzeugen, Mean-Opinion-Score-Werte (MOS) bei 4 und 4,6 (empfangen/senden) sind auf und oberhalb der als gut festgelegten Schwelle.
Beim Telefonieren aus lauter Umgebung fällt die Sprachqualität des AH80 etwas stärker ab als bei anderen Konferenz-Headsets. Die niedrigen N-MOS-Werte, die das übertragene Störgeräusch bewerten, lassen vermuten, dass hier der spürbar kürzer als übliche Mikrofonarm mehr von der lauten Umgebung einfängt als dies für längere Versionen der Fall ist.
Alcatel Lucent Enterprise AH80 Tabelle
Erklärungen der Messungen finden sie hier.
Hohe Ausdauer, ein pralles Ausstattungspaket, hohe Sprachqualität bei ruhiger Umgebung und exzellente Handhabung bringen dem Alcatel-Lucent Enterprise AH80 das beste Ergebnis im Testfeld des Frühjahrs 2025. Abstriche sind beim Telefonieren aus lauter Umgebung unvermeidbar, wobei das Cisco HS-WL-721 zeigt, dass hier noch mehr herauszuholen ist.
Besser könnte auch die Frequenzbalance der Medienwiedergabe sein, wobei diese mit der verfügbaren App weitestgehend ausgeglichen werden kann.
Unterm Strich bietet das Alcatel-Lucent Enterprise AH80 gute Messwerte, ein sehr gutes Feature-Paket, eine sehr gute Handhabung und sehr hohe Ausdauer zu einem überaus zivilen Preis.
Bernd Theiss ist Ingenieur für Nachrichtentechnik und Testlab-Leiter bei Weka Media Publishing