Gute Kommunikation zum Sparpreis
Dreistellige Preise sind für Wireless Headsets durchaus üblich. Doch der Audio-Spezialist Creative zeigt, dass es auch anders geht und bietet das On-Ear-Headset Chat Wireless für 60 Euro an.

Zur professionellen Kommunikation in Teams- und anderen Online-Meetings haben sich Headsets mittlerweile auf breiter Front durchgesetzt. Sie ersparen dem Nutzer den sehr schlechten Sound vieler Notebook-Lautsprecher und sorgen durch Bügelmikrofone für gute Sprachübertragung. Zudem ermöglichen sie eine weitgehend störungsfreie Kommunikation – auch, wenn andere im Raum sind. Da ihr Einsatz meist im professionellen Umfeld oder bei ambitionierten Gamern erfolgt, sind preiswerte Angebote eher die Ausnahme als die Regel. Genau eine solche Ausnahme findet sich mit dem Chat Wireless vom Audio-Spezialisten Creative. Es schlägt mit gerade einmal 60 Euro zu Buche. Zu diesem Preis kommuniziert das stereophone On-Ear-Headset sogar drahtlos, zum Smartphone per Bluetooth, für PCs ist ein Funk-USB-Dongle beigelegt.
Sonderangebot oder Sparpaket
Wenn man in Betracht zieht, dass das preiswerteste Business-Headset, das connect professional im letzten Jahr getestet hat, mit 110 Euro fast das doppelte kostet, stellt sich natürlich die Frage, woran Creative gespart haben könnte.
Die Ausstattung ist auf das Wesentliche beschränkt: zum Headset (aufladbar per beiliegendem USB-C-Kabel) gibt es noch einen USB-A-Dongle für kabellose Kopplung sowie eine Kurzbeschreibung.

Das Headset selbst besitzt drei Tasten: Vor und hinter der linken Seite des Kopfbügels sind Taster zum Absenken und Anheben der Lautstärke. Auf der linken Ohrmuschel befindet sich ein Universaltaster, der je nach Druckdauer und Betriebszustand des Headsets verschiedene Funktionen Auslösen kann, etwa das Ein- und Ausschalten oder das Annehmen und Beenden eines Gesprächs. Links bezieht sich hier auf die Seitenbezeichnung am Headset.
An der Tasten-Seite befindet sich auch der Mikrofonbügel, der sich in zwei Richtungen vor dem Mund platzieren lässt, so dass das Mikrofon und die Taster auch rechts vom Kopf zum Einsatz kommen können. Dem Rotstift scheint aber eine Funktion zum Opfer gefallen zu sein, die bei vielen Headsets Standard ist: Stummschaltung durch Hochklappen des Mikrophons Richtung Kopfbügel.
Über die Multifunktionstaste lässt sich auch die Bluetooth-Verbindung initiieren. Das geht einfach, solange nur ein Gerät gekoppelt werden soll. Wer zwei Geräte koppeln möchte, muss darauf achten, dass bei der Kopplung des zweiten Geräts das erste nicht in der Nähe beziehungsweise kein aktiviertes Bluetooth hat. Erkennt das Chat Wireless dann zwei Geräte, koppelt es sich immer mit dem zuerst verfügbaren. Die Möglichkeit zur Multipoint-Verbindung, die es ermöglicht, gleichzeitig mit zwei Geräten in Verbindung zu stehen, ist nicht gegeben.
Ebenso wenig kennt es Active Noise Control (ANC), um in lauterer Umgebung störende Geräusche auszublenden.

Für Windows-PCs, das laut Creative primäre Einsatzgebiet des Chat Wireless, steht eine App zur Verfügung, mit der sich verschiedene Einstellungen tätigen lassen, beispielsweise die Stärke der Mikrofon-Geräuschunterdrückung.
Grundsätzlich könnte diese Einstelloption bei der Smartphone-Nutzung helfen. Doch eine Android-App zur Steuerung des Chat Wireless gab es zumindest zum Testzeitpunkt nicht. Das ist bei einem Headset ohne große Einstelloptionen verschmerzbar. Doch zur individuellen Einstellung der Klangbalance – dazu später mehr – wäre ein Equalizer eine willkommene Ergänzung.
Der Ladezustand des im Test sehr ausdauernden Akkus wird auch ohne App in der Statusleiste des Home-Bildschirms angezeigt. Der Hersteller gibt für eine Akkuladung 22 Stunden Betriebszeit an, was sich mit unseren Praxiserfahrungen deckt. Damit ist die Ausstattung auf das Wesentliche reduziert, doch das Wesentliche ist gut realisiert.
Im Labor…
Die Messungen bestätigen dem Creative Chat Wireless bei Medien- und Musikwiedergabe einen insgesamt recht ausgeglichenen Frequenzgang mit starken Bässen, leichter Mittenbetonung und in den Höhen einen Abfall, der etwas früher einsetzt als gewöhnlich. Das On-Ear-Headset dämpft hochfrequenten Lärm aus der Umgebung recht gut, in mittleren und tiefen Frequenzlagen ist es – auch wegen der fehlenden aktiven Geräuschunterdrückung (ANC) – transparent.
Die über die MOS-Werte (Mean Opinion Score) dokumentierte Sprachqualität ist in ruhiger Umgebung sowohl in Sende- wie in Empfangsrichtung genauso in Ordnung wie beim Telefonieren oder Chatten aus der lauten Umgebung eines Cafés oder von einer Straßenkreuzung, die in unseren Messungen einen impulsbehafteten und einen eher gleichförmigen Störgrund repräsentieren. Insgesamt schlägt sich das Chat Wireless hier recht gut. Allerdings bieten teurere Headsets denn auch eine klanglich noch direktere und ungestörtere Gesprächsbasis.
Über jeden Zweifel erhaben ist die Maximallautstärke mit 108 dB SPL. Das Creative Chat Wireless kann also richtig laut. Das sollte der Nutzer zur Erhaltung der eigenen Hörfähigkeit nur selten und in zeitlich begrenzten Dosen ausnutzen.

… und in der Praxis
Die Reduktion auf die wesentlichen Features stellt sicher, dass weder Bedienung noch Nutzung Rätsel aufwerfen. Die Beschränkung auf drei Hardware-Taster und der Verzicht auf Touch-Flächen sind ein gutes Mittel gegen Fehlbedienungen.
Einzig die Kopplung mit Notebook und Smartphone kann – wie oben beschrieben – vor Probleme stellen, zumindest wenn man das Creative Chat Wireless mit zwei Geräten koppeln möchte. Als Workaround kann beim ersten gekoppelten Gerät Bluetooth ausgeschaltet werden, dann ist eine weitere Partnerschaft problemlos einzurichten.
Multipoint-Verbindungen zu zwei Geräten gleichzeitig beherrscht das Chat Wireless nicht. Beim Einschalten sollte daher nur beim zur Verbindung gewünschten Gerät Bluetooth eingeschaltet sein. Diese Thematik spielt jedoch keine Rolle wenn das Chat Wireless nur an einem Gerät zum Einsatz kommt.

Die Materialwahl und Verarbeitung des Chat Wireless kann selbst mit doppelt so teuren Headsets mithalten. Natürlich kommt hier kein gefrästes und gebürstetes Aluminium zum Einsatz, aber die Kunststoff-Oberflächen sind sauber und gut verarbeitet, die Polster sind weich und fassen sich angenehm an. Stundenlanges Tragen ist somit kein Problem.
Dem kommt entgegen, dass das On-Ear-Headset Umgebungsgeräusche nur wenig und im Wesentlichen in den hohen Tönen dämpft. Der Nutzer bleibt also für seine Menschen ansprechbar und hat weiter „ein Ohr“ für die Umwelt.
Dass das Creative Chat Wireless keine aktive Geräuschunterdrückung unterstützt, versteht sich angesichts des Preises von selbst.

Klanglich hat Creative eine auch in Anbetracht des Preises im wesentlichen gute Balance zwischen hoher Sprachverständlichkeit (leichte Mittenbetonung), passabler Musikwiedergabe (druckvolle, tiefreichende Bässe) und ermüdungsfreies Langzeit-Hören (durch abgesenkte Höhen) gefunden. Mit deutlich teureren Headsets und Kopfhörern vertraute Musikliebhaber stellen einen leichten Verlust an Luftig- und Lebendigkeit fest.
Das gilt auch bei Chat, Telefonie oder Telekonferenzen, was Stimmen etwas unnatürlicher als gewöhnlich klingen lässt, und das Erkennen von Bekannten leicht erschwert.
Erklärungen der Messungen finden Sie hier.
Fazit
Mit dem Chat Wireless ist es dem Sound-Spezialisten Creative gelungen ein kompetentes, aufs Wesentliche reduziertes Headset anzubieten. Das strenge connect-professional-Testverfahren ist an mehrfach so teure Headsets angepasst – dies zur Einordnung des erzielten ehrlichen „befriedigend“. Das Preis-/Leistungs-Verhältnis ist „gut bis sehr gut“. Damit können auch Chatter mit stark begrenztem Budget in den Genuss dieser Kommunikationserleichterung kommen.