»Ich bin vielleicht schon zu lange in dieser Industrie«

Genes hatte nämlich eine Gabe, mit der nur wenige in der ITK-Branche gesegnet sind. Sein fundiertes Fachwissen konnte er sowohl Experten für IT-Security als auch einem breiten Fachpublikum nahe bringen. Obwohl es ihm niemand verübelt hätte, eine besorgte Miene bei seinen Vorträgen über die Methoden der Cyberkriminalität aufzusetzen – schließlich beschäftigte er sich Zeit seines Berufslebens mit den schmutzigen Seiten des Darknets – verlor er nie seinen erfrischenden Humor. Besucher des von CRN 2013 veranstalteten ITK-Spitzentreffens waren begeistert von Genes’ Vortrag, der seine eigene Branche mit treffender Ironie auf die Schippe nehmen konnte.

»Seien wir doch ehrlich: ein langweiliges Thema!«, begann Genes seinen Vortrag im CRN Forum auf der CeBIT 2014, um den Zuhörern anschließend fesselnde Einblicke zu geben, wenn vernetzte Landmaschinen im Smart Farming von Hackern übernommen oder kritische Infrastrukturen der Versorger plötzlich von China statt von Deutschland aus gesteuert werden.

In seinem letzten Vortrag auf der CeBIT riet der CTO von Trend Micro, den Versprechungen der Sicherheitsindustrie nicht zu vertrauen, die mit »Buzzwords« immer neue Produkte auf den Markt bringt und bisweilen sogar immer noch hundertprozentigen IT-Schutz verspricht. »Werden Sie nicht Opfer von Analysten und Herstellen. Bleiben Sie sarkastisch, so wie ich. Ich bin vielleicht schon zu lange in dieser Industrie«, schloss Genes seinen letzten Vortrag.

Den nie ganz zu erfüllenden Auftrag, für den er über 20 Jahre bei Trend Micro gekämpft hat, werden nun andere Vordenker der Branche in die Hände nehmen müssen. Mit seiner technologischen Weitsicht und seiner kritischen Distanz zur eigenen Branche bleibt ihnen Genes ein Vorbild.

Raimund Genes ist am Freitag, 24. März 2017, zuhause in Jetzendorf an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Er wurde 54 Jahre alt und hinterlässt Frau und zwei Söhne.