NIS2: Cyberangriffe gezielt abwehren

Die Bedeutung der Cybersicherheit für die Lebensmittelindustrie

15. Dezember 2023, 7:00 Uhr | Autor: Dr. Terence Liu - Redaktion: Jörg Schröper
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Derzeit setzt die Lebensmittelindustrie im Einklang mit den Trends der Industrie 4.0 zunehmend auf eine intelligente Fertigung. Immer mehr ICT-Lösungen (Informations- und Kommunikationstechnik) werden eingesetzt, um Produktionslinien zu optimieren, Qualität und Effizienz zu steigern.

Im Zuge der tiefgreifenden digitalen Transformation der Lebensmittelindustrie ist jedoch die Cybersicherheit zu einem dringenden Problem geworden. Sollten die Computersysteme zur Steuerung von Ventilen, zur Überwachung von Temperaturen oder zur Anpassung von Mischungen von Lebensmittelzusatzstoffen manipuliert werden, könnte dies zu schwerwiegenden Problemen bei der Lebensmittelsicherheit führen. Jüngste Ereignisse und größere Sicherheitslücken haben die Anfälligkeit dieser Branche deutlich gemacht und gezeigt, dass Cyberkriminelle zunehmend die Lebensmittellieferkette ins Visier nehmen.

Obwohl die nationale Lebensmittellieferkette zu den kritischen Infrastruktursektoren gehört und ein wichtiger Bestandteil der NIS2-Direktive der EU ist, wird die Cybersicherheit in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Branchen – wie der Luftfahrt oder den Stromnetzen – oft in den Hintergrund gestellt. Ein Grund für diese geringere Aufmerksamkeit für Schwachstellen und potenzielle Cyberbedrohungen ist die Tatsache, dass die industrielle Automatisierung bisher überwiegend reibungslos verlaufen ist und damit einen Präzedenzfall geschaffen hat. Jetzt aber droht Ungemach.

Die Lebensmittel- und Agrarindustrie ist auf ein hohes Maß an Automatisierung angewiesen, um niedrige Preise und eine stabile Versorgung zu gewährleisten. Die Abhängigkeit von dieser Technik schreitet jedoch schneller voran als die Modernisierung der Cybersicherheit. Somit haben kriminelle Organisationen begonnen, verschiedene Möglichkeiten zu nutzen, um die Lebensmittellieferkette digital anzugreifen und zu infiltrieren.

Bei der Cyberabwehr ist zu beachten, dass IT und Cybersicherheit unterschiedliche Bereiche sind, die unterschiedliche Strategien und Fähigkeiten erfordern. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie ein Hauptziel für Cyberangriffe sind und sich bei der Cybersicherheit nicht ausschließlich auf externe IT-Dienstleister verlassen sollten. Darüber hinaus führt die Verflechtung moderner und älterer Systeme häufig zu Sicherheitslücken, während Sparmaßnahmen notwendige Systemaktualisierungen und -aufrüstungen behindern können.

Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Lebensmittelproduktionssysteme vom Internet isoliert und somit vor der Bedrohung durch Cyberangriffe geschützt sind. Dies hat sich jedoch als falsches Sicherheitsgefühl erwiesen, da Angreifer bestimmte zeitlich begrenzte Gelegenheiten (etwa zur Fernwartung) und Fehlkonfigurationen ausnutzen, Mitarbeiter oder Auftragnehmer dazu verleiten, gefälschte Software-Updates und Patches zu installieren, oder bösartige Software über USB-Laufwerke in das industrielle Netzwerk einschleusen können.

Wie der REvil-Ransomware-Angriff gezeigt hat, brauchen Angreifer nicht unbedingt direkten Zugang zu diesen Produktionssystemen, um die Produktion anzuhalten. Sie können sich zunächst Zugang zu Unternehmensnetzwerken verschaffen oder Systeme von Serviceanbietern ausnutzen und dann auf OT/ICS-Netzwerke übergreifen, um dieses Ziel zu erreichen.

Lebensmittelverarbeitungssysteme stützen sich zudem häufig auf ältere Softwareplattformen, von denen einige über 20 Jahre alt sind und veraltete Codes enthalten, die nicht aktualisiert oder gepatcht werden können. Diese Situation erhöht die Anfälligkeit der Lebensmittelindustrie, da sie Angreifern mehr Möglichkeiten bietet, diese Schwachstellen auszunutzen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Akteure der Lebensmittellieferkette diese Herausforderungen anerkennen und angehen, um ein sichereres Umfeld für die Infrastruktur der Lebensmittelindustrie zu schaffen und damit die Sicherheit und Stabilität der Lieferkette zu gewährleisten.

EU-Direktive NIS2 regelt die Umsetzung der Cybersicherheit 

Bisher waren die Regularien der NIS-Direktive auf sieben Sektoren beschränkt: Energie, Verkehr, Banken, Finanzmarktinfrastrukturen, Gesundheit, Trinkwasserversorgung und digitale Infrastrukturen. Angesichts der sich verändernden Bedrohungsszenarien hat die NIS2-Richtlinie der EU ihren Anwendungsbereich erweitert, um (i) die Lebensmittelproduktion, (ii) die Lebensmittelverarbeitung und (iii) die mit dem Lebensmittelvertrieb verbundenen Dienstleistungen als wichtige Bereiche anzuerkennen und damit die Lebensmittelindustrie formell als regulierten Sektor aufzunehmen. Im Rahmen der NIS2-Anforderungen werden Lebensmittelunternehmen und andere regulierte Dienstleistungsanbieter die folgenden Sicherheitsmaßnahmen anwenden müssen.

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  2. Geforderte Maßnahmen

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