Fachkräftemangel

"Die Zeit drängt"

24. Oktober 2019, 15:48 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"IT-Sicherheit sollte einen zentralen Platz in den Lehrplänen einnehmen"

Uwe Gries, Stormshield
Uwe Gries, Country Manager DACH bei Stormshield: “Immer häufiger findet aufgrund vom Kompetenzengpass das Outsourcing von ganzen IT-Services, besonders im Security-Bereich, statt, was unter anderem den MSP neue Geschäftsmöglichkeiten verschafft.”
© Stormshield

funkschau: Einem Bericht des International Information System Security Certification Consortium (ISC)² zufolge gibt es 2,9 Millionen offene Stellen im Bereich der Cybersicherheit. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber den im Vorjahresbericht genannten 1,8 Millionen. Wie manifestiert sich Ihrer Meinung nach der vermeintliche Fachkräftemangel speziell in der IT-Sicherheitsbranche?

Gries: Die teilweise vergebliche Suche nach Spezialisten motiviert einige Unternehmen zur Umschulung und Fortbildung der eigenen Mitarbeiter und zu Investitionen in der anschließenden konsequenten Bindung dieser Mitarbeiter. Jedoch klagen viele Vertriebspartner des Herstellers über die Verschiebung oder das Entfallen geplanter Projekte mangels Fachpersonals beim Kunden. Immer häufiger finden zudem aufgrund vom Kompetenzengpass das Outsourcing von ganzen IT-Services, besonders im Security-Bereich, statt, was einerseits den Managed Service Providern neue Geschäftsmöglichkeiten verschafft, andererseits aber das Ausmaß des Phänomens verdeutlicht.

funkschau: In der IT-Branche generell und im Cybersicherheitssektor im Besonderen sind ja Frauen noch unterrepräsentiert. Hand aufs Herz: Wie hoch ist der Frauenanteil bei Stormshield in diesem Segment? Und was meinen Sie: Könnte ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis Abhilfe gegen die Knappheit der Talente schaffen? Und wie ließe sich dieses fördern?

Blondel: Frauen machen aktuell nur 15 Prozent der IT-Arbeitsplätze aus. Bei Stormshield liegen wir in diesem Durchschnitt. Wenn wir aber auch die unterstützenden Funktionen wie HR, Marketing und so weiter berücksichtigen, geht dieser Anteil auf deutlich weniger als zehn Prozent zurück. Der Sektor Cybersicherheit bietet attraktive Gehaltsperspektiven und zeichnet sich durch seine Dynamik aus, doch ist auch hier akuter Talentmangel zu beklagen, vor allem auf weiblicher Seite. Laut der (ISC)²-Studie sind lediglich elf Prozent der Beschäftigten in diesem Umfeld Frauen. Schuld daran sind hauptsächlich kulturelle und gesellschaftliche Gegebenheiten. Man muss nur mal einen Blick in eine Frauen-Zeitschrift werfen. Kleine Mädchen wachsen in einer von Stereotypen geprägten Gesellschaft auf, wonach Berufe in der Cybersicherheit nur etwas für (männliche) Computer-Nerds sind. Dieses Bild wird auch in Fernsehserien und Filmen vermittelt, in denen Frauen nur selten eine IT-Tätigkeit ausüben. Wenn wir es nicht schaffen, Frauen zu ermutigen, digitale Karrieren anzustreben, werden wir nach wie vor aus nur einer Hälfte des Talentpotenzials schöpfen und dabei die Wahrnehmung digitaler Berufe als reine Männerdomäne verstärken. Anschließend müsste man Berufe bekannter machen, die oft unbegründeterweise für zu technisch gehalten werden, Fähigkeiten wie Kreativität oder Teamgeist zusätzlich zu den technischen Kompetenzen aufwerten, weibliche Vorbilder im digitalen Umfeld hervorheben, um zu zeigen, dass Frauen sämtliche Voraussetzungen für den Erfolg haben. Und dies gleich vom jüngsten Schulalter an, damit Schülerinnen den Schritt zu technischen Studien und Karrieremöglichkeiten mit so vielen offenen Stellen wagen. Die Zeit drängt: Die Europäische Kommission geht davon aus, dass im Jahr 2020 an die 756.000 digitale Fachkräfte in Europa fehlen werden. Es könnte sich also lohnen, schon heute in die (Computer-)Ausbildung von jungen Gymnasiastinnen zu investieren.

funkschau: Obwohl digitale Technologien zunehmend unseren Alltag bestimmen, wissen wir nur sehr wenig über digitale Berufe. Wie lässt sich das – sowohl aus unternehmerischer als auch gesellschaftlicher Sicht – ändern?

Blondel: Unternehmen sollten im Zuge des IT-Fachkräftemangels dafür sorgen, auch und insbesondere für junge Nachwuchstalente und potenzielle zukünftige Bewerber für Berufe in der IT-Branche attraktiv zu werden. Dazu ist es empfehlenswert, Partnerschaften mit Schulen, Ausbildungseinrichtungen und Universitäten zu schließen. Nur so lässt sich das schlechte Image von IT-Berufen aus dem Weg räumen und in ein positives Interesse umwandeln. IT-Sicherheit sollte also einen zentralen Platz in den Lehrplänen einnehmen.

funkschau: Ihr Rat an diejenigen, die im Cybersecurity-Umfeld karrieretechnisch Fuß fassen wollen: Welche Skills sollte man dafür mitbringen?

Blondel: Eine Karriere in der Welt der Cybersicherheit sollte nicht nur einer begrenzten Gemeinschaft vorbehalten sein. Deshalb sind die von den Kandidaten erwarteten Fähigkeiten nicht ausschließlich auf technische Kompetenzen bezogen. In diesem Umfeld ist es im Gegenteil wichtig, Zugriff auf zahlreiche, sich ergänzende Mitarbeiterprofile zu haben, um sämtliche Bereiche rund um die Entwicklung neuer IT-Sicherheitslösungen abzudecken und so ein sicheres und vertrauenswürdiges Cyberspace zu schaffen. Diese Berufsbilder sind kreativ, kooperativ und haben einen hohen Nutzen, denn sie sorgen für den Schutz von Infrastrukturen, Organisationen und Personen.

funkschau: Mit welchen Maßnahmen versucht Stormshield, potenzielle Fachkräfte im Cybersicherheitsumfeld zu fördern?

Blondel: Stormshield arbeitet seit über 15 Jahren mit Hochschulen zusammen. Im Januar haben Stormshield und der CESI (Campus d’enseignement supérieur et de formation professionnelle) in Frankreich eine landesweite Partnerschaft unterzeichnet, im Rahmen welcher Stormshield Ausbildungsmaterialien für Studenten bereitstellt und Lehrgänge für Dozenten anbietet. Dies gilt als wichtiger Meilenstein im Rahmen der Programme des Stormshield Instituts für die systematische Einbindung der IT-Sicherheit in Ingenieursstudiengänge. Ähnliche Partnerschaften werden derzeit auch mit namhaften Universitäten in weiteren europäischen Ländern verhandelt.

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