Interview mit Tom Ruban, Vice President System Engineering EMEA bei Juniper Networks

Netzwerken im Zeichen der Software

22. Oktober 2014, 5:55 Uhr | LANline/Dr. Wilhelm Greiner

LANline sprach mit Tom Ruban, Vice President System Engineering EMEA bei Juniper Networks, über die Lage des Netzwerkausrüsters in Zeiten von NFV (Network Functions Virtualization) und SDN (Software-Defined Networking), den Einfluss von Devops auf den Netzwerkbetrieb und die Besonderheiten im Mega-Datacenter.

LANline: Herr Ruban, wie ist es um die gegenwärtige Akzeptanz von NFV bei den Netzbetreibern und SDN im Datacenter bestellt?

Tom Ruban: Die Analysten, die man auf Konferenzen antrifft, rechnen damit, dass diese Technologien erst in zirka zehn Jahren allgemeine Verbreitung gefunden haben werden.

LANline: Wie erklären Sie sich diesen vergleichsweise langen Zeitraum?

Tom Ruban: Man muss hier unterscheiden zwischen NFV und SDN. Im Fall von NFV gibt  die Capex-Frage nicht den Ausschlag, die Opex-Einsparung wiederum ist keine nennenswerte Größe. Deshalb ist NFV für Netzbetreiber nur interessant, wenn sie entweder neue Dienste einführen wollen oder aber bestehendes Netzwerk-Equipment austauschen müssen. Anders als NFV, bei der einfach eine Netzwerkfunktion virtualisiert auf Standardsoftware statt nativ auf dedizierter Hardware läuft, bildet SDN eine grundlegende Veränderung der Arbeitsweise eines Netzwerks. Dieser Prozess steht noch recht am Anfang, da viele Unternehmen hierfür noch keinen konkreten Bedarf sehen, nicht das nötige Know-how im Hause haben oder aber die Kosten für externe Consultants scheuen, die als Ersatz für die fehlenden Spezialisten heranzuziehen wären.

LANline: Als weiteres Schlagwort macht derzeit Devops die Runde, also die Annäherung von Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb. Welche Auswirkungen hat dieser Trend auf Netzwerkausrüster wie Juniper?

Tom Ruban: In der Tat sehen wir wachsende Nachfrage, die Netzwerkinfrastruktur zugleich als Entwicklungsplattform für neue Applikationen und Dienste nutzen zu können. Hier sind die IT-Organisationen in den USA allerdings bereits deutlich weiter als die in den europäischen Ländern. Ein interessanter Effekt ist zum Beispiel, dass in den USA verstärkt versucht wird, Hochverfügbarkeit auf Applikationsebene herzustellen, während man in Europa nach wie vor von einem hochverfügbaren Netzwerk ausgeht, dessen Ausfallsicherheit als gegeben angenommen wird. Das sind zwei völlig konträre Konzepte.

LANline: Welchen Wert hat das Netzwerk-Equipment in Zeiten, in denen man von softwaredefinierten Netzen spricht? Muss Juniper nicht daran interessiert sein, möglichst viel Intelligenz auf den Netzwerkgeräten zu behalten?

Tom Ruban: Der Wert von Netzwerkgeräten beruht letztlich auf der Qualität der Software, die darauf läuft – Juniper ist zu 90 Prozent ein Softwareunternehmen. Im SDN wiederum kommt es darauf an, intelligente Routing-Entscheidungen zu treffen und Policies performant umzusetzen. Ob die Intelligenz eines Overlay-Netzwerks in einem externen Controller sitzt – im Fall von Juniper also bei Contrail – oder im Router, ist für uns dabei unerheblich. Der Trend zur Software kommt den Netzwerkausrüstern in gewissem Sinne sogar entgegen. Denn einen Juniper-Router wie auch das darauf laufende Betriebssystem Junos können wir nur einmal in Rechnung stellen. Für Software hingegen fallen jährliche Lizenzgebühren an.

LANline: Die Mega-Datacenter-Betreiber, die Juniper zu seinen Kunden zählt, sind bekannt dafür, gerne mal eigene Switching-Lösungen zu stricken. Entsteht Ihnen hier keine Besorgnis erregende Konkurrenz?

Tom Ruban: Die IT-Organisationen, mit denen wir als Juniper zu tun haben, befinden sich in der Tat häufig in sehr großen Rechenzentren. Es ist allgemein bekannt, dass etwa Google das Top-of-Rack-Switching mit individuellen Netzwerklösungen abdeckt. Für das End-of-Row-Switching und das Routing ist aber gerade hier wieder hochperformante Netzwerkhardware erforderlich. Diese Funktionalität ließe sich schon aufgrund der Energiebilanz nicht mit Intel-Servern abdecken. Die Performance der Netzwerkgeräte steigt dabei von Jahr zu Jahr, also zum Beispiel alle achtzehn Monate eine Verdopplung der Performance bei gleichem Energieverbrauch oder eine Versechsfachung der Forwarding-Leistung. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Deshalb: Nein, da mache ich mir keine Sorgen.

LANline: Was gibt es bei Juniper Neues auf der Produktseite?

Tom Ruban: Wir haben kürzlich neue Sicherheitsfunktionen für unsere Threat Intelligence Plattform Spotlight Secure vorgestellt. Diese Lösung aggregiert Sicherheitsinformationen aus verschiedenen Quellen und bündelt sie für Administratoren, die durch die Vielzahl neuer Bedrohungen überlastet sind. Der Administrator kann dann über Junos Space Security Director Richtlinien vorgeben und diese auf einfache Weise an die SRX Service Gateways verteilen.

LANline: Herr Ruban, vielen Dank für das Gespräch.

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"Der Wert von Netzwerkgeräten beruht letztlich auf der Qualität der Software, die darauf läuft – Juniper ist zu 90 Prozent ein Softwareunternehmen", so Juniper-VP Tom Ruban. Bild: Juniper Networks

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