Ursprünglich wollte die ungarische Regierung von den Verbrauchern umgerechnet 50 Cent pro Gigabyte verbrauchtes Datenvolumen eintreiben. Auch die nachgeschobene Deckelung von maximal 2,30 Euro monatlich für Privatpersonen und 16,50 Euro für Unternehmen brachte keine Entspannung für Orbán. Zeitweise machten mindestens 40.000 meist junge Protestanten ihrem Unmut in Budapest und anderen Städten Ungarns Luft.
Selbst für Orbán, der erfolgreich Verfassung, Justiz und Mediengesetze nach seinem Willen umformte, war der Widerstand zu groß. Auch Ausharren und Salamitaktik nützten am Ende nichts. Der Premier kündigte an, das Gesetz zurück zu ziehen.
Für Orbán wurde das Internet zum Fallstrick. Zugleich sind er und seine Regierung das erste Beispiel innerhalb Europas, zu welcher Gefahr die digitale Welt für repressive und autokratische Regierungen werden kann.
Das Internet hatte seine Stärke zuvor im Arabischen Frühling demonstriert. In vielen Ländern des Nahen Ostens spielten Blogs und soziale Netzwerke bei den Umbrüchen eine Rolle – oft waren sie das einzige Mittel, einseitige und oft falsche Berichte der Regierenden zu entlarven und den Menschen die wahren Zustände aufzuzeigen. Auch bei der Mobilisierung der Demonstrationen und des Widerstands spielten sie eine entscheidende Rolle. Sowohl Ben Ali in Tunesien als auch Hosni Mubarak hatten die Macht der digitalen Medien und der digitalen Generation unterschätzt. Aufstände auf den Straßen konnten sie niederschlagen – beim Aufstand im Netz waren sie chancenlos.
Der Nutzer von heute, die sowohl Konsumenten als auch Produzenten sind, machen eine staatliche Kontrolle der Gesellschaft zunehmend schwieriger. Althergebrachte Kontroll- und Zensurmechanismen der Regierungen sind mit der Schnelligkeit und Weitläufigkeit der neuen Medien überfordert.
Doch es gibt auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass digitale Medien nicht per se der Todesstoß für repressive Regime sind – im Gegenteil. Syrien zeigt, wie Diktaturen die neuen Medien für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren können. Seit 2011 hat Damaskus das soziale Netzwerk Facebook in Syrien wieder freigegeben und nutzt es vorrangig selbst, um das eigene Weltbild zu verbreiten oder auch um Oppositionelle zu identifizieren.
Trotzdem – und auch wenn es viele Politiker nicht gerne hören – bietet die digitale Welt große Chancen auf eine offenere und freiere Welt. Das hat nun auch Orbán zu spüren bekommen.