Cyber Security hat viele Facetten. Ein Unternehmen, das in diesem komplexen Umfeld über die Jahre Know-how aufgebaut hat, ist Airbus. Welche Trends den Markt treiben und welche Schwachstellen besonders im Industriekontext lauern, erläutert Michael Gerhards von Airbus Defence & Space im Interview.
funkschau: Herr Gerhards, Sie sind Head of Cyber Security Germany bei Airbus Defence & Space. Nun ist Airbus den meisten ja eher ein Begriff, wenn es um die Herstellung von Flugzeugen geht. Was hat einer der größten Flugzeughersteller mit Cyber Security zu tun?
Michael Gerhards: Airbus Defence and Space hat 33.000 Mitarbeiter, die im Dienst der weltweiten Sicherheit stehen, und unser Unternehmen gehört zum größten Flugzeughersteller der Welt. Unser Auftrag umfasst jede Art von Schutz: Durch unsere Satelliten, die vom Weltraum aus den Waldbestand überwachen und so vor Abholzung schützen, durch die Beobachtung des Klimawandels und natürlich durch die Gewährleistung von Cybersicherheit für unsere Geschäftstätigkeit. Seit Jahrzehnten, lange bevor es den Begriff Cybersicherheit überhaupt gab, garantieren wir die Sicherheit von Produkten, die niemals ausfallen dürfen. Cybersicherheit war und ist eine Kernkompetenz unseres Unternehmens – und das wird auch so bleiben.
funkschau: Was können Kunden von Airbus Cyber Security konkret erwarten? Mit welchem Know-how, welchen Lösungen oder auch Services warten Sie auf?
Gerhards: Unser Unternehmen wird immer wieder zur Zielscheibe für Cyberangriffe. Es ist daher völlig normal, dass sich Kunden an ein Unternehmen wenden, das Erfahrung mit solchen Vorfällen hat. Unsere Spezialisten helfen den Kunden zu verstehen, welchen Risiken sie aktuell ausgesetzt sind und wo sie in Sachen Sicherheit stehen. Auf dieser Grundlage unterstützen wir sie bei der Planung einer robusten, aber auch verhältnismäßigen Vorbereitung und Reaktion auf Bedrohungen und bei der Erkennung von Schwachpunkten. Falls erforderlich, sind wir bei der Auswahl geeigneter Tools behilflich und entwickeln Sicherheitslösungen. Wir sind außerdem in der Lage, bei Bedarf ihr Geschäft kontinuierlich zu überwachen und zu schützen. Diese Art von Lösungen und Services bieten wir insbesondere für den Verteidigungsbereich und den öffentlichen Sektor an, aber auch für kritische Infrastrukturen und komplexe Unternehmensumgebungen.
funkschau: Der Markt für Cybersecurity-Lösungen und -Services ist ein stark nachgefragter. Dementsprechend gibt es zahlreiche Lösungsanbieter mit unterschiedlichsten Kompetenzen in dem Bereich. Wie setzt sich Airbus hier von potenziellen Mitbewerbern ab?
Gerhards: Es gibt tatsächlich viele Unternehmen, die Cybersicherheitslösungen anbieten, von IT-Firmen und Telekommunikationsgesellschaften bis hin zu großen Unternehmensberatungen und Verteidigungs- und Sicherheitsunternehmen wie uns. Die meisten der weltweiten IT- und Industriesysteme sind auch irgendwo bei Airbus im Einsatz, was uns einen enormen Erfahrungsschatz verleiht. Bei Airbus Cyber Security setzen wir unsere Erfahrung in der sicheren Integration von Systemen zum Nutzen unserer Kunden ein. Seit Jahrzehnten betreuen wir eine höchst komplexe Umgebung. Dieses Know-how teilen wir mit unseren Kunden, nicht nur als Dienstleister, sondern eben aus unserer Erfahrung als Anwender: Wir wissen, wovon wir sprechen! Durch unsere Kompetenz im Betrieb von SOCs und der Reaktion auf Sicherheitsvorfälle, der Unterstützung unserer Kunden bei der Ermittlung ihres Sicherheitsbedarfs und ihrer Sicherheitsrisiken sowie der Einführung entsprechender Schutz- und Managementstrukturen besitzen wir eine in der Branche einzigartige Kompetenz.
funkschau: Sie verantworten den Bereich Cyber Security nun seit knapp zwei Jahren bei Airbus. Gab es bereits innerhalb dieser kurzen Zeitspanne viel Veränderung in dem Umfeld? Wenn ja, welche?
Gerhards: Zunächst einmal wächst unser Unternehmen sehr schnell. Deshalb bemühen wir uns konsequent um die besten Fachkräfte auf dem Markt. Für Spitzenkräfte gibt es bei uns immer offene Stellen, und Rekrutierung ist für uns ein ständiges Thema. Parallel dazu beobachte ich in Deutschland zwei große Trends. Zum einen hat sich das Bewusstsein für Cyberbedrohungen grundlegend gewandelt. Das führt auch dazu, dass viele Produkte mit „Sicherheit made in Germany“ vermarktet werden. Das finde ich zwar prinzipiell positiv, aber bei Airbus Cyber Security haben wir darüber hinaus starke europäische Wurzeln und können so Unternehmen unterstützen, die europaweit tätig sind.
Der zweite große Trend ist die Industrie 4.0. Viele deutsche Unternehmen leiten Digitalisierungsprojekte ein, weil sie mit innovativen Wettbewerbern konfrontiert sind, die traditionelle Märkte aufzumischen drohen. Dabei vernetzen sie ihre bis dahin isolierten Geschäftsbereiche und Produktionsanlagen mit dem Internet – mit all seinen Cyberbedrohungen. Hier kann Airbus Cyber Security wirklich helfen und dafür sorgen, dass die digitale Innovation zum langfristigen Schutz des Geschäfts nicht nach einem Cyberangriff mit katastrophalen Folgen zur Insolvenz führt.
funkschau: Lässt sich eventuell daraus ableiten, wie sich der Cyber-Security-Markt in Zukunft entwickeln wird?
Gerhards: Den meisten Beteiligten ist klar, dass Informationen künftig zu den wichtigsten und wertvollsten Werten eines Unternehmens zählen werden. Überall lässt sich beobachten, dass Unternehmen Daten zu Geld machen: Durch Nutzung von Informationen zu Kundenbedarf und -verhalten, um Wartungsanforderungen vorherzusehen oder um durch den Transfer von Daten eine 3D-Druck-Produktion am kostengünstigsten Standort zu ermöglichen. Traditionelle Organisationsgrenzen verschwimmen, und Daten sind allgegenwärtig. Von zentraler Bedeutung für die Unternehmen wird künftig die Sicherung ihrer kritischen Daten sein, unabhängig davon, wohin sie übermittelt und wo sie gespeichert werden.